Evolution oder Revolution – Neue Geschäftsmodelle im Automobilhandel?
Der Umbruch im Automobilhandel in Deutschland ist in vollem Gange, denn das traditionelle Geschäftsmodell ist in der Krise. In den nächsten gut zehn Jahren wird sich die Zahl der wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Automobilhändler um fast die Hälfte reduzieren. Diese Erwartung formuliert das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) der Hochschule Nürtingen-Geislingen in seiner aktuellen Studie im Auftrag der Sachverständigenorganisation DEKRA.
Zur Zeit gibt es noch rund 7.850 Automobilhandelsunternehmen in Deutschland. Für das Jahr 2025 rechnen die IFA-Experten damit, dass die Zahl auf 4.250 sinkt, das entspräche einem Rückgang um rund 46 Prozent. Das durchschnittliche Verkaufsvolumen dürfte dann bei etwas mehr als 700 Fahrzeugen pro Jahr liegen. Zum Vergleich: heute liegt es in Deutschland bei 390. Demgegenüber verkauft etwa in den USA ein Händler heute im Durchschnitt 880 Einheiten jährlich.
Symptome für die strukturellen Probleme der Branche seien niedrige Renditen und Eigenkapitalquoten sowie eine anhaltend hohe Zahl von Insolvenzen, so IFA-Leiter Professor Willi Diez. „Allein die Quersubventionierung des Neuwagengeschäfts durch den anhaltend profitablen After-Sales-Bereich hat bislang bei den meisten Fabrikaten in Deutschland den vollständigen Zusammenbruch der Vertriebssysteme verhindert.“
Das traditionelle Geschäftsmodell des Automobilhandels basiert auf zwei gegenläufigen Strukturelementen: Auf der einen Seite steht das freie Unternehmertum der Händler, auf der anderen Seite die Systemführerschaft der Automobilhersteller. „Dieses Geschäftsmodell hat so lange funktioniert, wie der Markt gewachsen ist und sowohl Handel, als auch Hersteller ihre Volumenziele und ihre Preise am Markt durchsetzen konnten“, so Professor Diez. „Mit dem Übergang von einem wachsenden in einem stagnierenden Markt mit einem zunehmend intensiveren Wettbewerb haben sich jedoch wesentliche Prämissen und Mechanismen dieses Systems verändert.“
So hat die Etablierung von internetbasierten Neuwagenportalen den Preiswettbewerb in der Branche weiter verschärft. Gleichzeitig haben die so genannten „Push-Zulassungen“, also die Eigenzulassungen von Herstellern und Händlern deutlich zugenommen: Lagen sie im Jahr 2010 noch bei 26,2 Prozent des Gesamtabsatzes, erreichten sie im ersten Halbjahr 2014 knapp 29 Prozent.
Die „Konstruktionsschwäche“ des heutigen Geschäftsmodells, so die IFA-Experten, liege darin, dass der Vertragshändler einerseits das volle Preis- und Absatzrisiko trägt, jedoch andererseits seine Möglichkeiten, die Kosten zu beeinflussen, sehr beschränkt sind. Der größte Kostenblock sind die Anschaffungskosten für Neuwagen, auf die der Händler praktisch keinen Einfluss hat. Auch andere wesentliche Kostenelemente werden durch die Hersteller und ihre verbindlichen Standards – etwa in Sachen Showroom und multimediale Ausstattung – stark mitbestimmt. „Der Handel hat also kaum Möglichkeiten, sich an die veränderten Marktverhältnisse anzupassen, und sieht sich daher wachsenden Existenzrisiken gegenüber“, so Professor Diez.
Die Studie stellt zwei alternative Geschäftsmodelle dar: das Modell eines „integrierten Vertriebs“ und das „Branded-Dealer-Modell“.
Das Modell des integrierten Vertriebs basiert auf einer engen Vernetzung der Verkaufs- und Betreuungsprozesse zwischen dem Hersteller und seinen Händlern. Dabei legt der Hersteller unter anderem im Rahmen einer Jahreszielvereinbarung mit den Händlern eine Zielrendite fest und übernimmt eine Mitverantwortung dafür, dass sie erreicht wird. Dieses Geschäftsmodell trägt der Tatsache Rechnung, dass sich der Erstkontakt mit dem Kunden immer stärker weg vom Autohaus und hin zum Hersteller selbst, etwa auf Webseiten oder in City Stores, verlagert.
Beim Modell des „Branded Dealers“ müssen Händler in ihre eigene Marke investieren und einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen. Gleichzeitig müssen sie – sowohl über die klassischen Verkaufswege, als auch im Online-Handel – große Stückzahlen absetzen. „Auf der Basis eines breiten Mehrmarkenportfolios sollte es ihnen dann möglich sein, einen stärkeren Einfluss auf ihre Einkaufspreise zu bekommen“, so der IFA-Leiter. „Letztlich entspricht dieses Geschäftsmodell dem einer klassischen Supermarkt- oder Kaufhauskette. Umsetzbar dürfte dieses Modell vor allem bei eher markenschwachen Fabrikaten sein, die auf eine breite Händlerpräsenz angewiesen sind.“
Die Studie gibt aber auch kleineren Händlern eine Zukunftschance, vor allem im ländlichen Raum. Hier könnten sich zwei Geschäftsmodelle als zukunftsfähig erweisen: der Neuwagenvermittler für größere Händlergruppen, der dafür eine Provision bekommt, und der lokale Mehrmarkenhändler, der in seinem Marktgebiet mehrere Marken bündelt und so deren Präsenz im ländlichen Raum sichert.
Die Studie „Evolution oder Revolution – Neue Geschäftsmodelle im Automobilhandel?“ ist die siebte, die das Institut für Automobilwirtschaft im Auftrag von DEKRA erstellt hat. Sie untersucht anhand verschiedener Szenarien, welche veränderten Geschäftsmodelle für unterschiedliche Arten von Betrieben in Zukunft noch Erfolg versprechen.
„DEKRA ist langjähriger und zuverlässiger Partner des Automobilhandels. Die Herausforderungen, vor denen die Branche insgesamt steht, sind gewaltig“, so Clemens Klinke, Mitglied des Vorstands DEKRA SE und verantwortlich für die Business Unit Automotive. „Mit der aktuellen Studie wollen wir – wie mit den vorangegangenen Publikationen zu anderen Themenfeldern – den Händlern konstruktive Denkanstöße geben. Wir hoffen darauf, dass sie von den Ergebnissen der Studie profitieren, wenn sie sich mit der Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells befassen.“
Zur Zeit gibt es noch rund 7.850 Automobilhandelsunternehmen in Deutschland. Für das Jahr 2025 rechnen die IFA-Experten damit, dass die Zahl auf 4.250 sinkt, das entspräche einem Rückgang um rund 46 Prozent. Das durchschnittliche Verkaufsvolumen dürfte dann bei etwas mehr als 700 Fahrzeugen pro Jahr liegen. Zum Vergleich: heute liegt es in Deutschland bei 390. Demgegenüber verkauft etwa in den USA ein Händler heute im Durchschnitt 880 Einheiten jährlich.
Symptome für die strukturellen Probleme der Branche seien niedrige Renditen und Eigenkapitalquoten sowie eine anhaltend hohe Zahl von Insolvenzen, so IFA-Leiter Professor Willi Diez. „Allein die Quersubventionierung des Neuwagengeschäfts durch den anhaltend profitablen After-Sales-Bereich hat bislang bei den meisten Fabrikaten in Deutschland den vollständigen Zusammenbruch der Vertriebssysteme verhindert.“
Das traditionelle Geschäftsmodell des Automobilhandels basiert auf zwei gegenläufigen Strukturelementen: Auf der einen Seite steht das freie Unternehmertum der Händler, auf der anderen Seite die Systemführerschaft der Automobilhersteller. „Dieses Geschäftsmodell hat so lange funktioniert, wie der Markt gewachsen ist und sowohl Handel, als auch Hersteller ihre Volumenziele und ihre Preise am Markt durchsetzen konnten“, so Professor Diez. „Mit dem Übergang von einem wachsenden in einem stagnierenden Markt mit einem zunehmend intensiveren Wettbewerb haben sich jedoch wesentliche Prämissen und Mechanismen dieses Systems verändert.“
So hat die Etablierung von internetbasierten Neuwagenportalen den Preiswettbewerb in der Branche weiter verschärft. Gleichzeitig haben die so genannten „Push-Zulassungen“, also die Eigenzulassungen von Herstellern und Händlern deutlich zugenommen: Lagen sie im Jahr 2010 noch bei 26,2 Prozent des Gesamtabsatzes, erreichten sie im ersten Halbjahr 2014 knapp 29 Prozent.
Die „Konstruktionsschwäche“ des heutigen Geschäftsmodells, so die IFA-Experten, liege darin, dass der Vertragshändler einerseits das volle Preis- und Absatzrisiko trägt, jedoch andererseits seine Möglichkeiten, die Kosten zu beeinflussen, sehr beschränkt sind. Der größte Kostenblock sind die Anschaffungskosten für Neuwagen, auf die der Händler praktisch keinen Einfluss hat. Auch andere wesentliche Kostenelemente werden durch die Hersteller und ihre verbindlichen Standards – etwa in Sachen Showroom und multimediale Ausstattung – stark mitbestimmt. „Der Handel hat also kaum Möglichkeiten, sich an die veränderten Marktverhältnisse anzupassen, und sieht sich daher wachsenden Existenzrisiken gegenüber“, so Professor Diez.
Die Studie stellt zwei alternative Geschäftsmodelle dar: das Modell eines „integrierten Vertriebs“ und das „Branded-Dealer-Modell“.
Das Modell des integrierten Vertriebs basiert auf einer engen Vernetzung der Verkaufs- und Betreuungsprozesse zwischen dem Hersteller und seinen Händlern. Dabei legt der Hersteller unter anderem im Rahmen einer Jahreszielvereinbarung mit den Händlern eine Zielrendite fest und übernimmt eine Mitverantwortung dafür, dass sie erreicht wird. Dieses Geschäftsmodell trägt der Tatsache Rechnung, dass sich der Erstkontakt mit dem Kunden immer stärker weg vom Autohaus und hin zum Hersteller selbst, etwa auf Webseiten oder in City Stores, verlagert.
Beim Modell des „Branded Dealers“ müssen Händler in ihre eigene Marke investieren und einen hohen Bekanntheitsgrad erreichen. Gleichzeitig müssen sie – sowohl über die klassischen Verkaufswege, als auch im Online-Handel – große Stückzahlen absetzen. „Auf der Basis eines breiten Mehrmarkenportfolios sollte es ihnen dann möglich sein, einen stärkeren Einfluss auf ihre Einkaufspreise zu bekommen“, so der IFA-Leiter. „Letztlich entspricht dieses Geschäftsmodell dem einer klassischen Supermarkt- oder Kaufhauskette. Umsetzbar dürfte dieses Modell vor allem bei eher markenschwachen Fabrikaten sein, die auf eine breite Händlerpräsenz angewiesen sind.“
Die Studie gibt aber auch kleineren Händlern eine Zukunftschance, vor allem im ländlichen Raum. Hier könnten sich zwei Geschäftsmodelle als zukunftsfähig erweisen: der Neuwagenvermittler für größere Händlergruppen, der dafür eine Provision bekommt, und der lokale Mehrmarkenhändler, der in seinem Marktgebiet mehrere Marken bündelt und so deren Präsenz im ländlichen Raum sichert.
Die Studie „Evolution oder Revolution – Neue Geschäftsmodelle im Automobilhandel?“ ist die siebte, die das Institut für Automobilwirtschaft im Auftrag von DEKRA erstellt hat. Sie untersucht anhand verschiedener Szenarien, welche veränderten Geschäftsmodelle für unterschiedliche Arten von Betrieben in Zukunft noch Erfolg versprechen.
„DEKRA ist langjähriger und zuverlässiger Partner des Automobilhandels. Die Herausforderungen, vor denen die Branche insgesamt steht, sind gewaltig“, so Clemens Klinke, Mitglied des Vorstands DEKRA SE und verantwortlich für die Business Unit Automotive. „Mit der aktuellen Studie wollen wir – wie mit den vorangegangenen Publikationen zu anderen Themenfeldern – den Händlern konstruktive Denkanstöße geben. Wir hoffen darauf, dass sie von den Ergebnissen der Studie profitieren, wenn sie sich mit der Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells befassen.“