Agora Verkehrswende: Güterverkehrsinfrastruktur im Fokus

29. Juni 2023 Newsletter / Transport & Verkehr
Das Ziel der Klimaneutralität stellt auch die Transportbranche vor große Herausforderungen. Der Thinktank Agora Verkehrswende diskutierte bei einer Onlinekonferenz, wie die Güterverkehrsinfrastruktur in Deutschland aussehen müsste, um dieses Ziel zu erreichen. Der Konsens der Experten ging in eine Richtung – „Intelligenz statt Beton“.
Bundesverkehrswegeplan nicht im Einklang mit Klimazielen
Eine Debatte über das Thema ist notwendig, sagte Dr. Urs Maier, bei Agora Experte für die Themen Güterverkehr, Sektorenkopplung und Verkehrsinfrastruktur. Denn die Bundesverkehrswegeplanung bis 2030 sollte nach Ansicht von Agora schleunigst modernisiert werden – weil sie nicht mit dem Klimaschutzgesetz zusammenpasst, das ja auch erst nach dem Verkehrswegeplan verabschiedet wurde. Laut Maier müssen die aufgeführten Projekte alle vor dem Hintergrund eines Klimachecks neu und nach den Planungsprinzipien Schiene vor Straße, Erhalt vor Neubau neu bewertet werden: „Wenn ein Projekt auch aus Klimasicht erforderlich ist, dann sollte die Umsetzung beschleunigt werden. Wenn es auch aus Klimasicht nicht förderlich ist, dann sollte es zurückgestellt werden.“
Die Ableitung des Bundesverkehrsministeriums aus der gleitenden Verkehrsprognose – mehr Güterverkehr, daraus folgt der beschleunigte Ausbau der Fernstraßen – kann der Thinktank demnach nicht nachvollziehen: „Eine Planung auf Basis solcher Trendprognosen halten wir für nicht geeignet, das ist ein reines weiter so. Vielmehr muss der Verkehr endlich in Verbindung mit Klimaschutzplänen gestaltet werden“, sagte Maier. Der prognostizierten Zunahme von 20 Prozent im Straßengüterverkehr stellte er die Erwartung von 20 Prozent weniger Pkw entgegen – dafür brauche es also keine neuen Straßen.
Vorhandene Infrastruktur besser nutzen
Wie Infrastruktur besser genutzt, Straße und Schiene besser verbunden und mehr Verkehr vermieden werden können, schilderte Dr. Anne Greinus, Geschäftsführerin des Forschungs- und Beratungsdienstleisters Infras in Zürich. Demnach gehe es nicht darum, die Verkehrsmittel gegeneinander auszuspielen, sondern jeweils die Stärken der einzelnen Verkehrsträger zu nutzen und die Systeme besser miteinander zu verbinden.
Im Blick haben sollte man beim Thema Klimaziele im Güterverkehr nicht allein die Dekarbonisierung, denn der Straßengüterverkehr etwa habe noch reichlich Luft - sprichwörtlich: So seien 2022 nicht nur die 38 Prozent der deutschen Inlandsfahrten Leerfahrten gewesen, auch die Kilometeranzahl der leeren Lkw steige in den letzten 20 Jahren unaufhörlich an
Vermeiden, verlagern und gestalten
Eine Strategie zur Vermeidung von Verkehren sei also die Reduzierung von Leerfahrten und die Optimierung der Auslastung, etwa durch Frachtenbörsen oder die Plattformökonomie.
Weitere Ansätze sind laut der Verkehrsexpertin verbesserte räumliche Produktionsstrukturen oder eine Clusterbildung im Wirtschaftsbereich sowie die Förderung von Re-Shoring. Auch innovative Fertigungskonzepte wie der 3D-Druck könnten Transporte einsparen, ebenso wie die Fokussierung auf langlebigere Produkte und eine etablierte Reparatur- und Recyclingwirtschaft.
Zusammen mit der verstärkten Verlagerung auf Schiene und Binnenschiff und einer Verbesserung der Emissionen durch neue Antriebe könnten so die Klimaziele unterstützt werden - wenn sich die Verkehrspolitik nicht auf ein Weiter-so beziehe, sondern einen klimafreundlicheren Güterverkehr auch aktiv gestalte.