Der Gurt bleibt Lebensretter Nummer eins

25. Juli 2014
Seit 30 Jahren muss der Sicherheitsgurt in Deutschland auch auf dem Rücksitz angelegt werden. Zum 1. August 1984 trat die neue Regelung in Kraft. Bis heute ist aber die Anschnallquote hinten im Auto am geringsten. Die Unfallexperten von DEKRA warnen: Der Sicherheitsgurt ist nach wie vor Lebensretter Nummer eins. Und: Nur mit angelegtem Gurt können auch andere Sicherheitssysteme wie Airbags den Schutz bieten, für den sie konstruiert sind.

„Airbags sind als ergänzende Schutzeinrichtung konzipiert. Sie schützen bei einem Unfall zusätzlich zum Sicherheitsgurt, je nachdem, aus welcher Richtung der Anstoß passiert“, so Jörg Ahlgrimm, Leiter der DEKRA Unfallanalyse. „Zu denken, man brauche sich nicht anzugurten, weil man ein Fahrzeug mit diversen Airbags fährt, ist fahrlässig und im Ernstfall lebensgefährlich.“

Schließlich gebe es auch Unfälle, bei denen Airbags wenig nützen oder erst gar nicht auslösen. „Denken Sie an einen Überschlag. Hier kann nur der Gurt einen Insassen in seinem Sitz halten. Und nur dort kann er den Unfall vergleichsweise sicher überstehen“, so der Experte.

Gerade innerorts und bei niedrigen Geschwindigkeiten sitzen immer wieder Verkehrsteilnehmer dem Irrtum auf, sie bräuchten den Gurt nicht und könnten sich notfalls mit den Armen abstützen. „Das ist eine fatale Fehleinschätzung“, so Jörg Ahlgrimm. „Schon bei einer Geschwindigkeit von 14 Stundenkilometern wirken beim Aufprall auf ein festes Hindernis Kräfte, die dem Achtfachen des eigenen Körpergewichts entsprechen. Kein Mensch kann das abfangen.“

Die Gurtanlegequote in Deutschland liegt der jüngsten Erhebung der DEKRA Unfallforschung zufolge insgesamt bei über 97 Prozent. Auf den Rücksitzen sind es dagegen nur noch gut 94 Prozent. „Das klingt zunächst einmal immer noch nach einer guten Quote, aber es bedeutet eben auch, dass jeder sechzehnte Insasse hinten nicht angegurtet ist“, so Ahlgrimm. „Und der oft gehörte Satz ‚Mir passiert da hinten schon nichts’ ist schlicht falsch. Bei einem Aufprall – das zeigen immer wieder unsere Crashtests – werden nicht angeschnallte Insassen unkontrolliert durch das Fahrzeug geschleudert.“

So geht es beim Anschnallen, gerade auf dem Rücksitz, auch nicht nur um den Schutz für einen selbst, sondern auch für andere Mitfahrer. Der Sicherheitsgurt verhindert auch, dass Insassen gegeneinander geschleudert werden – etwa zwei Personen auf dem Rücksitz bei einem Seitenaufprall. „Ein anderes Beispiel: Wenn ein nicht angegurteter Mitfahrer vom Rücksitz nach vorne geschleudert wird, kann nicht nur er selbst schwer verletzt werden, sondern auch der vor ihm Sitzende“, so Jörg Ahlgrimm. „Wenn Fahrer oder Beifahrer die Knie eines Mitfahrers gegen den Sitz geschlagen bekommen, kann es zu schwersten Rückenverletzungen kommen. Schon allein aus Eigenschutz sollte der Fahrer deshalb immer alle Passagiere dazu anhalten, sich anzuschnallen.“

Der DEKRA Experte betont außerdem, wie wichtig es ist, dass der Gurt richtig angelegt wird. „Der Gurt sollte immer möglichst straff anliegen, nur dann kann er seine volle Wirkung entfalten. Ihn von sich weg zu ziehen, um gefühlt mehr Bewegungsfreiheit zu haben, geht im Ernstfall nach hinten los. Eher sollte man den Gurt regelmäßig straff ziehen.“ Wenn der obere Verankerungspunkt verstellbar ist, empfiehlt Ahlgrimm: „Stellen Sie den Gurt so ein, dass er direkt über das Schultergelenk verläuft, nicht nahe am Hals.“

Gerade auf Rücksitzen sieht der DEKRA Unfallexperte auch noch Potenzial zur Optimierung der Sicherheitsgurte. „Nicht alle Hersteller bauen hinten optimale Rückhaltesysteme mit Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer ein. Oftmals findet sich auf den Rücksitzen nur die gesetzlich vorgeschriebene Mindestausstattung.“ Ahlgrimm rät dazu, beim Kauf eines Autos darauf zu achten, wie die Sicherheitsgurte auf den Rücksitzen ausgeführt sind.