CO2: Folgen einer Bepreisung im Güterverkehr
Drohen Wettbewerbsverzerrungen beim Lkw-Verkehr bei einer nationalen CO2-Bepreisung? BMU, DIW , IMK und FÖS erörtern Folgen.
Die Frage, wie Wettbewerbsverzerrungen im Straßengüterverkehr bei einer nationalen CO2-Bepreisung sicher vermieden werden könnten, ist noch ungeklärt. Das wurde am Freitag bei der Vorstellung von drei Studien zu einer Energiesteuerreform in Berlin deutlich. Das Bundesumweltministerium (BMU) hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK) und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) beauftragt, eine CO2-Bepreisung für die Bereiche Verkehr und Wärme zu untersuchen. Im Fokus stand dabei die Frage, wie gut welcher CO2-Preis das Klima schützt und wie er sich auf die Bürger auswirkt. In allen drei Studien wurde für 2020 ein CO2-Preis von 35 Euro je Tonne angenommen, der bis 2030 linear auf 180 Euro steigt. Bei 35 Euro würde sich Diesel um rund 11 Cent/Liter verteuern, bei 80 Euro im Jahr 2023 um knapp 26 Cent und 2030 um rund 54 Cent – jeweils inklusive Mehrwertsteuer auf die CO2-Steuer.
Entlastung bei der Kfz-Steuer?
Auf die Frage, wie vermieden werden kann, dass ausländische Lkw-Unternehmen sich durch Tanktourismus einer deutschen CO2-Steuer auf Kraftstoffe entziehen und dadurch Wettbewerbsvorteile erzielen, schlug Prof. Claudia Kempfert vom DIW eine Entlastung zum Beispiel bei der Kfz-Steuer oder die Einführung von steuerbegünstigtem „Gewerbediesel“ vor. Allerdings ist die Kfz-Steuer für Lkw in Deutschland schon 2007 auf das europarechtlich zulässige Mindestniveau abgesenkt worden.
Das FÖS bringt ebenfalls vergünstigten „Gewerbediesel“ ins Spiel und will den CO2-Preis stattdessen auf die Lkw-Maut aufschlagen. Derzeit ist das allerdings europarechtlich noch nicht zulässig; die jetzt diskutierte Novelle der EU-Wegekostenrichtlinie würde es ab Anfang 2022 ermöglichen.
Europaweite Lösung angemahnt
Bundesumweltministerin Svenja Schulze plädierte für eine europaweite Lösung. Sie verwies darauf, dass viele europäische Staaten – darunter auch einige Nachbarstaaten Deutschland – schon CO2-Preise anwenden, wenn auch nicht unbedingt für Kraftstoffe. Einig waren sich die Wissenschaftler, dass eine Einbeziehung des Verkehrs in den EU-Emissionshandel (ETS) nicht ratsam ist. Die CO2-Vermeidungskosten im Verkehr seien mit Abstand die höchsten. Im Zweifelsfall würde der Verkehr einen Großteil der Zertifikate kaufen und damit die Preise so hochtreiben, dass die Industrie abwandert. Im Vergleich zu einem politisch festgelegten CO2-Preis schaffe das marktbasierte ETS weniger Planungssicherheit. Die ETS-Lösung hatte die FDP in der vergangenen Woche vorgeschlagen.