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BPW Bergische Achsen hat Erstausrüstung im Fokus

25. Nov. 2019
BPW Bergische Achsen hat mit der eTransport eine elektrisch angetriebene Achse inklusive komplettem Antriebsstrang für die Umrüstung leichter Nutzfahrzeuge entwickelt. Doch damit gibt sich der Achsenspezialist aus Wiehl nicht zufrieden, wie Hans Werner Kopplow, Leiter Business Unit Innercity-/ Elektromobilität bei BPW im Interview mit eurotransport.de berichtet.
Die eTransport gibt es schon eine ganze Weile. Wo wird die E-Achse derzeit eingesetzt?
Hans Werner Kopplow: Wir haben derzeit ein gutes Dutzend Fahrzeuge im Einsatz, davon ist der überwiegende Teil in Kundenhand.  Neben den Logistikern UPS, Hellmann und Logwin haben die Kommunen Berlin, Köln und Wiehl mit unserem eTransport- Antrieb ausgerüstete Fahrzeuge im täglichen Einsatz. Gerade Kommunen sind im Moment sehr stark an der Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte interessiert und gehen deshalb aktiv auf uns zu. Daher wird der erste Schritt der Umrüstung auch dort beginnen.
Für den Retrofit mit der eTransport bevorzugt BPW den besagten MB Vario. Warum eigentlich? Immerhin hat man in Stuttgart die Produktion des Fahrzeugs 2013 eingestellt.
Als wir mit dem Projekt zum elektrischen Antrieb gestartet sind, haben wir viele Logistiker gefragt, welches Fahrzeug von ihnen im innerstädtischen Transportverkehr eingesetzt wird. Hier zeigte sich, dass im Bereich 7,5 Tonnen zu diesem Zeitpunkt der Vario ein Alleinstellungsmerkmal hatte. Er ist ein robustes Fahrzeug mit bequemer Einstiegshöhe, einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen und einer hohen Zuladung. Ergo ein zuverlässiges Arbeitsgerät für viele kommunale Betreiber und Logistiker. Die aktuellen Transporter mit ähnlicher Bauform haben im Allgemeinen ein niedrigeres Gesamtgewicht und dadurch auch viel weniger Zuladung. Die echten 7,5-Tonnen-LKWs haben dann wieder ein ganz anderes Design mit hohem (Cab-Over-Engine) Fahrerhaus, höherem Eigengewicht weniger Zuladung. So haben wir in diesen Gesprächen schnell festgestellt, dass der Vario eine Lücke hinterlassen hat. Es gibt im Moment noch mehr als 20.000 MB Varios im Einsatz - teilweise mit teuren, aufwendigen Aufbauten und Ausstattungen. Somit haben diese Fahrzeuge echtes Potential, um sie einem Zweitleben mit elektrischem Antrieb zuzuführen.
BPW bietet mit der eTransport eine E-Achse für die Nachrüstung an. Gibt es Ambitionen mit der Technik in die Erstausrüstung zu gehen?
Die Umrüstung ist für uns eine Zwischenstrategie, für die nächsten zwei, vielleicht auch drei Jahre. Wir streben mit unserem Antriebssystem auch die Belieferung von OEMs an. Für den Übergangszeitraum haben wir uns für die Umrüstung entschieden. So können wir Fahrzeuge auf die Straße bringen mit denen wir und zukünftige Betreiber noch mehr praktische Erfahrung sammeln können. Vor allem letztere können so testen, wie sich ein elektrischer LKW tatsächlich in das Logistikkonzept des Kunden integrieren lässt.
 Ist der Retrofit und die Aufbereitung von gebrauchten Fahrzeugen nicht zu aufwendig um die Elektromobilität voran zu bringen?
Da kommen wir zum nächsten Schritt. Wir sind mit verschiedenen Herstellern in tiefen Gesprächen, um direkt auf einem neuen Chassis ein elektrisches Fahrzeug aufbauen zu können. Derzeit planen wir gemeinsam mit einem Partner zur IAA 2020 solch ein Fahrzeug vorzustellen und nach der Messe auch liefern zu können.
 Der Umbau derzeit läuft über Paul Nutzfahrzeuge. Wie kam es zu dieser Partnerschaft?
Paul Nutzfahrzeuge ist langjähriger Partner und Kunde von BPW. Wir haben auch in der Vergangenheit schon Fahrwerke und Achsen für Umbauten an Paul geliefert und dadurch eine lange und gute Geschäftsbeziehung aufgebaut. Die Spezial-Umbauten durch Paul sind so weitreichend, dass das Unternehmen selber als Fahrzeughersteller eingetragen ist. Aus unserer Sicht ist das eine Win-Win-Situation. Paul Nutzfahrzeuge hat sehr viel Knowhow in Bezug auf den praktischen Umbau, aber auch im Bereich der Zulassung von Fahrzeugen. Damit sind sie für uns eine optimale Ergänzung im Segment Fahrzeugumbauten.
Wer übernimmt im Falle des MB Vario die Gewährleistung? Paul Nutzfahrzeuge, MB als Fahrzeughersteller oder BPW als Systemlieferant für den Antriebsstrang?
Der erste Ansprechpartner ist immer der Vertragspartner. In diesem Fall unser Partner Paul Nutzfahrzeuge beziehungsweise dessen Tochterunternehmen evade, welches auf elektrische Fahrzeuge spezialisiert ist. Aber sowohl Paul als auch BPW stehen natürlich für die entsprechenden Subsysteme, und Komponenten des Gesamtantriebssystems ein. Da wir als BPW nahezu das komplette Antriebssystem liefern, stehen wir für alle Gewährleistungsfragen unseres Lieferumfangs gerade.
Ende November letzten Jahres hat sich BPW an dem LiVe-1-Projekt der RWTH Aachen und dem japanischen Fahrzeugbauer Isuzu beteiligt. Wie ist da der aktuelle Stand?
Beim LiVe-1-Projekt waren wir kein direkt assoziierter Partner, sondern Lieferant des elektrischen Antriebs. Die Implementation des Antriebs in das Isuzu Chassis, sowie die Entwicklung des Gesamtsystems, lag in der Verantwortung der RWTH Aachen. Über dieses Projekt haben wir einen engen Kontakt mit dem PEM-Institut der RWTH Aachen sowie mit Isuzu geknüpft.
 ZF Partner e-troFit hat für den MB Citaro einen Umbausatz für Stadtbusse vorgestellt und vertreibt nach eigenen Angaben die passenden Ladestationen gleich mit.  Wäre das für BPW ebenfalls ein Business Case?
 Wir werden das Programm um unseren Antrieb herum noch ausbauen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass wir eine Ladeinfrastruktur anbieten werden. Aber wir achten natürlich darauf, dass unser Fahrzeug mit allen heute gängigen Ladesäulen funktioniert. Das Thema Schulungen ist uns jedoch sehr wichtig. Wir haben schon vor Jahren begonnen, Kunden in der Bedienung, aber auch in der Wartung und der Reparatur unserer Produkte zu schulen. Diese Dienstleistung werden wir sicherlich auf den Bereich der E- Mobilität ausweiten und zukünftig ein individuelles Schulungsprogramm für unseren Antriebsstrang anbieten.
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