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Frauenpower in der Logistik

02. Juni 2025 Newsletter
Ruth Pflaum engagiert sich für Frauen in der Logistik. Die Inhaberin von Pflaum Logistik aus Strullendorf machte ihre Karriere im familiengeführten Unternehmen.
Wenn die Kindheit größtenteils im elterlichen Betrieb stattfindet, liegt es nahe, dort ebenfalls beruflich einzusteigen. „Ich habe nicht mit Barbies gespielt, sondern bin die Kehrmaschine im Hof gefahren“, berichtet Ruth Pflaum, Geschäftsleitung und Inhaberin des Logistikdienstleisters Pflaum Logistik mit Sitz in Strullendorf bei Bamberg. Trotzdem wollte sie lange Zeit Hubschrauberpilotin bei der Bundeswehr werden und war mit ihren Eltern Rita und Rainer Pflaum auf Berufsmessen unterwegs, um sich darüber zu informieren.

Ausbildung zur Speditionskauffrau

Nach dem Abitur in England entschied sie sich doch für eine Ausbildung zur Speditionskauffrau, „um erstmal etwas in der Tasche zu haben“. Der Traum von der Bundeswehr verblasste und die Logistik rückte näher. Von 2009 bis 2011 studierte sie an der DAV Bremen und lernte die Branche tiefer kennen. „Danach ging es für mich richtig los“, sagt Pflaum im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell. Sie entwickelte für Pflaum Logistik Ideen und durfte vieles umsetzen. „Ich liebe die Herausforderung“, sagt die 38-Jährige.

Als junge Frau im Familienunternehmen

Eine Herausforderung war es, sich als junge Frau im Familienunternehmen zu beweisen. „Ich wollte nicht die ,Tochter von‘ sein“, so Pflaum. In Familienunternehmen in die Fußstapfen der Eltern zu treten, sei schwerer, als in einem externen Betrieb einzusteigen. „Ich musste mir Respekt erarbeiten und mich durch Kenntnisse beweisen.“ Als Schlüsselerlebnis beschreibt sie den Moment, als ein langjähriger Mitarbeiter sie nach einem Gespräch nach ihrer Meinung fragte. Ab diesem Zeitpunkt fühlte sie sich als Chefin angenommen.
Mittlerweile steht sie seit neun Jahren gemeinsam mit den beiden Geschäftsführern Norbert Fehn und Matthias Schellenberger an der Unternehmensspitze. Die beiden kannten sie schon als Kind, das Verhältnis ist eng und vertrauensvoll. Ihre Aufgaben lassen sich kurz in drei Worten zusammenfassen: „Planung, Steuerung, Kontrolle.“ Zu ihrer Herzensaufgabe ist das Engagement für Frauen in der Logistik geworden.

Vizepräsidentin des Landesverbands Bayerischer Spediteure (LBS)

Seit mehr als zehn Jahren gehört sie dem Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS) an, ist Vorsitzende des Fachausschuss Berufliche Bildung und seit Juli 2021 die erste Vizepräsidentin des Verbands. „Das ist erstmal klasse“, sagt Pflaum. Sie würde sich allerdings mehr Frauen in Verbänden und in der Logistikbranche generell wünschen. Wobei in den vergangenen Jahren schon mehr Frauen hinzugekommen sind. „Als ich bei Pflaum begonnen haben, waren Frauen noch klar in der Minderheit.“ Doch häufig wollen Mädchen und Frauen laut Pflaum nichts mit Gabelstaplern und Co. zu tun haben. Eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement könnten sie sich vorstellen, eine zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung weniger.

Logistik ist weiblich

Im Beirat von „Logistik ist weiblich“, einer Initiative der Logistik Initiative Bayern und dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, setzt sie sich daher für mehr Chancengleichheit, attraktivere Arbeitsplätze und Entwicklungspotenziale ein. Jedes Jahr zeichnet die Initiative Unternehmen, Engagement oder Projekte aus, die die Logistikbranche weiblicher machen. 2023, als der Preis zum ersten Mal in der Kategorie „Karriere“ verliehen wurde, erhielt sie ihn selbst.

Berufskraftfahrerinnen sind bei Pflaum Logistik willkommen

„Frauen stellen ihr Licht oft unter den Scheffel“, sagt Pflaum. Sie würden sich eher zurückhalten als Männer und weniger selbstbewusst auftreten. Das möchte sie gerne ändern. Genauso wie den Frauenanteil im eigenen Unternehmen. „Im gewerblichen Bereich lautet das gängige Vorurteil, dass Frauen nicht so stark wie Männer sind“, sagt Pflaum. Im kaufmännischen Bereich seien die Unterschiede nicht so groß: „Da zählt vor allem die Leistung.“ Für die unternehmenseigene Werkstatt wünscht sie sich weibliche Mitarbeitende und mehr Berufskraftfahrerinnen sind ebenfalls willkommen. In den meisten Fällen handle es sich um Mitarbeiterinnen, deren Väter bereits Lkw fahren oder gefahren sind.

Azubis betreiben TikTok-Kanal

Um potenzielle Bewerberinnen und Bewerber anzusprechen und um über das Unternehmen zu informieren, ist Pflaum Logistik auf Social Media aktiv. Bei den jungen Menschen ziehe vor allem TikTok, darüber konnten schon Auszubildende rekrutiert werden. Den Kanal betreiben die Azubis selbst. „Noch mehr junge Leute sollten den Weg zu uns finden“, sagt Pflaum. Im Familienunternehmen arbeitet mittlerweile die dritte Generation, die Nachfolge könnte also gesichert sein.
Auch um den folgenden Generationen eine grünere Welt zu hinterlassen, hat sich Pflaum Logistik schon früh im Bereich Nachhaltigkeit engagiert. „Wir waren sofort beim Thema CNG und LNG dabei“, sagt Pflaum. An den Pflaum-Standorten Strullendorf, Speyer und Queis stehen bereits drei öffentliche LNG-Tankstellen. Vor rund drei Jahren hat sich das bayerische Unternehmen eigene Elektro-Lkw angeschafft. Mittlerweile sind es neun, weitere sollen hinzukommen. Insgesamt zählt der Fuhrpark rund 1.000 eigene Fahrzeuge, alle sind in Deutschland zugelassen.

Eigener Ladepark für E-Lkw

Die E-Lkw sind beispielsweise in der Lebensmitteldistribution auf kurzen Distanzen – zum Beispiel zwischen dem Hauptsitz in Strullendorf und Regensburg – unterwegs und laden vor allem in Strullendorf. Dort befinden sich im eigenen E-Ladepark neun Ladepunkte. Deren Anzahl soll ebenfalls steigen. Neben der Lebensmitteldistribution zählen Schaumstofftransporte als Nische zum Portfolio. In sogenannten Doppelpressaufliegern, deren Dach sich hoch- oder herunterfahren lässt, wird der Schaumstoff komprimiert transportiert. Der Prozess ist bei TikTok dokumentiert. In einem anderen TikTok-Video fährt und putzt eine Auszubildende einen Lkw. Spaßeshalber und im TikTok-Style trägt sie dazu High Heels: Logistik ist eben weiblich.
Übrigens: Unter dem Motto „Liebe Logistiker:innen – Wir müssen reden!“ veranstaltet die Initiative LogWorkPINK am Donnerstag, 5. Juni, von 10.30 Uhr an eine Panel-Diskussion auf der Messe transport logsitic (Halle A1, Stand 236). Mit von der Partie ist unter anderem die Unternehmerin Ruth Pflaum.