eActros 600 auf Erprobungsfahrt im Winter

25. Feb. 2025 Newsletter
Bereits im Sommer hatte Mercedes-Benz Trucks zwei seriennahe Prototypen des eActros 600 auf Europa-Erprobungsfahrt geschickt. Nun wollte der Hersteller wissen, wie sich der Stromverbrauch des E-Lkw im Winter entwickelt und schickte dieselben Fahrzeuge noch einmal Richtung Nordeuropa.
Rund 6.500 Kilometer durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland (bis zum Polarkreis), Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien und Österreich kamen zusammen. Über die Hälfte davon auf den gleichen Strecken wie im Sommer. Das Ziel: Erkenntnisse gewinnen über die Auswirkungen der winterlichen Temperaturen und Straßenverhältnisse auf den Energieverbrauch. Die Bedingungen waren dafür perfekt. Die Temperaturen lagen zwischen minus 18 und plus 9 Grad, das Tempo belief sich auf 64 bis 77 km/h.
Winter-Mehrverbrauch von 25 bis 50 Prozent
Für eine Strecke, die nach Kaltstart bei einer Durchschnittstemperatur von minus 2 Grad auf Reifen der Energieeffizienzklasse B auf schneefreier Fahrbahn gefahren wurde, gibt Mercedes-Benz Trucks detaillierte Einblicke: Den Mehrverbrauch gegenüber der gleichen Strecke auf Reifen der Klasse A im Sommer geben die Ingenieure mit rund 25 Prozent an. Zirka 15 Prozent davon gingen auf das Konto der erhöhten Roll- und Luftwiderstände, fünf Prozent seien auf das Heizen der Kabine auf 21 Grad zurückzuführen, vier Prozent auf eine geringere Rekuperationsleistung (wegen der erhöhten Roll- und Luftwiderstände) und jeweils unter ein Prozent für die Batterieheizung und die Nebenverbraucher. Auf einer anspruchsvolleren Etappe mit Schnee und Eis auf der Straße und Scandinavian-Reifen der Klasse D genehmigte sich der eActros 600 laut Hersteller knapp 50 Prozent mehr als im Sommer. Die Ursache auch hier: die deutlich erhöhten Fahrwiderstände.
„Grundsätzlich haben Aerodynamik und Rollwiderstand einen erheblichen Einfluss auf den Verbrauch eines Lkw – unabhängig von der Antriebsart. So führt die bei niedrigeren Temperaturen im Winter höhere Luftdichte stets zu einem gestiegenen Luftwiderstand und damit zu einem Mehrverbrauch. Auch die für das Fahren im Winter notwendigen Reifen haben einen größeren Rollwiderstand und erhöhen den Verbrauch. Je winterlicher die Straßenverhältnisse sind, desto griffiger müssen die Reifen sein und desto höher ist der Verbrauch“, erklärt Jochen Gottstein, Manager Testing Energy Consumption & Range bei Daimler Truck.
Schlafen im Lkw kostet kaum Strom
Nicht minder spannend: Auch die Auswirkungen des Schlafens im warmen Lkw in kalten Nächten haben die Ingenieure erprobt. „Tagsüber haben wir uns die Temperatur auf 21 Grad und nachts zum Schlafen auf 19 Grad eingestellt – bei Außentemperaturen zwischen minus 7 und plus 4 Grad“, erklärt Werner Kempfle, Entwicklungsingenieur und Co-Projektleiter des eActros 600. Dies habe zu einer Reichweitenreduktion von zwei bis fünf Prozent geführt.
Was die Infrastruktur angeht, fällt die Bilanz des Testlaufs gemischt aus. Man habe zwar insbesondere in Skandinavien einige moderne Ladeparks vorgefunden, an denen man nicht absatteln musste, sagt Gottstein. „Grundsätzlich müssen wir aber auch eingestehen, dass das eher die Ausnahme war und die Ladeinfrastruktur in den meisten Fällen, die wir gesehen haben, noch ausbaufähig ist.“
Großes Lob für die Remote-App
Voll des Lobes ist Kempfle wiederum für die neue App „Mercedes-Benz Trucks Remote 3.0“. Über sie können Statusinformationen zum Fahrzeug wie beispielsweise Batteriestand und Ladezustand abgerufen werden. „Vor allem beim Laden hat sich die App als absolut hilfreich erwiesen“, sagt der Entwicklungsingenieur. „So mussten wir Fahrer während der Ladezeit nicht permanent am Fahrzeug bleiben. Durch die App hatten wir die Fahrzeuge jederzeit unter Kontrolle, haben den Ladezustand gesehen und konnten beispielsweise im Falle eines Ladeabbruchs sofort reagieren.“