Einblicke vom Logistik-Kongress

24. Okt. 2022 Newsletter
Der diesjährige Deutsche Logistik-Kongress bringt es ans Licht: Die Branche wächst zwar nominal, nicht aber real. Insgesamt lockte der Deutsche Logistik-Kongress 2022 der Bundesvereinigung Logistik (BVL) mehr als 2.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach Berlin.
Unter dem Motto „Supply Chains matter!“ rückten die Lieferketten ins Licht. Dabei nimmt die Branche nicht nur die aktuellen Entwicklungen in den Fokus. Zudem gibt es eine Prognose zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung sowie allgemeine Handlungsempfehlungen.
BVL: Nichts wird mehr so wie vor der Krise
Für den BVL-Vorstandsvorsitzenden Prof. Thomas Wimmer steht fest, dass nichts mehr so wird, wie es vor der Corona-Krise und dem Angriffskrieg Russlands war. Vielmehr gehe es darum, wie die Lieferketten im von Engpässen und Krisen geprägten „new normal“ aufrechterhalten werden könnten. „So wie es vor den derzeitigen Störungen in den Lieferketten war, wird es nicht mehr werden. Wenn wir die derzeitigen Krisen bewältigt haben, werden andere in den Vordergrund treten und neue Herausforderungen bringen“, erklärte Wimmer.
Logistiker müssen radikal umdenken
Was es seiner Meinung nach braucht, sind resilientere Lieferketten. Dies wiederum erfordert in vielen Prozessen ein radikales Umdenken: „Nicht zuletzt vom bisherigen Primat der Kosten hin zu den neuen Prioritäten Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit, sagte Wimmer. Die Logistik sei das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und somit auch einer freien Gesellschaft. „Es ist besonders wichtig, sich in Situationen wie dieser unter Freunden auszutauschen – ‚Friendshoring of knowledge‘ sozusagen“, so Wimmer weiter.
PwC: Sorgenvoller Blick nach China
Zwar sind der Krieg in der Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland in den Lieferketten inzwischen weitgehend berücksichtigt. Aktuell richte sich der Blick vieler produzierender Unternehmen allerdings mit Sorge auf die Entwicklungen in China. Thomas Heck, Partner und Leiter der China Business Group beim Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC), sieht auch nach dem jüngsten Parteikongress noch keine Entspannung in Bezug auf die dortige Zero-Covid-Strategie: „Viele Unternehmen streben zwar kein komplettes De-Coupling an, aber es gibt ein erhöhtes Risikobewusstsein in Bezug auf die eigenen Aktivitäten in China“, erläuterte der Experte von PwC.
Deutsche Logistik tritt auf der Stelle
Die Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) hat auch dieses Jahr wieder ein Update zur deutschen Logistikwirtschaft vorgelegt: Demnach ist die deutsche Logistik im Jahr 2021 um fünf Prozent auf 294 Milliarden Euro gewachsen. 2019 war es ein Plus 2,5 Prozent, 2020 wiederum ein Minus von 1,8 Prozent. Ebenfalls beachtlich: Von den 3,36 Millionen Erwerbstätigen in der Branche waren rund 100.000 Personen mehr mit operativen und administrativen Logistikaufgaben beschäftigt als im Vorjahr.
Die Prognose der Logistikweisen
Mit der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung haben sich auch die Logistikweisen beschäftigt. Das vom BVL-Marktexperten Prof. Christian Kille von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt initiierte Gremium sagt für 2022 ein nominales Wachstum von 8,5 Prozent voraus, welches allerdings vor allem auf steigende Kosten und Preise zurückzuführen sei. Die Wirtschaftsleistung würde damit auf 319 Milliarden Euro steigen. Das ist jedoch sowohl für die Logistikweisen als auch für die Branche kein Grund zur Freude: Real wird nämlich eine Steigerung von lediglich 0,6 Prozent angenommen. Eine Prognose für 2023 geben die Logistikweisen aufgrund der volatilen Lage zum jetzigen Zeitpunkt nicht ab.
Nur ein inflationsgetriebenes Wachstum
BVL-Geschäftsführer Dr. Martin Schwemmer, Mitglied der Logistikweisen und zuletzt lange in der Fraunhofer-Arbeitsgruppe tätig, schätzt die Lage wie folgt ein: „Es sind keine leichten Zeiten. Wir sehen aktuell ein fast ausschließlich inflationsgetriebenes Wachstum, dazu kommt noch der Druck zur Erreichung der Klimaziele. Auf die Volatilität sollten Unternehmen mit flexibleren Partnerschaften, mehr Transparenz und konkreten Maßnahmen zur CO2-Reduktion reagieren. Die strategischen Themen dürfen nicht überlagert werden von den operativen Trends der angespannten Energieversorgung, Ressourcenengpässen, Lieferkettenunterbrechungen und dem Fachkräftemangel.“
Staatssekretär Luksic lobt die Logistik
Der Parlamentarische Staatsekretär Oliver Luksic, der zugleich auch Logistikkoordinator der Bundesregierung ist, würdigte die Innovationsgeschwindigkeit des Wirtschaftbereichs: „Es gibt keine Branche, die sich so schnell anpasst auf veränderte Bedingungen wie die Logistik“, lobte er