Autonome Lkw: Der gesamte Gütertransport wird sich ändern

18. Mai 2016
„Autonome Lkw könnten der nächste Disruptive Trend in der Autombolindustrie sein“ ist das Ergebnis und Titel einer neuen Roland Berger-Studie. Die Unternehmensberater Wolfgang Bernhart, Norbert Dressler und Stephan Keese aus München hatten für die Studie den aktuellen Stand der Technologie analysiert und erfasst, was der automatisierte Lkw für die Nutzfahrzeughersteller und Transportunternehmen bedeutet.
Die Phasen der Automatisierung haben die Nutzfahrzeugexperten unterteilt – von der ersten Phase mit Konvoifahrten bis zur Phase fünf, wenn die Langstrecken-Lkw unter Umständen gar keine Fahrer mehr brauchen.
Der Vorteil für die Transportunternehmen liegt demnach vor allem in der Reduzierung der Betriebskosten: Demnach sind Kosteneinsparungen schon in der ersten Phase zu erwarten, wenn durch das sogenannte Platooning die Kraftstoffkosten um bis zu sechs Prozent zurückgehen. „Die größte Kostenersparnis gibt es in Phase vier, wenn der Fahrer vorgeschriebene Ruhezeiten einlegen kann, während der Lkw autonom weiterfährt. Die Fahrerkosten sinken dadurch um weitere sechs Prozent“, sagt Norbert Dressler. Fährt der Lkw in Phase fünf komplett autonom, gehen die Fahrerkosten sogar um 90 Prozent zurück, so die Studie. Auch die Versicherungskosten sollen sinken, weil das automatisierte Fahren für mehr Sicherheit sorge.
Andererseits gehe Stufe der Automatisierung mit einer höheren Systemkomplexität und steigenden Kosten einher. Ein wichtiger Kostenfaktor sei dabei die Software, die rund 85 Prozent der Gesamtkosten ausmache.
Auch der Frage der Amortisation haben sich die Verfasser der Studie gewidmet: Im Fernverkehr mit Lkw-Korridoren könnten einfacher in Kolonnen gefahren werden, „sodass sich die Investitionen schneller bezahlt machen.“ Je nach Einsatzbereich werde die Amortisation länger dauern, zumindest bis in Phase vier und fünf, „wenn die Einsparungen bei den Fahrerkosten hinzukommen und eine schnellere Amortisation ermöglichen“.
Auch große Flottenbetreiber haben demnach einen größeren Vorteil, da sie eigene Konvois bilden könnten und eine Kooperation mit anderen Unternehmen für sie leichter sei.
Für die Fahrzeugindustrie bedeutet der Weg zum automatisierten Lkw, dass die Hersteller aufgrund der längeren Amortisationszeit keine Sogwirkung der Flottenbetreiber erwarten können. Allerdings erwarten die Unternehmensberater für die Zukunft noch strengere Sicherheitsvorschriften. So würden Fahrerassistenzsysteme weiter in den Markt gedrückt drücken und die Einführung automatisierter Lkw vorangetrieben.
Zudem müssen sich die Hersteller und Zuliefer auf Änderungen in der Wertschöpfungskette gefasst machen: Statt wie heute von vielen einzelnen Zulieferern werde in Zukunft „aufgrund der zunehmenden Komplexität irgendwann alles aus einer Hand“ kommen müssen - entweder vom OEM oder von einem Dienstleister für Automatisierungstechnik.
Neue Chancen ergeben sich aber für Softwareunternehmen, da die Phasen vier und fünf ausschließlich Software-getrieben seien. Zudem erwarten die Experten im Zusammenhang mit automatisierten Lkw
neue Geschäftsmodelle – etwa Platooning-Dienstleister, die bei der Bildung von Lkw-Konvois helfen könnten.
Nutzfahrzeugexperte Dressler und seine Kollegen gehen in jeden Fall davon aus, dass die Technologie sehr viel früher zur Verfügung stehen wird, als es von der Transportbranche angenommen werde. Darauf sollten sich alle Beteiligten vorbereiten – „denn die Art des Lkw-Fahrens und damit der Gütertransport insgesamt werden sich grundlegend verändern."