Feinstaub schädlicher als Stickstoffoxide - Verkehrswende nötig
Durch Fahrverbote wird die Luftbelastung in den Städten nach Einschätzung von Wissenschaftlern nicht wesentlich sauberer, notwendig sei vielmehr eine nachhaltige Verkehrswende. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher zahlreicher Fachgebiete der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die zudem betonen, dass Feinstaub deutlich schädlicher für die Gesundheit als Stickstoffdioxid sei. Nötig sei eine bundesweite ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung und eine nachhaltige Verkehrswende, betonen sie.
Im Streit um Grenzwerte für Stickoxide hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Leopoldina im Januar gebeten, sich mit dem Thema zu befassen. In ihrer Stellungnahme „Saubere Luft ‒ Stickstoffoxide und Feinstaub in der Atemluft: Grundlagen und Empfehlungen“ weisen die Wissenschaftler jetzt darauf hin, dass beim Verkehr vor allem der Ausstoß von Treibhausgasen problematisch ist. Eine Verengung der Debatte zum Gesundheitsschutz auf Stickstoffdioxid sei nicht zielführend, die Anstrengungen zur Luftreinhaltung sollten auf die Verringerung von Feinstäuben konzentriert werden.
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren seien im Straßenverkehr allerdings nicht die einzige Quelle für Feinstaub, der eben auch durch Abrieb von Reifen, Straßenbelag und Bremsbelägen erzeugt werde. Zur Belastung trügen auch Verbrennungsprozesse im Zusammenhang mit Energieversorgung und Haushalt, Landwirtschaft und Industrie bei, und einige dieser Bereiche seien bisher nicht gesetzlich geregelt, führen die Wissenschaftler aus. Was Messungen und die Aufstellung von Messstationen angeht, werden im Sinne der Vergleichbarkeit international einheitliche Bedingungen empfohlen.
„Der Straßenverkehr ist nur eine der Quellen von Luftschadstoffen“, hebt die Untersuchung hervor. Er führe aber neben weiteren Belastungen vor allem zur Emission von Treibhausgasen. Deutschland werde seine internationalen Verpflichtungen zu ihrer Reduktion nur mit einer nachhaltigen Verkehrswende erreichen können, wird in der Stellungnahme betont. Es müssten weitere emissionsarme Formen der Mobilität entwickelt werden. Eine nachhaltige Verkehrswende werde nicht nur zur Minderung verkehrsbedingter Belastungen beitragen, sondern könne auch die Wirtschaft voranbringen.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat zum Thema Luftschadstoffe eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt, ihre Mitglieder kommen aus den Fachgebieten Medizin, Toxikologie, Biologie, Chemie, Epidemiologie, Technik- und Atmosphärenwissenschaften, Statistik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Soziologie, Verkehrsforschung und Materialwissenschaften. Darüber hinaus wurde die Expertise weiterer Fachleute herangezogen.