Hessen: blockierte Parkplätze

13. Jan. 2021 Newsletter / Transport & Verkehr / Recht & Steuern
Die Polizei Nordhessen hat Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Halter von 80 osteuropäischen Sattelzügen eingeleitet. Über den Jahreswechsel 2020/21 hatten sie den Lkw-Parkplatz der Raststätte Kassel-Ost für andere Verkehrsteilnehmer blockiert. Auch ein Bußgeld von 500 Euro pro Lkw wäre nach Ansicht eines Verkehrsrechtsprofessors möglich.
Jeden Januar steht die Frage im Raum, ob die Flotten aus Osteuropa die Lkw-Parkplätze der bundesdeutschen Autobahnen über einen längeren Zeitraum legal nutzen dürfen. Mieten die Halter von Glieder- oder Sattelzügen einen kostenpflichtigen Stellraum etwa privater Autohofbetreiber oder stellen ihre Trailer, wie beispielsweise Amazon in der Zeit der Geisterspiele der Fußballbundesliga auf dem Parkgelände eines Fußballvereins ab, gibt es daran nichts zu beanstanden. Anders ist es auf dem öffentlichen Parkraum entlang der Autobahnen.
Die Polizei Nordhessen macht Ernst
Nun hat die Polizei in Nordhessen Ernst gemacht. Zwei Firmen aus Polen und Rumänien hatten seit mehr als zwei Wochen mit einmal 60 und einmal 20 Lastwagen fast die Hälfte der insgesamt 181 Lkw-Stellplätze auf der Tank- und Rastanlage Kassel-Ost an der A 7 blockiert, wie auch eine Aufnahme per Drohne der Polizei zeigt. Erst in der Nacht zu Dienstag sind die Sattelzüge von den Lkw-Fahrern wieder abgeholt worden, wie ein Sprecher der Polizei nun auf Nachfrage des Fachmagazins eurotransport.de bestätigt. „Diese Blockade über einen längeren Zeitraum hat dazu geführt, dass andere Lkw-Fahrer, die bereits seit Anfang Januar unterwegs waren und natürlich ihre Ruhezeiten einhalten mussten, nicht genügend Parkmöglichkeiten hatten“, so der Sprecher. „Die Kollegen der Autobahnpolizei haben sich jetzt die Nummernschilder der polnischen und rumänischen Lkw aufgeschrieben und in 80 Fällen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.“
Unerlaubte Sondernutzung
„Es handelt sich hier meiner Meinung nach um eine sicherlich unerlaubte und daher gebührenpflichtige sowie ordnungswidrige Sondernutzung gemäß Paragraf 8 Abs. 1 des Fernstraßengesetzes (FStrG) in Verbindung mit Paragraf 23 Abs. 1 Nr. 1 FStrG“, bestätigt auf Nachfrage Prof. Dr. jur. Dieter Müller, Professor für Verkehrsrecht mit Verkehrsstrafrecht an der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg/Oberlausitz. „Diese Praxis geht deutlich über den Gemeingebrauch, also die übliche Nutzung, hinaus. Zwar darf grundsätzlich bis zu 14 Tage innerhalb des Gemeingebrauchs geparkt werden, aber darum ging es in diesem Fall in Kassel offensichtlich nicht. Denn hier wurde ein öffentlicher Verkehrsraum zweckentfremdet und als Stellraum zweier Speditionen kostenfrei genutzt. Dafür werden die Autobahnparkplätze jedoch gerade nicht vorgehalten.“ Für jedes einzelne Fahrzeug könne laut Prof. Müller gemäß Paragraf 23 Abs. 2 FStrG ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro festgesetzt werden.
Anzeigen gehen an die Autobahngesellschaft
Die Anzeigen gehen nun an die neu gegründete bundeseigene Autobahn GmbH, die seit dem 1. Januar auch für die Planung, den Bau und den Betrieb von Stellplätzen auf dem Gelände der jeweiligen Anlagen von Tank & Rast verantwortlich ist. Auf Anfrage wollte sich bislang niemand dazu äußern. Die zuständige Autobahnpolizei behält sich vor, bei der nächsten Schwerlastkontrolle an der A 7 bei jedem der Gespanne von der Rastanlage Kassel anhand der notierten Kennzeichen auch zu überprüfen, ob die Fahrer ihre Ab- und Anreise gemäß Artikel 9 Absatz 3 der VO 561/2006 ordnungsgemäß im digitalen Tacho nachgetragen und vor der Weiterfahrt eine entsprechende Ruhezeit eingelegt haben.