Der Gotthard-Basistunnel bleibt hinter den Erwartungen zurück
Das Jahrhundertbauwerk durch die Schweizer Alpen, der Gotthard-Basistunnel, erfüllt die hohen Erwartungen des Güterverkehrssektors derzeit nicht. Ein Grund dafür ist, dass Deutschland den Ausbau von Überholgleisen nicht vorantreibt, außerdem gibt es nach wie vor keine international abgestimmte Trassenplanung, sagte der Verwaltungsratspräsident des Kombi-Operateurs Hupac, Hans-Jörg Bertschi, in Luzern. In den kommenden vier Jahren stehen dem kombinierten Verkehr durch die Schweiz zusätzlich schwere Zeiten bevor, weil Bauarbeiten auf der Gotthardachse mit der Sperrung der Luino-Strecke zu deutlichen Kapazitätseinschränkungen führen werden.
Der Zugverkehr durch den Gotthard-Tunnel an sich verläuft reibungslos. Das reicht aber nicht. Der Fahrplan ist noch der gleiche wie vor seiner Eröffnung, denn die Verknüpfung der Netze der verschiedenen Bahnen dauert länger als gedacht. Im kommenden Jahr sei hier noch keine Änderung zu erwarten, sagte Bertschi. „Jeder hat die Komplexität unterschätzt.“ Kürzere Fahrtzeiten - Fehlanzeige. „90 Prozent des möglichen Zeitgewinns verpufft durch Warten“, sagte er. Hier werde eine politische Initiative gebraucht, die Bahnchefs müssten sich einigen. Impulsgeber sei dabei die im Tunnel benötigte Taktung.
An ein Wachstum von fast 20 Prozent wie im vergangenen Jahr ist bei der Hupac wohl erst einmal nicht mehr zu denken. In den kommenden vier Jahren wird der Vier-Meter-Korridor über Luino fertiggestellt und ist für den Rest des Jahres und dann bis 2020 jährlich für drei Monate gesperrt. Damit die Produktivität auf dem Güterverkehrskorridor Rotterdam-Genua besser wird, müssten hier zusätzlich zum erweiterten Profil Züge mit 740 Metern Länge, 2.000 Tonnen Gewicht und einer Lok verkehren.
Doch in Deutschland und auch in Belgien gibt es weiterhin Einschränkungen bei der Zuglänge, Italien hinkt beim Gewicht hinterher. In Deutschland würden die notwendigen Korridor-Parameter bis 2020 nicht erfüllt, kritisierte Bertschi. Die Verlängerung der Gleise für längere Züge sei nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden. Das habe auf der gesamten Achse Produktivitätsverluste in Höhe von sieben Prozent zur Folge. In der Schweiz müsse man sich Gedanken über die ungewöhnlich hohen Trassenpreise machen, die doppelt so teuer seien wie beispielsweise in Deutschland. „Sonst könnten Verkehre in Richtung Straße zurückwandern“, warnte Bertschi. Gebraucht werde ein Trassenpreis für den gesamten Korridor, berechnet in Euro.
Auch die Digitalisierung und ihre großen Fortschritte im Straßentransport seien eine große Herausforderung für die Schiene. „Wir verlangen viel mehr Offenheit von der Bahnseite“, betonte Hupac-Chef Bernhard Kunz. Die Bahnen müssten Daten freigeben, damit die Kunden wüssten, wo und wann ihre Ware ankommt. Wer hier künftig nicht mitspiele, werde nicht mehr vorrangig behandelt. Bei der Hupac wird damit gerechnet, dass die Straße in den kommenden zehn Jahren ihre Produktivität durch Platooning, automatisiertes Fahren oder Uber-ähnliche Plattformen um 25 bis 30 Prozent steigern kann.