DEKRA informiert Werkstätten über Neuerungen bei der Fahrzeugprüfung

16. Sept. 2014
Die Bedeutung von Elektronik in Auto und Lkw steigt immer weiter. Mehr und mehr neue Sicherheits- und Assistenzsysteme halten Einzug und müssen im Rahmen der periodischen Fahrzeugüberwachung geprüft werden. Deshalb setzen die Überwachungsorganisationen ab Sommer 2015 den so genannten HU-Adapter ein, der die Ingenieure bei der Prüfung elektronischer Systeme im Rahmen der Hauptuntersuchung (HU) unterstützt. Doch das ist nicht die einzige aktuelle Neuerung: Auch Bremsenprüfung und Abgasuntersuchung werden teilweise neu geregelt. Der deutsche Marktführer im Bereich der Fahrzeugprüfungen, die international tätige Expertenorganisation DEKRA, informiert im Rahmen der Fachmesse automechanika in Frankfurt die Werkstatt-Profis über die anstehenden Veränderungen.
„Der HU-Adapter wird die Prüfung von elektronischen Fahrzeugsystemen im Rahmen der Hauptuntersuchung in Zukunft effizient ergänzen“, so Dr. Gerd Neumann, Mitglied der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH und zuständig für das Prüfwesen. „Zusätzlich zur konventionellen Prüfung können wir mit diesem System die Fahrzeugkommunikationsschnittstelle nutzen, um bestimmte elektronische Systeme auf ihren Zustand zu überprüfen.“
Wenn der Adapter an die Fahrzeugschnittstelle angeschlossen ist, kann er abgleichen, ob die ab Werk eingebauten sicherheitsrelevanten Systeme und Funktionen noch unverändert vorhanden sind. Dazu kommuniziert der HU-Adapter mit den relevanten Steuergeräten im Fahrzeug. Der Funktionsumfang des HU-Adapters ist dabei genau auf den Prüfauftrag der Fahrzeugüberwacher ausgelegt. Anders als bei der Werkstatt-Diagnose geht es hier nicht darum, die Ursachen für einen Fehler zu finden, sondern ausschließlich darum, Mängel festzustellen oder auszuschließen.
Da der HU-Adapter aber grundsätzlich mit den gleichen Dialogroutinen des Fahrzeug- oder Systemherstellers arbeitet wie die Diagnosegeräte des Kfz-Betriebs, kann die Werkstatt zur Vorbereitung auf die HU oder zur Reparatur alle Prüfungen des HU-Adapters nachvollziehen. „Insgesamt ist damit einerseits die Kompatibilität zwischen Prüfung und Reparatur, aber andererseits auch die für die Verkehrssicherheit wichtige organisatorische und personelle Trennung der beiden Bereiche auch in Zukunft gewährleistet“, so Dr. Neumann.
DEKRA setzt den HU-Adapter seit einiger Zeit im Testbetrieb an verschiedenen Niederlassungen ein. Ab Mitte 2015 wird er dann bundesweit eingeführt, zunächst bei der Hauptuntersuchung an Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Später soll sein Einsatzgebiet auch auf schwere Lkw und Busse ausgeweitet werden.
Auch bei der grundlegend veränderten Bremsenprüfung für neuere Pkw wird der HU-Adapter ab nächsten Sommer eingesetzt. „Die bisherige Methode, die Bremswirkung aus der gemessenen maximalen Bremskraft und der zulässigen Gesamtmasse des Fahrzeugs zu berechnen, wird für moderne Fahrzeuge den Anforderungen der Fahrzeugtechnik nicht mehr gerecht“, so der DEKRA Geschäftsführer. „Künftig wird die Bremsenprüfung objektiver, indem der angewandte Bremsdruck mit der am Rad erreichten Bremskraft in Bezug gesetzt wird.“
Über den HU-Adapter kann der Prüfingenieur die Werte des Bremsdrucksensors im ESP-System auslesen. Die Software vergleicht dann diese Messwerte mit den vom Fahrzeughersteller für das jeweilige Modell vorgegebenen Sollwerten, den so genannten Bezugswerten, und zeigt dem Prüfer sofort an, ob der Pkw die Vorgaben erfüllt und damit die Prüfung bestanden hat.
Bei der Bremsenprüfung im Rahmen von HU und Sicherheitsprüfung (SP) von Nutzfahrzeugen wird ebenfalls die Bezugswertemethode eingeführt. Eine zweite große Neuerung zielt hier auf die Erhöhung der Messgenauigkeit. Wenn Fahrzeuge oder Anhänger unbeladen zur Prüfung kommen, ist die Aussagekraft der Messung bisher – insbesondere bei Fahrzeugen, die ein sehr geringes Leergewicht haben, wie eine leere Container-Lafette – begrenzt. Deshalb sehen die neuen Regelungen vor, dass bei älteren Fahrzeugen (Erstzulassung vor 28.7.2010) ein Mindestbremsdruck von 1,7 bar erreicht werden muss. Bei neueren Fahrzeugen, zu denen die entsprechenden Bezugswerte vorliegen, muss eine bestimmte Mindestbremskraft erreicht werden, die sich an der tatsächlich verbauten Bremsanlage orientiert.
Diese Mindestbremsdrücke bzw. -kräfte sind aber für manche Fahrzeuge, etwa für Sattelauflieger oder Anhänger, unbeladen nicht immer erreichbar. Diese müssen deshalb teilbeladen geprüft werden. Alternativ kann die Beladung auch durch entsprechende technische Einrichtungen simuliert werden – beispielsweise durch Niederzurreinrichtungen oder anhebbare Bremsenprüfstände. „DEKRA hat solche Einrichtungen schon an vielen Stationen bundesweit in Betrieb, so dass hier auch unbeladene Fahrzeuge problemlos geprüft werden können“, so Dr. Neumann. „Werkstätten, die darüber nachdenken, entsprechende Einrichtungen zur Simulation von Beladung zu installieren, können sich gerne von ihrer örtlichen DEKRA Niederlassung dazu, wie auch zu den anderen Neuerungen, beraten lassen.“
Die Veränderungen bei der Abgasuntersuchung betreffen in erster Linie das Thema OBD. Die so genannte WWHOBD – also die weltweit standardisierte Kommunikationsschnittstelle – wird an den neuen Euro-VI-Nutzfahrzeugen bereits eingesetzt und erfordert deshalb bei der AU ebenfalls diese Technik. Der so genannte Geräteleitfaden, der vorgibt, wie der kontrollierte Prüfablauf aussieht, wird mit der neuen AU-Richtlinie aktualisiert und tritt – voraussichtlich im Juni 2015 – als „Geräteleitfaden 5“ in Kraft. „Das hat unmittelbar zunächst nur Konsequenzen für die Abgasuntersuchung bei Pkw und Nutzfahrzeugen der neuesten Abgasstufe Euro 6“, so Dr. Gerd Neumann. „Sie muss zwingend nach dem Geräteleitfaden 5 abgenommen werden.“ Für Fahrzeuge bis einschließlich Abgasstufe Euro 5 kann der alte Geräteleitfaden 4 weiter verwendet werden, für Fahrzeuge mit Erstzulassung vor 2006 auch noch der Geräteleitfaden 3 – dies allerdings nur noch bis Ende 2017. „Um nach den jeweils neueren Geräteleitfäden zu prüfen, reicht in der Regel ein Software-Update durch den Hersteller des Prüfgerätes aus“, so der DEKRA Geschäftsführer.
Einen Überblick über die wichtigsten anstehenden Änderungen rund um den HU-Adapter, die Bremsenprüfung und die Abgasuntersuchung gibt auch eine aktuelle Informationsbroschüre, die die DEKRA Experten für die Werkstätten zusammengestellt haben. Sie ist über die örtlichen DEKRA Niederlassungen zu beziehen und steht auch online unter www.dekra-infoportal.de zur Verfügung.
DEKRA finden Sie auch auf der automechanika 2014: Halle 4.1. (Foy19). Die Messe findet vom 16. bis 19. September in Frankfurt statt.