Daimler Truck: GenH2-Prototyp auf Rekordfahrt

27. Sept. 2023 Newsletter / Fahrzeug & Technik
Daimler Truck verfolgt eine Doppelstrategie und setzt neben batteriebetriebenen Fahrzeugen auch auf Brennstoffzellen-Lkw.
Der Hersteller schickte einen auf 40 Tonnen ausgeladenen GenH2-Prototyp mit Brennstoffzellen-Antrieb und Flüssig-Wasserstoff-Tanks auf Fahrt vom Kundencenter in Wörth am Rhein über den Ruhrpott bis nach Berlin. Das Fahrzeug legte auf der Strecke ganz genau 1.047 Kilometer zurück und benötigte dazu nur eine Tankfüllung mit flüssigem Wasserstoff.
Die letzten Meter – inklusive einer engen Einfahrt in den Ministergarten in Berlin-Mitte – steuerte Andreas Gorbach den Sattelzug. Gorbach ist Vorstandsmitglied von Daimler Truck und im Konzern verantwortlich für die Lkw-Technologie. Er richtete in dieser Funktion gleich einen Appell an die Politik: „Um den Transport zu dekarbonisieren, brauchen wir sowohl batterieelektrische als auch wasserstoffbetriebene Antriebstechnologien. Der ideale Anwendungsbereich für Brennstoffzellen-Lkw sind flexible und anspruchsvolle Transportaufgaben im Fernverkehr. Mit dem Knacken der 1.000-Kilometer-Marke mit einer Tankfüllung haben wir nun eindrucksvoll bewiesen: Wasserstoff ist bei Lkw alles andere als heiße Luft und wir kommen auf dem Weg zur Serienreife sehr gut voran. Gleichzeitig ist unsere heutige Rekordfahrt ein Apell daran, dass für die Dekarbonisierung des Transports neben den richtigen Antriebstechnologien noch zwei weitere Faktoren notwendig sind: eine grüne Energie-Infrastruktur und wettbewerbsfähige Kosten gegenüber konventionellen Fahrzeugen.“
In beiden Bereichen ist bis zum flächendeckenden Durchbruch noch viel zu tun. So wurden beispielsweise die Tanks des Rekordfahrzeugs vor Abfahrt plombiert, die Kilometerstände in Start und Ziel kontrolliert. Nötig wäre das Abkleben der Tankstutzen aber gar nicht gewesen – es gibt in ganz Deutschland ohnehin keine einzige öffentliche Tankstelle für flüssigen Wasserstoff.
Auf dem Tieflader zurück nach Wörth
Mit leeren Tanks musste der GenH2 seine Rückreise entsprechend auf einem Tieflader antreten. Im Entwicklungs- und Versuchszentrum in Wörth am Rhein kann er dann wieder an der eigens für ihn errichteten Betriebs-Tankstelle mit dem flüssigen Kraftstoff von Air Liquide versorgt werden. Air Liquide stellt den Wasserstoff für den GenH2 laut eigener Angaben auf Basis von Biomethan her. Auf -253 Grad Celsius heruntergekühlt wird er in flüssiger Form in die beiden seitlich am Rahmen montierten Thermo-Tanks des Prototypen gefüllt, die jeweils 40 Kilogramm fassen.
Nur mit diesen Tanks war die Rekordfahrt überhaupt möglich: Wasserstoff hat in tiefkaltem, flüssigem Zustand nämlich eine deutlich höhere Energiedichte bezogen auf das Volumen. Der Grund, warum Daimler Truck auf diese Speicherform statt auf das bisher übliche gasförmige Wasserstoff setzt. So können die Tanks am Lkw mehr Kraftstoff fassen, die Reichweite steigt.
Im Praxiseinsatz bei Kunden sollen erste Brennstoffzellen-Lkw aus dem Hause Daimler Truck erst in den kommenden Jahren erprobt werden. Die Serienreife des GenH2 wird dann für die zweite Hälfte des Jahrzehnts angestrebt. Bis 2039 will Daimler Truck schlussendlich in Europa, den USA und Japan nur noch klimaneutrale Nutzfahrzeuge verkaufen.