Iveco-Chef Gerrit Marx: Der Fahrer-Job bleibt

01. Feb. 2022 Newsletter / Transport & Verkehr
Gerrit Marx, CEO der Iveco Group, rückt beim Thema automatisiertes Fahren den Fahrer in den Fokus. Trotz des Trends zur Automatisierung und neuer Systeme in der Lkw-Kabine bedeutet das nicht, dass der Fahrer überflüssig wird und sich der Truck fahrerlos bewegt. Das hebt Marx gegenüber dem Fachportal eurotransport.de hervor.
„Ich kann vor Spekulationen darüber, ob der Fahrer eines Tages überflüssig wird, nur warnen“, sagt er. Seiner Ansicht nach wäre es „die größte Dummheit“, Fahrer aus der Kabine verbannen zu wollen. „An Fantasien von vollautonomen Lkw herumzuspinnen, die nicht realisierbar sind und eine ganze Generation von Fahrern aufschrecken, ist sozialer wie wirtschaftlicher Unsinn“, erklärt Marx und wird noch deutlicher: „Die Vernichtung von Millionen Fahrer-Arbeitsplätzen in Europa ist weder ein Geschäftsmodell noch realisierbar.“
Iveco-CEO Marx: Mensch am Steuer nicht ersetzbar
Der Mensch am Steuer sei nicht ersetzbar, erklärt der Iveco-Manager. „Er ist der Technik weit überlegen.“ Schaue man sich die Funktionalitäten von Lidar und Radar genauer an, habe man schon mit zerplatzten Fliegen auf den Sensoren zu kämpfen, die deren Wirkung einschränkten. „Jetzt kommen noch Gefahren durch mögliche Cyber-Angriffe hinzu“, warnt der 46-Jährige. Er appelliert dringend an die Branche, angesichts der Fahrerknappheit über andere Lösungsansätze nachzudenken – über eine faire Bezahlung und vernünftige Arbeitskonditionen. „Das ist zielführender.“
Technisch sei es im Übrigen bislang noch niemandem gelungen, im Güterverkehr auf Stufe 5 der Automatisierung zu fahren – also wirklich fahrerlos. Abgesehen von Einsätzen mit festen Regeln zum Beispiel in Flughäfen, Minen oder mit einem Peoplemover in Innenstädten gebe es keine Stufe 5. „Da ist immer ein roter Knopf, um alles zu stoppen, wenn es bei geringer Geschwindigkeit doch schieflaufen sollte.“ Die Rechenleistungen, um diese Komplexität zu beherrschen, sind nach Marx Einschätzung nicht wirtschaftlich darstellbar. „Das gilt übrigens auch für den Pkw.“
Was laut dem Iveco-CEO dagegen sehr wohl funktioniert, ist das automatisierte Fahren auf den Stufen 2, 2 plus und 3 bis hin zu 4. Der Fahrer ist dann aber immer in der Kabine. Und auch Iveco wird seine Aktivitäten hier weiter vorantreiben. Erst kürzlich kündigte der Fahrzeugbauer eine Zusammenarbeit mit dem US-Start-up Plus an. „Wir werden Anwendungen bis Stufe 4 entwickeln, die perspektivisch ab 2024 möglich sein sollen“, berichtet Marx. Die Systeme würden sich zu sehr ausgeklügelten Assistenten entwickeln, die den Fahrer unterstützten und den Beruf noch attraktiver machten. Stufe 4 werde einen Autopilot-ähnlichen Charakter bekommen. „Hands off, Eyes off“ sei dann möglich, aber niemals „Brain off.“