Letzte Meile: Das Paket kommt mit der Stadtbahn

08. März 2021 Newsletter / Transport & Verkehr
Paketzustellung per Straßenbahn – das Verbundprojekt LogIKTram der Hochschule Offenburg ist zum 1. März gestartet. Ein Konsortium mit der Frankfurter University of Applied Sciences stellt ein eigenes Whitepaper vor.
Den Güterverkehr der vorletzten und letzten Meile von der Straße zu verlagern und die Straßenbahn einzusetzen: Das sieht das Verbundprojekt LogIKTram vor, an dem die Hochschule Offenburg beteiligt ist. Ein anderes Konsortium, an dem unter anderem das Research Lab for Urban Transport der Frankfurter University of Applied Sciences mitmacht, stellt seine eigene Idee in einem Whitepaper vor.
Logistiker nehmen als potenzielle Nutzer am Projekt teil
Die Hochschule Offenburg hat renommierte Namen um sich versammelt: das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), DB Engineering & Consulting, das FZI Forschungszentrum Informatik sowie die Unternehmen MARLO Consultants, SimPlan, INIT und Thales Deutschland und die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) als Konsortialführung. Ihr Ziel ist eine Informations- und Kommunikationstechnologie-Plattform (IKT-Plattform) und ein fahrzeugtechnisches und logistisches Konzept für eine „Gütertram“ auf der Basis der Karlsruher Zweisystem-Stadtbahn. Mehrere Logistikdienstleister sind als potenzielle Nutzer auch in das Projekt eingebunden.
2,75 Millionen Euro Fördergelder
Dafür erhält das auf drei Jahre angelegte Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) insgesamt rund 2,75 Millionen Euro Fördergelder – auch deshalb, weil LogIKTram ein grundlegendes Teilprojekt der Initiative regioKArgo, einem ganzheitlichen Logistikprojekt für Karlsruhe und die Region, ist.
Erster Schritt soll die Entwicklung gewerblicher Logistik- und Betreiberkonzepte sein. Die Anforderungen daraus werden an eine IKT-Plattform sowie an die technische Infrastruktur und deren Umsetzung (Anforderungen an Fahrzeuge, Fahrweg, Lade- und Umschlagtechnik) formuliert und in das Design einer neuen IKT-Plattform überführt, und zwar durch Studierende der Hochschule Offenburg gemeinsam mit DB Engineering & Consulting und Marlo Consultants. Dann werden die wesentlichen Komponenten der Plattform prototypisch implementiert.
Das technische Konzept der Transport-Tram wird am Institut für Fahrzeugsystemtechnik (FAST) des KIT entwickelt. Als Basis dient ein Fahrzeug der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), das danach speziell für die Anforderungen des Transports von Gütern angepasst und als erstes Demonstrationsobjekt getestet werden soll. Im Rahmen von regioKArgoTramTrain sollen dann die weiteren Voraussetzungen geschaffen werden, damit die neue Bahn auch im Realbetrieb in der Region eingesetzt werden kann. Das Institut für Verkehrswesen des KIT untersucht derweil die Auswirkungen auf den Straßen- und Schienenverkehr.
Intermodale Logistikkette im urbanen Raum
Die Autoren des Whitepapers „Intermodale Logistikkette im urbanen Raum“ setzen ebenfalls auf die Straßenbahn für die letzte Meile, zusätzlich aber auf einen standardisierten Container und Lastenräder.
Sendungen werden in rollbaren Container transportiert
Die Lieferkette auf der letzten Meile würde dann folgendermaßen aussehen: In einem Cityhub am Stadtrand werden Sendungen für die Innenstadt in kompakte, standardisierte und rollbare Container mit zwei Kubikmeter Ladevolumen verladen. Die Container werden in umgebauten Schienenfahrzeugen wie Straßenbahnen oder S- und U-Bahnen verladen und an diversen Haltestellen in der Innenstadt entladen. Von dort aus übernehmen 25 km/h schnelle E-Cargobikes mit bis zu 60 Kilometer Reichweite die Container zur Feinverteilung an die Empfänger.
Dreistufige Lieferkette spart Kosten und 60 Prozent der Emissionen
Mithilfe dieser dreistufigen Lieferkette könnten etwa am Beispiel von Frankfurt bis zu 80 Prozent der innerstädtischen Lieferungen realisiert werden und dabei im Vergleich zum bisherigen einstufigen System, das allein auf reguläre Lieferfahrzeuge setzt, rund zehn Prozent der Kosten und mehr als 60 Prozent der Emissionen gespart werden, so die Berechnungen, die von Porsche Consulting anhand von Simulationen angestellt wurden. Weitere Partner hinter dem Whitepaper sind der Energieausrüster Inno-Energy, die Industriegruppe Hörmann, die Innovationsberatung EURA, der Paketdienstleister Hermes Germany, das Research Lab for Urban Transport der Frankfurter University of Applied Sciences und der Lastenradhersteller Onomotion.
„Ohne Stau in die Stadt“ – was laut Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, Direktor des Research Lab for Urban Transport, für Berufspendler gilt, müsse für Güter nicht falsch sein: Die Straße ist nicht der einzig richtige Weg in die Städte.
Beim Beispiel Frankfurt, mit einem täglichen Frachtvolumen von 14.500 Paketen für die innerstädtischen Bezirke, könnten demnach 80 Prozent, also rund 11.600 Pakete, per Cargo Tram und E-Lastenrad ausgeliefert werden. Nur noch 20 Prozent oder rund 2.900 Lieferungen müssten demnach aufgrund der Größe und des Gewichts der Sendung auf dem traditionellen Weg zugestellt werden. Alle im Rahmen des Projekts befragten Paketdienstleister haben eine Mitarbeit zugesagt.