Bund und Länder fördern Wasserstoff-Projekte

31. Mai 2021 Newsletter / Fahrzeug & Technik
Mit einem milliardenschweren Förderprogramm wollen Bund und Länder den Weg für kommerzielle Wasserstoff-Anwendungen in Deutschland ebnen. Die vom Bundeswirtschafts- und Bundesverkehrsministerium ausgewählten 62 deutschen Vorhaben sind Teil des europäischen Wasserstoffprojekts IPCEI, an dem 22 Länder mitwirken. Die Abkürzung steht für Important Project of Common European Interest (wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse). Den Rahmen für die nun geplante weitere Förderung von Wasserstoffprojekten bildet die Nationale Wasserstoffstrategie.
Acht Milliarden für 62 Projekte mit Wasserstoff
Den 62 Vorhaben winken laut den beiden Ministerien mehr als acht Milliarden Euro an Bundes- und Landesmitteln. Sie decken die gesamte Wertschöpfung des Wasserstoffmarktes ab und reichen von der Erzeugung über den Aufbau einer Transport- und Tankstelleninfrastruktur bis hin zu kommerziellen Anwendungen in der Stahl- und Chemieindustrie sowie im Verkehrssektor. Zwölf Vorhaben haben einen Bezug zur Mobilität. Die Projekte verteilen sich auf die gesamte Republik, wobei nicht jedes Bundesland berücksichtigt ist. Hessen und Thüringen zum Beispiel sind bei diesem Programm nicht dabei. Mehr als 230 Projektskizzen waren bei den Ministerien eingegangen.
„Wir wollen bei Wasserstofftechnologien die Nummer 1 in der Welt werden. Dafür bündeln wir unsere Kräfte in Europa und stoßen durch das erste gemeinsame europäische Wasserstoffprojekt massive Investitionen in die Zukunftstechnologie Wasserstoff an“, erklärte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Das sichere Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze – in Deutschland wie auch Europa.
„Wir machen Deutschland zum Wasserstoff-Land“, ergänzte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). „Dabei denken wir die Mobilität neu, europäisch und ganzheitlich – vom Energiesystem über die Antriebstechnologien bis hin zur Tankinfrastruktur.“ Er wies auf die Abhängigkeit des Verkehrs vom Einsatz fossiler Energien hin und mahnte eine Mobilität an, die auf erneuerbare Energien setzt. „Grüner Wasserstoff und Brennstoffzellen sind – quer über alle Verkehrsträger hinweg – eine super Ergänzung zu reinen Batteriefahrzeugen“, betonte er. Deshalb unterstütze man auf deutscher Projektseite auch die Brennstoffzellentechnologie sowie Fahrzeug- und Komponentenhersteller, um international den Anschluss nicht zu verpassen. „Wir gehen damit einen Riesenschritt in Richtung klimafreundliche Mobilität“, sagte der Verkehrsminister.
Zu den geförderten Anwendungen im Verkehrsbereich gehört ein Hamburger Verbundprojekt, das die Luftfahrt und den maritimen Bereich gleichermaßen im Blick hat: Dort geht es um Brennstoffzellen-Fahrzeuge für die Hafenlogistik, H2-Schubboote im Hamburger Hafen und H2-Fahrzeuge für die Intralogistik beim Flugzeugbauer Airbus.
Was den Einsatz von schweren H2-Lkw angeht, kommen auch die Unternehmen Daimler und Faun Umwelttechnik zum Zug. Daimler erhält Fördermittel für den Aufbau einer Brennstoffzellenfabrik im Raum Kirchheim unter Teck. Dort hat das im April gestartete Joint Venture mit der Volvo Group namens Cellcentric seinen Sitz. Eine Finanzspritze erhält der Fahrzeugbauer zudem für sein Projekt Pegasus in Wörth. Dort bereitet Daimler zurzeit den Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw GenH2 Truck im Rahmen von Erprobungen für eine spätere Serienreife vor. Details zu Pegasus will das Unternehmen erst in den nächsten Wochen bekannt geben.
Faun: bis zu 12.000 Wasserstoff-Lkw bis 2026
Die Verantwortlichen bei Faun Umwelttechnik erhalten Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Pläne, bis 2026 bis zu 12.000 wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge in Betrieb zu bringen. Dafür haben sie sich mit den fünf Partnern Arcelor Mittal Bremen, EWE, Gasunie, SWB und Tennet im Projekt Clean Hydrogen Coastline zusammengetan. Das Ziel dahinter: bis in fünf Jahren bis zu 400 Megawatt Elektrolysekapazität mit entsprechender Speicherung von Wasserstoff ins Energiesystem zu speisen. Der zum Beispiel durch Offshore-Strom erzeugte Wasserstoff solle unter anderem für die klimaneutrale Stahlerzeugung am Stahlstandort Bremen eingesetzt werden, heißt es in einer Mitteilung der Projektpartner. Außerdem könne mit Clean Hydrogen Coastline die Grundlage geschaffen werden, um die besagte Zahl an bis zu 12.000 H2-Lkw auf die Straße zu bringen.
Entscheidenden Anteil am Absatzmarkt für Wasserstoff und damit am schnellen Markthochlauf der Technologie habe auch der Verkehrssektor, hebt Faun-Chef Patrick Hermanspann hervor. „Wir haben bereits umfangreiche Erfahrungen bei der Ausrüstung von Abfallsammelfahrzeugen mit Brennstoffzellensystemen gemacht“, sagt er. „Eine Übertragung auf weitere Nutzfahrzeuge im Waren- und Güterverkehr ist daher unser erklärtes Ziel.“ Mit dem Energieunternehmen EWE strebt er den Aufbau eines regionalen Tankstellennetzwerks an. Das ermögliche den Kunden ein „Rundum-Sorglos-Paket“ durch eine Kombination aus Fahrzeugen und H2-Versorgung. Das Vorhaben von Faun und den fünf Partnern soll im zweiten Quartal nächsten Jahres starten.
Die Förderung
• Im Rahmen von IPCEI fördern Bund und Länder 62 Projekte mit mehr als acht Milliarden Euro.
• 4,4 Milliarden Euro steuert das Bundeswirtschaftsministerium bei, 1,4 Milliarden Euro das Bundesverkehrsministerium.
• Die restlichen Mittel kommen von den Ländern.
• Mit den mehr als acht Milliarden Euro wollen die Geldgeber Investitionen von 33 Milliarden Euro auslösen, davon 20 Milliarden Euro von privaten Investoren.