BVL: Infrastruktur und Digitalisierung stärken

21. Okt. 2021 Newsletter / Transport & Verkehr
Rechtzeitig zum Start der Koalitionsverhandlungen hat die Bundesvereinigung Logistik (BVL) ein Positionspapier verfasst mit den für sie wichtigsten Handlungsfeldern. Besonderes Augenmerk müssen die Parteien demnach auf die Bereiche Infrastruktur, Digitalisierung und Netzinfrastruktur, Nachhaltigkeit, urbane Logistik und Innovationen richten.
An erster Stelle steht der Logistikstandort
Allen voran steht für die BVL aber die Stärkung der Logistik insgesamt beziehungsweise das Bewusstsein für diese Branche, die für einen Jahresumsatz von rund 280 Milliarden Euro und 3,3 Millionen Beschäftigte steht. „Der Wirtschaftsbereich ist im Vergleich zu seiner Bedeutung und zu anderen Branchen politisch und öffentlich unterrepräsentiert, wie sich unter anderem beim Fachkräftemangel zeigt“, heißt es dazu im BVL-Forderungspapier.
Mit Blick auf die Verkehrsinfrastruktur beklagt die BVL den Zustand des Straßennetzes, inklusive der in die Jahre gekommenen Brücken. 11,5 Prozent von ihnen seien marode, ein Drittel erreiche diesen Zustand bald. 10,6 Prozent der Autobahnen und 17,7 Prozent der Bundesstraßen sind demnach in so schlechtem Zustand, dass es zu Sanierung oder Neubau keine Alternative gibt. Bei 35 Prozent aller Autobahnen und 42 Prozent aller Bundesstraßen macht die BVL Handlungsbedarf aus.
Nicht nachlassen dürfte die Politik auch beim Bau von Lkw-Parkplätzen und beim Aufbau einer flächendeckenden Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe im Güterverkehr. Ebenso im Fokus muss laut BVL die Schiene stehen. Auch aus Gründen des Klimaschutzes sei eine deutlich höhere Auslastung bei den Güterbahnen erforderlich – ebenso ein Ausbau von Terminals und eine bessere Anbindung an die Häfen.
Verwaltung und Zoll müssen sich der Digitalisierung stellen
Wie die Verkehrs- müssen auch die Datenwege verbessert werden, fordert die BVL. Sie erkennt an, dass Deutschland inzwischen eine hohe Verfügbarkeit beim schnellen Internet per DSL (bis 250 Mbit) hat, ländliche Gebiete seien aber unterversorgt (vielfach unter 50 Mbit). Deutlich im Hintertreffen sei die Republik dagegen bei der Verfügbarkeit von Glasfaserkabeln. Hoffnungslos abgeschlagen liege Deutschland unter den OECD-Staaten auf Platz 34 – von insgesamt 37. Verwaltung und Zoll müssten sich stärker der Digitalisierung stellen, wohingegen die BVL beim Datenschutz mehr Augenmaß fordert. Wirtschaftliches Handeln dürfe nicht unnötig verkompliziert werden, heißt es.
Keine Verbote oder Alleingänge beim Klimaschutz
Auf Stelle vier bei den Prioritäten steht für das Logistiknetzwerk die Unterstützung der Branche beim Wechsel auf alternative Antriebsarten. „Es ist unstrittig, dass auch der Straßengüterverkehr zur Erreichung der Klimaziele beitragen muss“, erklärt es. Das könne aber nicht mit mehr Regulierung, Verboten sowie nationalen Alleingängen gelingen, warnt die BVL. Der Aufbau der Elektro-Ladeinfrastruktur müsse forciert werden, ohne sich auf diese Antriebsart festzulegen. Gleichzeitig müsse die Entwicklung weiterer alternativer Antriebsarten und Kraftstoffe vorangetrieben werden. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen benötigten hierzu Förderanreize, wobei die entsprechenden Programme vereinfacht werden müssten.
Neuer Leitfaden der BVL zur urbanen Logistik
Um einen Verkehrsinfarkt auf der letzten Meile zu vermeiden, ist auch die urbane Logistik im Fokus der BVL – entsprechenden Handlungsbedarf sieht sie auch für die politischen Entscheider der nächsten Legislaturperiode. 2020 seien hierzulande 3,6 Milliarden Sendungen zugestellt worden, 17 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Doch vielfach fehlten die nötigen Halte- und Umschlagplätze. Der BVL-Vorsitzende Wimmer nannte als Beispiel den Berliner Bezirk Neukölln, in dem immer neue Pop-up-Radwege erstellt würden, was zu Lasten der Haltemöglichkeiten der Zustellfahrzeuge gehe. „Das ist zu kurz gedacht“, sagte er. Die BVL hat zur urbanen Logistik einen Leitfaden vorbereitet, der in den nächsten Tagen veröffentlich werden soll.
An sechster Stelle bei den Prioritäten steht für die BVL das Thema Innovationen. „Innovation ist der Vorname der Logistik“, sagte BVL-Chef Wimmer. Doch außerhalb der Branche ist auch das offenbar nicht jedem bekannt. Seine Organisation empfiehlt der Politik daher, dass Forschungsförderung viel stärker auf Innovationen in der Logistik ausgerichtet sein muss. Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen – Versorgungssicherheit, Impfstofflogistik oder Katastrophenschutz – müsse die Politik viel stärker die Expertise im Wirtschaftsbereich Logistik nutzen, so die Empfehlung.