Lieferketten werden durch Ukraine-Krieg belastet

07. März 2022 Newsletter / Transport & Verkehr
Mit der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie schien erstmals ein kleiner Lichtblick am Horizont für die angeschlagenen Lieferketten in Sicht zu sein. Stattdessen aber erleben sie durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine einen weiteren Schock. Speditionen kämpfen mit den Einschränkungen von Containerverkehren auf See. Die weltweiten Luftfrachtkapazitäten sinken um 20 Prozent.
„Durch die Ukraine-Krise sind die ohnehin unter Stress stehenden globalen Lieferketten noch anfälliger geworden“, sagt der Hauptgeschäftsführer des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik, Frank Huster. Die politische Eskalation führe zu einer gegenseitigen Sperrung europäischer und russischer Häfen für Schiffe des jeweils anderen Wirtschaftraums. „Maritime Lieferketten sind kaum noch planbar und werden auch drohende Einschränkungen des asiatisch-europäischen Schienengüterverkehrs nicht auffangen können“, führte er aus.
Luftfracht verliert 20 Prozent Kapazität
„Durch die Sperrung des russischen Luftraums sinken die weltweiten Luftfrachtkapazitäten um bis zu 20 Prozent“, sagte der Verbandschef. Noch sei der europäische Straßengüterverkehrsmarkt nicht spürbar betroffen. Ob es auch hier zu einer weiteren Verknappung von Laderaum kommt, werde abhängen von den Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen auf die von Industrie und Handel maßgeblich geprägte Güterverkehrsnachfrage und von der Verfügbarkeit osteuropäischer Transport- und Fahrerkapazitäten.
Es fehlen die ukrainischen und belarussischen Fahrer
Hier wird sich bemerkbar machen, dass ukrainische Fahrer in ganz Europa unterwegs sind. Sie arbeiteten überwiegend bei polnischen und litauischen Transportunternehmen oder Speditionen, sagte Martin Bulheller, Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). „Jeder dritte Lkw-Fahrer, der für polnische Transportunternehmen oder Speditionen im internationalen Verkehr unterwegs ist, kommt nach Angaben unseres polnischen Schwesterverbandes aus der Ukraine. In Litauen dürfte der Anteil mindestens ebenso groß sein“ führte er aus.
Der Fahrermangel verschärft sich
Auf Deutschland heruntergebrochen bedeuten diese Zahlen, dass 2021 in mindestens sieben Prozent der in Deutschland eingesetzten Lkw ukrainische Fahrer hinter dem Steuer saßen. Das sei angesichts der aufgrund des europaweit grassierenden Lkw-Fahrermangels hochgradig angespannten Personalsituation eine nicht zu vernachlässigende Größe, sagte Bulheller. „Allein in Deutschland fehlen 60.000 bis 80.000 Lkw-Fahrer.“
Erste Transporte abgesagt
Es werde berichtet, dass osteuropäische Transportunternehmen erste Transporte verschieben oder absagen mussten, unterstreicht Bulheller. Inwieweit sich die kriegsbedingte Situation der ukrainischen und belarussischen Fahrer auch auf die Versorgungssituation in Deutschland auswirken werde, lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. „Das Frühjahr ist traditionell Hochsaison für die Logistik“, gibt Huster zu bedenken. Die Bewältigung des Sendungsaufkommens könne zur Herkulesaufgabe vieler Speditionshäuser werden.