Gesamtbetriebskosten: E-Lkw schneiden besser ab als Verbrenner

06. Okt. 2022 Newsletter / Fahrzeug & Technik
Ab 2025 schneiden Elektro-Lkw bei den Gesamtbetriebskosten besser als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab. Das geht aus einer PwC-Studie hervor.
Als „Dämmerung“ bezeichnet eine neue Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, die Elektrifizierung des Lkw-Geschäfts. Fast jeder dritte neuzugelassene Lkw in Europa, Nordamerika und im Großraum China werde demnach im Jahr 2030 elektrisch angetrieben werden, schon 2025 sollen E-Lkw die Verbrenner bei den Betriebskosten überholt haben.
„Die energiepolitische Zeitenwende treibt wie bei Pkw auch bei Lkw die Antriebswende. Der Wunsch nach Unabhängigkeit und gewachsenes Vertrauen in elektrische Antriebe beflügeln die Lkw-Branche. Die regulatorischen Vorgaben zur Emissionsreduzierung haben nicht nur enorme Sprünge beim Antriebsstrang erfordert, sondern machen auch Fortschritte bei Ladekonzepten notwendig“, sagt Dr. Christian Foltz, Co-Autor der Studie und Partner bei Strategy& Deutschland.
Vier Technologien für die Karbonisierung des Güterverkehrs gibt es laut der Studie, nur zweien geben die Autoren eine Zukunft: batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) sind demnach besonders im Rennen, gefolgt von Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge (FCEV) - weil man sich, anders als beim Pkw, beim Lkw nicht nur auf BEV-fokussieren wolle und gewillt sei, in das Thema Wasserstoff zu investieren. Die Wettbewerbsfähigkeit von Oberleitung-Lkw und E-Fuels hingegen sei fragwürdig.
Bald bessere Betriebskosten bei BEV
Beim Kaufpreis werden die emissionsfreien Fahrzeuge auch in Zukunft über den Verbrennern liegen, aber bei den Betriebskosten (Total Cost of Ownership, TCO) sehen die Berater bereits ab 2025 die BEV an den Diesel-Lkw vorüberziehen; bis 2030 sollen sie sogar einen Kostenvorteil von etwa 30 Prozent haben. E-Lkw mit Brennstoffzelle werden voraussichtlich ab 2030 wettbewerbsfähig sein.
Als Hauptgründe führt die Studie die extremen Preissprünge bei fossilen Kraftstoffen, langfristig steigende CO2-Steuer sowie durch Skaleneffekte erzielte Kostenreduktionen bei Batterie auf, außerdem die geringeren Wartungskosten elektrischer Antriebe im Vergleich zu Dieselmotoren. Gleichzeitig hängen die TCO stark von zukünftigen Strompreisen und regulatorischen Anreizen ab, etwa der Neugestaltung der Lkw-Maut ab Mai 2023.
In 30 Minuten Strom für 400 Kilometer
Eines ist aber laut der Pwc-Studie unabdingbar: ein schneller Ausbau der Ladungsinfrastruktur. An Megawatt-Ladesäulen (Megawatt Charging System, MCS) können demnach BEV schon in 30 Minuten genug Strom für 400 Kilometer erhalten. In Kombination mit Ladepunkten, an denen E-Lkw zusätzlich über Nacht laden können, können laut der Studie perspektivisch ganze Ladeparks an Autobahnen entstehen.
Eine Milliarde für die Infrastruktur in Europa - kurzfristig
Allerdings müssten dafür jetzt die notwendigen Investitionen getätigt werden. Ein Autobahnladepark mit sechs Megawatt-Ladesäulen und 34 Übernacht-Ladepunkten kommt dabei auf etwa 8,5 Millionen Euro Kosten. Allein in Europa müssten etwa 1,4 Milliarden Euro investiert werden, um ein erstes flächendeckendes Netz mit 120 MCS für Batterieantriebe bis 2025 sowie bis 2027 mit etwa 70 Wasserstofftankstellen (Hydrogen Refueling Stations, HRS) aufzubauen.
Weil die Zahl emissionsfreien Fahrzeuge steige, rechnen die Berater langfristig mit weitaus höheren Investitionen. Wolle man ein belastbares Infrastrukturnetz aufbauen, seien bis 2035 rund 15 Milliarden Euro für den Bau von mindestens 1.800 MCS sowie 21 Milliarden Euro für etwa 2.100 HRS zu veranschlagen.
Neue Geschäftsmodelle entstehen
„Die Transformation nimmt derzeit enorm an Fahrt auf. Das wird der Lkw-Branche einiges abverlangen, bietet aber gleichzeitig riesige Wachstumschancen“, sagt Dr. Jörn Neuhausen, Co-Autor der Studie und Director bei Strategy& Deutschland. „In Zukunft werden an etlichen Stellen des Lebenszyklus eines E-Lkws neue Geschäftsfelder entstehen, die für etablierte, aber auch neue Marktteilnehmer interessant sein können.“