Initiative: mehr Güter auf die Schiene
In einer bislang einmaligen konzertierten Aktion bündeln Vertreter des Straßen- und Schienentransports ihre Kräfte, um den Kombinierten Verkehr (KV) zu stärken. Triebfedern hinter dieser Initiative sind die Güterbahn DB Cargo, der Intermodalspezialist Kombiverkehr und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Die drei Akteure eint die Mission, mehr Güter auf die Schiene zu bringen. Das Vorhaben erfolgt sowohl als Reaktion auf den Klimawandel und die anspruchsvollen Minderungsziele für den Verkehr als auch als Antwort auf strukturelle Probleme des Straßengüterverkehrs wie den Fahrermangel oder die Einsatzzeiten. Fahrer, die Vor- und Nachläufe im Kombinierten Verkehr ausführen, sind in der Regel abends zu Hause.
DB Cargo-Chefin Nikutta: Beitrag zum Klimaschutz
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des Schienengüterverkehrs am Modal Split bis zum Jahr 2030 auf ein Viertel zu steigern. Festgehalten ist das Ziel im Schienenpakt, den das Bundesverkehrsministerium im Sommer vorgestellt hat. „Die gemeinsame Initiative ist ein entscheidender Hebel, um dieses Ziel zu erreichen“, erklärt Dr. Sigrid Nikutta, Vorstand für Güterverkehr bei der Deutschen Bahn und Vorstandsvorsitzende von DB Cargo, im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell. „Das ist eine Frage des Wollens.“ Die Selbstverpflichtung der drei Akteure ist für sie von hoher Bedeutung – weil es sich nicht um Lippenbekenntnisse handle, sondern um einen echten Willen zur Verlagerung. Entsprechend groß ist für Nikutta das Potenzial in der gesamten Branche.
Kombiverkehr-Chef Riedl: Mehr Aufkommen für Schiene
„Mit dem größtem europäischen Netzwerk für Spediteure und Transporteure unterstützen wir die gemeinsame Initiative mit DB Cargo und BGL, die zum Ziel hat, mehr Aufkommen für den Kombinierten Verkehr zu gewinnen“, betont auch Armin Riedl, Geschäftsführer von Kombiverkehr.
Um das Potenzial abzuschätzen, hat der BGL eine Studie in Auftrag gegeben, die ermitteln soll, welche bestehenden Mengen aus dem Markt verlagerbar sind und wie die Bahn diese überhaupt bewältigen und nach Kundenanforderungen abwickeln kann. „Das ist für uns eines unserer Top¬themen“, betont BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell.
Sowohl in der Frankfurter BGL-Zentrale als auch in den Landesverbänden treten die Projektverantwortlichen mit den Unternehmen in den Dialog, um ihr Interesse an der Schiene und den möglichen Relationen auszuloten. Dutzende Betriebe seien bereits abtelefoniert worden.
BGL: Es geht auch um die Vor- und Nachläufe
Dabei geht es nicht nur um Sendungen für die Hauptläufe, sondern auch um das Interesse an der Übernahme von Vor- und Nachläufen. „Vorlauf durch den BGL, Hauptlauf durch DB Cargo/Kombiverkehr und Nachlauf wieder durch den BGL“, bringt es Engelhardt auf eine einfache Formel.
Der Verbandsmann kann sich die Kooperation in größerem Rahmen vorstellen und will auch die europäischen Partnerverbände einbinden. So könnte etwa ein Mitglied des französischen FNTR, mit dem der BGL in Brüssel eine Bürogemeinschaft unterhält, zum Beispiel in Lyon den Vor- oder Nachlauf für ein BGL-Unternehmen organisieren – und umgekehrt.
Damit nicht genug: „Uns sind auch die Flaschenhälse an den Terminals bekannt, zum Beispiel in München“, sagt Engelhardt. Er will prüfen, ob Unternehmer mit entsprechenden Logistikflächen in der Nähe Kapazitäten bereitstellen können, um zu puffern und die Situation in den Terminals zu entschärfen.
Für den BGL ist es auch wichtig, dass die Bahnangebote für seine Mittelständler niederschwellig sind. Die Konzerne hätten große Pools an Wechselbehältern, ein Pendant müsse man auch für den Mittelstand aufbauen, der nicht zwingend über bahnfähiges Equipment verfüge. Ein Partner-Verzeichnis über die Akteure im Vor- und Nachlauf sei ebenfalls unabdingbar. Bei seinem früheren Arbeitgeber hatte Engelhardt jährlich sechs Millionen Tonnen Güter zu bewegen, die größtenteils über Straße und Wasserstraße gingen – unter anderem, weil man keinen Empfangsspediteur an einem möglichen Zielterminal hatte.
Initiative zur Verlagerung könnte noch dieses Jahr starten
Was den Zeitplan angeht, macht sich das Trio keinen Druck, liebäugelt aber mit einem Start noch in diesem Jahr. Flankiert werden sollen die ersten Verladungen dann mit einem Schienengüterverkehrsgipfel, den die drei Partner zusammen ausrichten wollen.
Für DB Cargo passt die Zusammenarbeit mit Mittelständlern aus dem BGL-Netzwerk auch gut in die neue Strategie, die Nikutta im September vorgestellt hatte und die einen Ausbau der Aktivitäten im Bereich der Bahnlogistik vorsieht. Dazu bauen die Verantwortlichen bei der Güterbahn auf den Austausch mit Speditionen innerhalb eines offenen Partnernetzwerks.
„Dazu passt der Pilot mit dem BGL ideal“, erklärt die DB-Cargo-Chefin. „Wichtig ist mir, dass wir offen für weitere Partner sind“, sagt sie. „Unsere Kunden sind extrem vielfältig, diese Vielfalt muss auch unser Netzwerk widerspiegeln.“ BGL-Chef Engelhardt hält dies für das richtige Signal. „In unserer neuen Partnerschaft können wir das breite Spektrum des Markts bedienen und Ladung aus allen Segmenten im Kombinierten Verkehr bewegen“, sagt er.