Lkw-Maut in Belgien eingeführt

04. Apr. 2016
Die Einführung der entfernungsabhängigen Maut in Belgien für Lkw ab 3,5 Tonnen bereitet offenbar Probleme. Darauf haben mehrere europäische Straßentransportverbände hingewiesen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) geht davon aus, dass seine Mitglieder „erhebliche finanzielle Einbußen“ haben werden. Viele der ausgelieferten On-Board-Units seien nicht betriebsbereit oder den Unternehmen nicht pünktlich zugestellt worden, berichtet der BGL. Am 1. April, dem Tag der Einführung der Maut, hatte es erhebliche Rückstaus an den belgischen Grenzen gegeben.
Wer die Maut nicht zahlt, muss mit Bußgeldern bis zu 1.000 Euro rechnen. Deshalb hat der BGL seinen Mitgliedern nahegelegt, die Betreibergesellschaft Satellic anzurufen, wenn die OBU nicht funktioniert -auch wenn damit möglicherweise Wartezeiten verbunden seien. Zu einer Fahrt durch Belgien mit nicht eingebuchter OBU könne keinesfalls geraten werden. Französische, holländische und spanische Verbände hatten Belgien aufgefordert, die Einführung der Maut zu verschieben. Allein in Frankreich hätten 3.000 Fahrzeuge vom Betreiber Satellic nicht rechtzeitig mit einer OBU bestückt werden können.
Der BGL äußerte gegenüber den belgischen Kontrollhörden die Erwartung, dass sie keine Bußgelder kassierten, wenn ein Unternehmen nicht im Mautsystem eingebucht ist, aber erkennbar alles unternommen hat, um die Maut korrekt zu entrichten. Unternehmen, die ihre Fahrzeuge rechtzeitig mit OBUs ausgerüstet hätten, die nun aber nicht funktionierten, dürften ebenso wenig haftbar gemacht werden wie Unternehmen, die trotz rechtzeitiger Bestellung nicht termingerecht mit OBUs versorgt wurden. Der BGL wollte diese Forderung auch an das Bundesverkehrsministerium herantragen und um Unterstützung bei den belgischen Behörden bitten.
In seltener Einigkeit hatte Belgien die Einführung der Maut auf Autobahnen und größeren Regionalstraßen im ganzen Land - in Flandern, der Wallonie und in Brüssel - beschlossen. Die Gebühren betragen auf den insgesamt 6.700 Kilometern je nach Schadstoffklasse, Gewicht und Region 7,4 bis 29,2 Eurocent pro gefahrenen Kilometer. Am teuersten ist es in Brüssel, wo praktisch eine City-Maut eingeführt wurde. Der Zuschlag kann hier bei großen Lkw bis zu 65 Prozent betragen. Ziel ist, den Einsatz umweltfreundlicherer Fahrzeuge voranzutreiben und damit für bessere Luft zu sorgen. Bei insgesamt etwa 155.200 Kilometern Straßeninfrastruktur wird die Maut auf 4,3 Prozent des belgischen Netzes erhoben.
Grundsätzlich soll die Maut auch zur Finanzierung der Straßeninfrastruktur verwendet werden. Die Einnahmen werden auf etwa 750 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Die mautpflichtigen Straßen und die Tarife können bis zu zweimal jährlich angepasst werden. Während die Maut in Flandern und Brüssel eine Steuer ist, ist sie in der Wallonie eine mehrwertsteuerpflichtige Abgabe. Belgien ist, gerade auch mit seinem Hafen Antwerpen, ein Transitland: Von zehn Lkw kommen sechs aus dem Ausland. Die Maut werde dem Hafen nicht zum Nachteil gereichen, hatte eine Studie der Universität Antwerpen ergeben.
Alle vier Stunden mobile Kontrollen an neuen Orten
Die Maut wird über das elektronische System Viapass erhoben. Die Betreibergesellschaft Satellic - eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom und der österreichischen Strabag - hat bereits über 400.000 On-Board Units (OBU) verkauft. Weitere Dienstleister, darunter Axxès, Eurotoll, Telepass und Total Marketing Services wollen laut Viapass in Kürze ihre Dienste auf dem belgischen Markt anbieten.
Die Kontrolleure verfügen über 40 feste Kontrollbrücken an den Hauptverkehrsachsen, die mit Kameras das Fahrzeugkennzeichen erfassen und das zulässige Gesamtgewicht ermitteln. Außerdem gibt es 22 mobile Stative, die alle vier Stunden anderswo aufgestellt werden sowie 40 Kontrollfahrzeuge, die Lkw-Fahrer anhalten und bei Verstößen sofort eine Geldbuße kassieren dürfen.
Die Maut ersetzt die Eurovignette, die es jetzt noch in Dänemark, Luxemburg, den Niederlanden und Schweden gibt. Nachdem Deutschland und die Schweiz Gebühren für Lkw erheben, geraten insbesondere Holland und Luxemburg in eine Insellage und könnten genötigt sein, nachzuziehen. Frankreich hatte die Einführung seiner „Ecotaxe“ nach Querelen mit Verbänden und auf Druck von der Straße abgebrochen.
TIPP
Wenn die OBU ausfällt
Die Fahrer müssen ständig auf der Hut sein, dass das grüne Lämpchen der OBU auch leuchtet. Das im Zigarettenanzünder installierte Gerät schaltet sich nämlich aus Energiespargründen aus, wenn der Lkw sich mindestens zehn Minuten nicht bewegt hat. Darüber hat der belgische Verband UPTR seine Mitglieder informiert.