Branche: Fahrer dringend gesucht

13. Sept. 2021 Newsletter / Transport & Verkehr
Der Fahrermangel wird sich auch in Deutschland dramatisch zuspitzen – so die Prognose des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). In England stehen Regale leer, Bauern kippen ihre Milch weg, weil sie nicht rechtzeitig abgeholt werden kann. „Was in England passiert, ist nur ein Vorgeschmack darauf, was uns in Deutschland erwartet“, warnte BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt bei der Mitgliederversammlung seines Verbands. Diese fand am Donnerstag mit kleiner Teilnehmerzahl in Frankfurt statt, ergänzt um eine virtuelle Podiumsdiskussion mit den verkehrspolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen.
Fahrermangel: Fahrzeuge stehen bereits still
„Unsere Unternehmen müssen bereits Aufträge ablehnen, es stehen Lkw still, weil die Fahrer fehlen“, führte Engelhardt aus. In manchen Flotten stünden bereits bis zu 30 Fahrzeuge. Um den Engpass zu entschärfen, baut der BGL auch auf Unterstützung durch die Politik. Er regt ein neues Förderprogramm an, das über die Programme Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Maut-Harmonisierung hinausgeht. „Es geht nicht nur darum, dass wir ein besseres Image brauchen, sondern auch darum, dass der Führerschein billiger wird“, erklärte Engelhardt. Keiner investiere 10.000 Euro, wenn der Azubi danach zum Wettbewerber wechsele.
Der BGL macht sich ferner für mehr Komfort im Fahrerhaus stark, indem etwa zusätzliche Fahrzeuglängen nicht nur der Ladung, sondern auch der Kabine und damit dem Fahrer zugutekommen. Der Verband fasst ferner das heiße Eisen „Fahrer aus Drittstaaten“ an. Sah er den Einsatz von Fahrern aus Weißrussland und der Ukraine zum Beispiel bei litauischen Wettbewerbern kritisch, will er diese Möglichkeit nun auch für deutsche Unternehmen haben. „Wir brauchen hier eine Gleichberechtigung“, fordert der BGL-Aufsichtsratsvorsitzende Horst Kottmeyer, Chef der gleichnamigen Volumenspedition aus Bad Oeynhausen. „Ist das nur Betrieben aus Litauen möglich, ist das eine nicht zu unterschätzende Wettbewerbsverzerrung.“
Voraussetzungen für Einsatz von Fahrern aus Drittländern
Im Austausch mit den Verkehrsexperten der Parteien zeigte sich, dass es für den Einsatz von Fahrern aus Drittstaaten in Deutschland aber klare Voraussetzungen braucht. „Ich fände es nicht gut, wenn wir den Fahrer in der Ukraine ausbilden und hier fahren lassen“, warnte SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann. In anderen Berufszweigen habe das auch nicht funktioniert. Ihre Empfehlung daher: die angehenden Fahrer aus den Nicht-EU-Staaten in Deutschland ausbilden.
Mit dem Fahrereinsatz einher geht die Frage der Entlohnung. Der BGL erneuerte seinen Appell an die Politik, entschlossen gegen Sozialdumping vorzugehen. Dieser Punkt steht bei seinem Forderungskatalog im Zusammenhang mit der Bundestagswahl an erster Stelle. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) äußerte in einer virtuellen Frage-Antwort-Runde die Erwartung, dass die Beschlüsse zum EU-Mobilitätspaket umgesetzt werden und der Kompromiss nicht aufgeweicht wird. „Osteuropa kann nicht frei und ohne Regeln durch Europa fahren“, sagte er. Scheuer sieht die Gefahr, dass die Lkw-Rückkehrpflicht wackelt.
BGL: Vor- und Nachläufe Kabotage unterwerfen
Einige osteuropäische Länder führen hier die dem Klimaschutz abträglichen Leerfahrten ins Feld, um die neuen Regeln zu verhindern. Einigkeit bei den Verkehrsexperten bestand darin, dass das Kontrollpersonal aufgestockt und geschult werden muss, sie begrüßten auch die nun mögliche Nutzung der Mautdaten zur Kabotagekontrolle. Der BGL wirbt ferner dafür, dass die Vor- und Nachläufe zum Kombinierten Verkehr der Kabotage unterliegen müssen – was in Europa uneinheitlich geregelt ist.
Mehr zur Mitgliederversammlung und zu den Themen LNG sowie Biogas und CO2-Maut lesen Sie hier .