DEKRA Crashtest: Schon Unfall mit 10 km/h hat Folgen

04. Sept. 2019
Alle zwölf Sekunden passiert irgendwo in Deutschland ein Verkehrsunfall. In über 88 Prozent aller Fälle bleibt es beim Sachschaden. Dass dabei auch vermeintlich minimale Kollisionen durchaus größere Schäden verursachen können, zeigt ein aktueller Crashtest der Sachverständigenorganisation DEKRA. Dabei ist das wahre Ausmaß des Schadens nur für den Experten erkennbar – und auch für ihn in diesem Fall nur nach einer Teilzerlegung. Denn der größte Teil des Schadens liegt unter der Oberfläche.
Bei dem Versuch im DEKRA Crash Test Center kollidierte eine Mercedes-Benz C-Klasse mit weniger als 10 km/h mittig mit einem ungebremsten Crashwagen. „Die Barriere hatte eine Masse von 1.330 Kilogramm und war mit einer Anhängerkupplung ausgerüstet“, erklärt DEKRA Crash-Experte Peter Rücker. „Die Anstoßgeschwindigkeit lag bei genau 9,9 km/h. 180 Millisekunden nach dem Anstoß verzeichnen wir die tiefste Eindringung; die Anhängerkupplung ist in diesem Moment auf den Hochgeschwindigkeitsaufnahmen nicht mehr zu sehen. 400 Millisekunden nach dem Anstoß hat das Crashfahrzeug die Barriere dann angeschoben; beide haben keinen Kontakt mehr.“
Die äußeren Beschädigungen am Crashfahrzeug sind auf den ersten Blick relativ gering. Am augenfälligsten sind leichte Deformationen in der Mitte sowie veränderte Spaltmaße an der Motorhaube. Erst nach Demontage der Anbauteile und einer Karosserievermessung wird klar: Nicht nur der Querträger ist deformiert, sondern auch beide Längsträger sind verformt. Außerdem wurden der Wasserkühler eingedrückt, der Klimakondensator beschädigt und das Kühlrohr der Servolenkung deformiert. Die DEKRA Sachverständigen kalkulieren für die Reparatur des gesamten Schadens knapp 7.400 Euro inklusive Mehrwertsteuer.
„Der Versuch zeigt, welche Folgen ein vermeintlich leichter Unfall haben kann. Bei weniger als 10 km/h würden die meisten Autobesitzer keine großen Beschädigungen erwarten“, so Bernd Grüninger, Bereichsleiter Gutachten der DEKRA Automobil GmbH. „Wie wichtig es ist, hier genauer hinzuschauen, unterstreichen vor allem die Deformationen an Quer- und Längsträgern.“ Diese Bauteile sind entscheidende Faktoren, wenn es um das Crashverhalten eines Fahrzeugs geht. „Nur wenn diese Elemente intakt sind, kann das Fahrzeug die Insassen bei einem Unfall mit höherer Geschwindigkeit so schützen, wie die Entwickler es geplant haben“, warnt Grüninger.
Aus seiner Sicht machen die Crash-Ergebnisse wieder einmal deutlich, dass die Begutachtung von Unfallschäden durch einen Sachverständigen nicht zu ersetzen ist. „Für die fachgerechte Reparatur ist es ganz entscheidend, dass solche Schäden im Rahmen der Gutachten-Erstellung erkannt werden.“