Kombinierter Verkehr: Dreier setzt auf Lkw und Bahn
Schon seit 1988, weit vor der Alpeninitiative, verlagert der Schweizer Logistiker Dreier Transporte auf die Schiene. „Wo immer wir können und es Sinn macht, gehen wir auf die Bahn“, sagt Unternehmenschef Hans-Peter Dreier. „Das ist einfach in unserer DNA.“ Heute transportiert das Unternehmen aus Suhr im Kanton Aargau pro Tag mehr als 200 Wechselbehälter auf der Schiene, aber Bahnverkehre machen insgesamt international und national nur noch höchstens zehn Prozent am Geschäft aus. Kombinierte Verkehre sind für Dreier eine Leidens- und Freudengeschichte in einem. Nach der Wirtschaftskrise 2008 erlebte er auf den internationalen Strecken, wo sich der KV am meisten bewährt hat, erst einmal eine jahrelange Stagnation, stattdessen wartete der nationale KV mit einer Verdopplung der Transporte auf. Dreier war zu 70 bis 80 Prozent international auf Straßen und Schienen unterwegs gewesen, als auf einmal das nationale Geschäft in den Mittelpunkt rückte. „Das hat sich 2009 genau gedreht, da mussten wir uns neu erfinden“, sagt er gegenüber trans aktuell.
Bahn hat Qualitätsprobleme
Seit drei Jahren wachsen die internationalen Verkehre zwischen der Schweiz und Deutschland oder der Schweiz und Italien ebenso wie zwischen Deutschland und Italien bei ihm wieder zweistellig. „Aber auf der Straße“, betont er. Es gebe Qualitätsprobleme bei den Bahnen, die beispielsweise Wechselbrücken stehen ließen, und darüber häufig so spät informierten, dass es nicht möglich sei, darauf zu reagieren. „Die Kunden interessieren nicht die 98 oder 99 Prozent die gut laufen, im Vordergrund steht immer das, was nicht klappt“, erläutert er. Während der innerschweizerische KV sehr gut, sehr pünktlich und sehr stabil sei und genügend Kapazitäten habe, stoße der internationale Transport an seine Grenzen. „Gut ausgelastete Züge sind schnell überlastet“, sagt Dreier. Er könne seinen Kunden nicht mehr mit gutem Gewissen empfehlen, ihre Waren auf die Bahn zu setzen. Die Wirtschaft – mit dem Internet-Handel als wichtigem Treiber – fordere ja immer mehr, dass die Ware abends möglichst spät geladen werde, um morgens pünktlich am Zielort zu sein.
„Andererseits verstehe ich die Kombi-Gesellschaften, die keine weiteren Züge anbieten, wenn die Auslastung in den ersten zwei Jahren nicht gewährleistet ist. Das kostet einfach viel Geld“, betont der Unternehmenschef. Wenn die Politik eine Verlagerung wirklich wolle, müsse sie hier Anschubfinanzierungen gewähren. Besonders problematisch seien fehlende Zulaufstrecken. Deshalb werde es keinen Unternehmer geben, der komplett auf die Bahn umstelle, das Risiko sei viel zu groß, sagt Dreier. „Wir haben ja keinen logistischen Notstand, der Kunde kann zwischen Straße und Schiene wählen, aber das hat die Politik nicht begriffen.“ Eine Zeitlang habe der KV im Fokus gestanden, „derzeit ist er nur die Alternative, und das finde ich schade“. Dreiers Herz hängt am KV. Das Unternehmen verfügt über rund 650 Wechselbrücken, wie Kühl, Multitemp, Koffer oder Plane, und neues Equipment im Bereich Kühl-, Koffer- und Planensattelauflieger wird kombitauglich und bahnkodifiziert gekauft. „Wenn Verbesserungen in Sicht sind, können wir jeden Tag aufspringen“, sagt Dreier. Und es gebe ja auch Kunden, die unbedingt wollten, dass ihre Ware auf der Bahn transportiert werde und die dafür Verzögerungen in Kauf nähmen. Aber das sei eher die Ausnahme als die Regel. Sein Fazit: „Man muss schon sehr kombiaffin sein, sonst macht man das nicht über 30 Jahre.“
Das Unternehmen
Der 1905 gegründete Logistikdienstleister Dreier mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Schweizer Franken (88 Millionen Euro) verfügt über eine Flotte von 275 eigenen Lkw. Die große Mehrzahl sind Euro-6-Lkw, außerdem sind 31 Doppeldecker im Einsatz. An verschiedenen Standorten in Europa und Nordafrika arbeiten mehr als 500 Leute. Das von Hans-Peter Dreier geführt Familienunternehmen hat 1988 seine ersten Kombinierten Verkehre zwischen Aarau und Busto Arsizio in Italien aufgebaut.