Bei Kabotage innerhalb von Deutschland kein Mindestlohn fällig
Urteil des Amtsgerichts Weißenburg: Ein Transportunternehmen aus einem anderen EU-Land muss seinem Fahrer auf deutschem Boden nicht den Mindestlohn bezahlen. Dieses Urteil dürfte die Transport- und Logistikbranche beschäftigen.
„Das Mindestlohngesetz verstößt gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit, soweit es auf Transportunternehmen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten angewandt wird“, teilt die Kanzlei Balduin & Pfnür aus Mühlheim an der Ruhr mit und weist auf ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Weißenburg hin (Az.: 1 C 435/16). Das erstinstanzliche Urteil sei rechtskräftig, weil der Auftraggeber seine Berufung vor dem Landgericht Ansbach zurückgezogen hatte, da sie angeblich chancenlos gewesen wäre.
Klare Abfuhr für Anwendung des Mindestlohngesetzes
„Bemerkenswert an der Entscheidung ist insbesondere, dass es sich in dem Rechtsstreit um einen reinen Inlandstransport handelt und selbst für diese Transportart der Anwendung des Mindestlohngesetzes eine klare Abfuhr erteilt wurde“, sagt Rechtsanwalt Bogumil Kus. Selbst im Fall von Kabotageverkehren innerhalb von Deutschland ist nach dieser Rechtsprechung also kein Mindestlohn fällig. „Hier wurde bisher noch am ehesten die Chance für die europarechtskonforme Eröffnung des Anwendungsbereichs des Mindestlohngesetzes gesehen.“
Deutscher Verlader muss Fracht bezahlen
Rechtsanwalt Kus hatte das polnische Transportunternehmen vertreten, das sich geweigert hatte, seinem deutschen Auftraggeber Nachweise über die Zahlung des deutschen Mindestlohns an seine Fahrer vorzulegen, obgleich es vertraglich vereinbart war. Der Verlader hatte daraufhin die Frachtzahlung zurückgehalten, muss die Fracht nun aber vollständig bezahlen. Das Gesetz ziele auf die Sicherung des Lebensstandards in Deutschland ab. Bei kurzfristigen Tätigkeiten, bei denen der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Ausland behält, ist dieser Schutzzweck demnach nicht geboten.