AMÖ: Warnung vor juristischen Abenteuern

22. Juni 2015
Knackpunkt Bereitschaftsdienste - Bundesverband Möbelspedition und Loistik (AMÖ) verlangt Klarheit beim Mindestlohngesetz.

Der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) fordert die Bundesregierung auf, Klarheit bei der Umsetzung des Mindestlohngesetzes zu schaffen und beim Umgang mit Bereitschaftszeiten Korrekturen vorzunehmen. "Die Standardantwort des Bundesarbeitsministeriums, dass Bereitschaftszeit, die als Arbeitszeit zu vergüten sei, mit dem Mindestlohn zu vergüten ist, hilft uns nicht weiter", erklärte AMÖ-Präsident Gert Hebert bei der Delegiertenversammlung seines Verbands am Samstag in Kassel. Rund 120 Teilnehmer waren zu der Tagung angemeldet, zum vierten Mal bildete die Branchenmesse Mölo den entsprechenden Rahmen.
Bereitschaftszeit nach Paragraf 21 a des Güterkraftverkehrsgesetzes sei eben gerade keine mit dem normalen Lohn zu vergütende Arbeitszeit und kein Bereitschaftsdienst. Demnach könne die Bereitschaftszeit auch nicht der Mindestlohnpflicht unterliegen, argumentierte Hebert. "Das ist aber bislang nicht bestätigt", kritisierte er und sieht das Ministerium in der Pflicht, in dieser Frage Klarheit zu schaffen.
Der AMÖ-Präsident befürchtet, dass am Ende erst die Rechtssprechung Licht ins Dunkel bringen wird. "Den Unternehmen ein solches juristisches Abenteuer zuzumuten, ist in der Sache unverantwortlich", erklärte Hebert und warnte vor den Folgen. "Ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetzt wegen zu geringer Entlohnung führt in der Konsequenz auch zu einem Verstoß gegen die Sozial- und Steuergesetzgebung. "Und hier sind die Straftatbestände in ihrer Auswirkung geradezu existenzbedrohend."
Vor allem die ostdeutschen Verbände, die voriges Jahr noch vor der flächendeckenden Einführung des Mindestlohns gewarnt hatten, erwarten hier zügige Korrekturen. "Die Bereitschaftszeiten fallen uns noch auf die Füße", prophezeite Christoph Schuchert, Geschäftsführer der Spedition Gebrüder Rost aus Vacha und Präsident des Landesverbands Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV), am Rande der Veranstaltung im Gespräch mit trans aktuell. Nach einem halben Jahr sei es noch zu früh für eine erste Bilanz zu den Auswirkungen des Mindestlohns in Thüringen. "Das dicke Ende kommt erst noch", sagtee er.
Anpassungen beim Gesetz sind nach AMÖ-Auffassung aber auch an anderer Stelle erforderlich - bei den Aufzeichnungspflichten sowie bei der Auftraggeberhaftung. Erstere müsse vereinfacht und zweitere entschärft werden. Zweigeteilt ist dagegen das Stimmungsbild im Verband im Umgang mit grenzüberschreitenden Verkehren mit Abgangs- oder Ankunftsort in Deutschland. Die AMÖ-Landesverbände Baden-Württemberg und Bayern schließen sich der Linie des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) an und fordern, diese von der Mindestlohnpflicht auszunehmen. AMÖ-Präsident Hebert sagte, er nehme diese Position zur Kenntnis und sagte zu, dass der Verband eine einvernehmliche Lösung finden werde.
Das Thema Mindestlohn schwang auch an anderen Stellen von Heberts Ausführungen mit - zum Beispiel beim Lagebericht zur Umzugsspedition. Er begrüßt entsprechende Kontrollen durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Dahinter steht die Hoffnung, dass damit die illegal operierenden Billiganbieter, die den seriös arbeitenden Unternehmen das Leben schwer machen, identifiziert und aus dem Verkehr gezogen werden können. "Denn die Umzugsspediteure stehen weiter unter hohem Druck." In der anderen großen Sparte, der Neumöbellogistik, seien die Herausforderungen komplett andere. Das Auftragsvolumen stimmt, und die Unternehmen können ihre Kapazitäten nicht so schnell aufbauen, wie sie zurzeit benötigt werden. Hinzu kämen immer anspruchsvollere Anforderungen an die Zustellung. "Unendlich viele Abend- und Samstagszustellungen lassen sich schlichtweg nicht darstellen", sagte Hebert. Auch in puncto Schnelligkeit rät er, mitunter einen Gang runterzuschalten. "Ganz realistisch: Wie dringend ist die Lieferung eines Möbels oder eines Bekleidungsstücks wirklich", fragte er.