BVL positioniert sich neu
Bei der Bundesvereinigung Logistik (BVL) gibt es Neuerungen. Mit Kai Althoff, CEO der Logistikberatung 4flow, und Ilse Henne, Mitglied des Vorstands bei Thyssenkrupp und CEO von Thyssenkrupp Materials Services, hat der Berliner Verein seit August einen neuen, ehrenamtlichen Vorstand. Und mit der BVL Supply Chain CX Ende Oktober präsentierte der Verein ein neues Kongress- und Netzwerk-Event.
Damit einher geht die neue Positionierung der BVL. „Um das große Potenzial der Branche als bedeutende Säule der deutschen Wirtschaft noch besser ausspielen zu können, wird sich die BVL in Zukunft stärker mit den politischen Entscheidungsträgern vernetzen“, sagte Althoff zum Auftakt der BVL Supply Chain CX in Berlin.
Situation der deutschen Logistik
Die Logistikbranche mache in Deutschland mit rund 330 Milliarden Euro etwa acht Prozent der Wirtschaftsleistung aus und befinde sich damit an dritter Stelle hinter dem Handel und der Automobilindustrie. Sie repräsentiere 25 Prozent des europäischen Logistikmarktes. Die deutsche Wirtschaft sei in diesem Jahr mit 1,2 Prozent sehr schwach gewachsen und real mit einem Minus von drei Prozent sogar rückläufig.
Für 2025 würden die Logistikweisen ein nominelles Wachstum von 1,3 Prozent erwarten, was real einer Stagnation entspreche (minus 0,1 Prozent). „Natürlich würden wir uns mehr Wachstum wünschen, aber immerhin scheint die Talsohle jetzt erreicht. Wir sehen auch wieder positive Zeichen: Laut Logistikindikator von BVL und ifo-Institut sind Geschäftsklima und -erwartung erstmals seit drei Jahren wieder oberhalb der Geschäftslage“, sagte Althoff. Für 2026 rechnet er mit einer Erholung und neuem Wachstum.
Doch für diesen positiven Trend müssten die richtigen Parameter geschaffen werden. Zu diesem Zweck, und um das Potenzial der Logistikbranche als bedeutende Säule der Wirtschaft künftig noch besser geltend zu machen, positioniert sich die BVL gegenüber der Politik. In den Bereichen Infrastruktur, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Energiewende und globale Lieferketten formulierte die gemeinnützige Organisation fünf Forderungen.
Mehr Investitionen in Infrastruktur
In die Verkehrsinfrastruktur müsse mehr investiert werden. „Allein im Schienenverkehr liegen die Pro-Kopf-Investitionen in vielen anderen europäischen Ländern drei- bis viermal so hoch wie in Deutschland“, so Althoff. Zudem fordert die BVL, der rund 10.500 Mitglieder angehören, den Ausbau der Infrastruktur für alternative Antriebe und die Förderung der entsprechenden Technologien. Zu viel Bürokratie und zu viele Regularien verhindern Innovationen. Daher lautet die dritte Forderung: Deregulierung und Bürokratieabbau. „Die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, etwa bei der Installation von PV-Anlagen auf Logistikimmobilien, sowie die Überarbeitung komplexer Regularien wie des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes müssen im Fokus stehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der BVL.
In der Logistikbranche sind rund 100.000 Stellen unbesetzt. Allein der Fahrermangel verursache jährliche Mehrkosten von etwa zehn Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft. Die BVL fordere daher eine Stärkung der Fachkräftemigration und begrüße die gezielte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte. Die fünfte und letzte Forderung betrifft den Warenverkehr. Zunehmende Handelsbeschränkungen würden die Risiken für die Lieferketten enorm erhöhen. Die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen sei nur durch freien Warenverkehr und die genannten Rahmenbedingungen gesichert. „Hierfür muss die Politik eintreten.“
Für das Jahr 2032 hat sich die BVL ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. „Bis dahin wollen wir das bedeutendste Netzwerk und wichtigster Vordenker für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu Themen der Logistik sein“, sagte Althoff.
Rund 2.600 Teilnehmende
Wie ernst die BVL dieses Ziel verfolgt, zeigte sich auf der BVL Supply Chain CX. Die Veranstaltung, die nach Angaben der BVL das größte Kongress- und Netzwerk-Event der Logistik in Europa ist, fand im Berliner Hotel Estrel statt. Mehr als 2.600 Teilnehmende, rund 140 Ausstellende, mehr als 220 Speaker und acht Bühnen: Das neue Konzept ging laut BVL auf. Die meisten Teilnehmenden zeigten sich begeistert über das Programm, die lockere Atmosphäre und die vielen Netzwerkmöglichkeiten.
„Die Zielgruppe der Veranstaltung wurde insgesamt deutlich erweitert – zum einen um jüngere Fach- und Führungskräfte, zum anderen um neue Bereiche, die Supply Chains erst möglich machen – HR, IT, Tech-Unternehmen oder Versicherungen. Wir sind schon jetzt im Vergleich zu den letzten Kongressen deutlich gewachsen und haben im Estrel begonnen, das Potenzial zu nutzen. Im Lichte der aktuellen wirtschaftlichen Lage und unserer begrenzten Kapazitäten als Verein sind wir mit der diesjährigen ersten Ausgabe der BVL Supply Chain CX sehr zufrieden“, sagte BVL-Geschäftsführer Christoph Meyer.