Autonomes Fahren: Gesetzgebung muss mit Entwicklung Schritt halten

11. Jan. 2018
Beim autonomen Fahren gelten amerikanische und deutsche Hersteller allgemein als weltweit führend. Für die Zukunft wird allerdings entscheidend sein, wie die Regierungen der Länder die Rahmenbedingungen für Testflotten und die Serienzulassung von autonomen Fahrzeugen gestalten.
Denn bei der Weiterentwicklung der Technologie geht es vor allem um den Fahrzeugtest unter realen Bedingungen. Damit wird dieser Aspekt zu einem wichtigen Kriterium für die Attraktivität eines Standorts. Zu diesem Schluss kommt die neue Ausgabe des "Index Automatisierte Fahrzeuge". Hierfür analysieren Roland Berger und die Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen Aachen (fka) regelmäßig die Wettbewerbspositionen der relevanten Automobilnationen.
Entscheidend für den Vorsprung im Rennen um das vollautonome Fahren ist die Entwicklung und Erprobung der Technologie im realen Straßenverkehr. "Die Algorithmen der Fahrzeuge müssen trainiert werden", erläutert Christian Burkard von der fka. "Das kann zwar zu mehr als 95 Prozent in virtuellen Umgebungen erfolgen, doch reale Testflotten sind weiterhin notwendig." Und: "Je früher die Systeme kommerziell in Flotten eingesetzt werden, desto schneller können sie weiterentwickelt werden. Dann entsteht ein sich selbst verstärkender Effekt, der genutzt werden kann, um eine dominierende Marktposition aufzubauen."
Gesetzgebung in den USA unterstützt Führungsrolle des Landes
Besonders erfolgreich in dieser Hinsicht sind die amerikanischen Hersteller, unterstützt durch die regulatorischen Rahmenbedingungen: "Im Gegensatz zu Deutschland und Europa erlauben die gesetzlichen Vorgaben in den USA bereits heute einen kommerziellen Einsatz des hochautomatisierten Fahrens", sagt Wolfgang Bernhart von Roland Berger. "Durch unkomplizierte Zulassungsverfahren werden Testflotten möglich, die mehrere hundert Fahrzeuge umfassen – ein Vielfaches gegenüber dem, was in Europa angedacht ist." Daher dürfte ein Großteil der bereits laufenden oder geplanten Tests in den USA stattfinden, wodurch die dortigen Hersteller ihre führende Position in diesem Technologiefeld weiter ausbauen und die Ansiedlung von Hightech-Unternehmen gefördert werden dürften.
Deutschland werde seine Vorreiterrolle als Technologie- und Wissensträger vorerst weiterhin behalten, prognostizieren die Studienautoren. Das sei jedoch keine Garantie dafür, dass das Land auch bei der hochautomatisierten Mobilität vorne mitspielen werde. "Die Gesetzgebung muss mit der Entwicklung Schritt halten, wenn Deutschland beim Thema automatisiertes Fahren mit den USA auf Augenhöhe bleiben will", warnt fka-Experte Burkard.
"Die Anpassung des Straßenverkehrsgesetzes im Frühjahr 2017 weist schon in die richtige Richtung, allerdings erlaubt sie bei weitem noch keinen Durchbruch zur vollständigen Automatisierung auf öffentlichen Straßen."
Dazu kommt: China verbietet zwar derzeit noch das Testen automatisierter Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen. Doch es ist bereits ein Gesetz in Arbeit, das die Rahmenbedingungen und Anforderungen dafür definieren soll. "Wenn es in China zu einer Lockerung kommt, kann sich das Rennen um die Führungsrolle beim automatisierten Fahren sehr schnell verschärfen", warnt Wolfgang Bernhart. Sein Fazit lautet daher: "Im Moment ist trotz der rasanten Entwicklung bei der Technologie für automatisierte Fahrzeuge noch alles offen. Wichtig ist aber, jetzt die Weichen richtig zu stellen – das gilt auch für den Gesetzgeber."