EU-Mobilitätspaket: "Einladung zum Sozialdumping"

19. Juli 2017
BGL kritisiert Stellungnahme des Bundesrates zum geplanten EU-Mobilitätspaket in Bezug auf den Gütertransport mit 3,5-Tonnern.
Das von EU-Verkehrskommissarin Violetta Bulc vorgestellte Mobilitätspaket liegt inzwischen Bundestag, Bundesrat und Bundesverkehrsministerium zur Sichtung und Stellungnahme vor. Noch befindet sich das Paket im Vorschlagsstadium, bis zu entsprechenden EU-Richtlinien und -Verordnungen ist es noch ein weiter Weg.
Auf deutscher Seite hat nun als erstes der Bundesrat Stellung zu Violetta Bulcs Vorschlägen bezogen und erntet dafür sowohl Lob als auch deutliche Kritik vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL). Lob gibt es dafür, dass der Bundesrat den Vorschlag einer weitergehenden Freigabe der Kabotage ablehnt und die Bundesregierung bittet, sich auf EU-Ebene für ein Festhalten an der bisherigen Regelung oder sogar für deren Verschärfung einzusetzen.
Den Vorschlag der EU-Kommission, den unfallträchtigen Gütertransport in Kleintransportern unter 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht stärker zu regulieren, hat der Bundesrat jedoch zurückgewiesen – mit der Begründung, dass dadurch zu viel zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstünde. Mit dieser Haltung habe die Länderkammer der Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen einen Bärendienst erwiesen, kritisiert der BGL und schreibt in einer Pressemitteilung: "Die Entscheidung des Bundesrates ist nach Ansicht des BGL gleichbedeutend mit einer Einladung zum Sozialdumping und zum übermüdeten Fahren.“
In der Tat genießen die im Volksmund „Polensprinter“ genannten, meist in Osteuropa zugelassenen Kleintransporter gegenüber dem Schwerverkehr sehr viele Freiheiten. Zu viele, ist der BGL überzeugt, und schreibt weiter: "Diese Fahrzeuge unterliegen nicht den strengen gesetzlichen Regelungen, die für größere Lkw gelten, d.h. die Transportfirmen benötigen z.B. keine Lizenz, mit der ein Transportunternehmer seine persönliche Eignung, seine finanzielle Leistungsfähigkeit sowie die erforderliche Sach- und Fachkunde nachweisen muss. In den vergangenen Jahren sind immer mehr dieser Fahrzeuge aus den östlichen EU-Staaten mit 1-Mann-Schlafkabine quer über dem Fahrerhaus (sog. Topsleeper) in Deutschland und Westeuropa unterwegs. Die Fahrer dieser Kleintransporter bleiben für viele Wochen oder gar Monate fern ihrer Heimat stationiert und sind bereits zum alltäglichen Bild auf den hiesigen Autobahnrastplätzen geworden.“
In einer ersten Stellungnahme zum Mobilitätspaket hatte der BGL den Vorstoß der EU-Kommissarin grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Er fordert aber zwecks Verkehrssicherheit, fairem Wettbewerb und gleicher Rechte für die Fahrer sämtliche Markt- und Berufszugangsregeln auch auf die Lkw unter 3,5 t zGG anzuwenden, wenn diese im gewerblichen Güterkraftverkehr eingesetzt sind.
Man darf nun gespannt sein, welche Haltung das Bundesverkehrsministerium und der Bundestag offiziell gegenüber dem EU-Mobilitätspaket einnehmen. Vor der Sommerpause des Parlaments ist wahrscheinlich nicht mehr damit zu rechnen.