Lkw-Maut: Musterklagen für Erstattungsansprüche eingereicht

13. Feb. 2024 Newsletter / Transport & Verkehr
Beim Verwaltungsgericht Köln sind drei Musterklagen gegen die Bundesrepublik Deutschland eingegangen. Eingereicht wurden sie von der Berliner Anwaltskanzlei Hausfeld, um Erstattungsansprüche wegen rechtswidrig erhobener Lkw-Maut für mehr als 15.000 Transport- und Logistikunternehmen durchzusetzen.
Musterklagen nach Vereinbarung mit dem BALM
Die Klagen beruhen nach Angaben des Rechtsdienstleisters auf Vereinbarungen, die Hausfeld im Sommer 2023 nach intensiven Verhandlungen mit dem zuständigen Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) abgeschlossen hat. Danach gelten die rechtskräftigen Entscheidungen über die drei Musterklagen für alle 15.000 Unternehmen, die von Hausfeld vertreten werden.
„Mit den Musterklagen, auf die wir uns mit dem BALM geeinigt haben, klären wir die Rechtmäßigkeit der erhobenen Lkw-Maut für unsere über 15.000 Mandantinnen und Mandanten umfassend. Soweit Erstattungsansprüche festgestellt werden, erhalten alle unsere mehr als 15.000 Mandanten entsprechende Rückzahlungen von dem BALM, ohne selbst klagen zu müssen", sagt Dr. Alex Petrasincu, Managing Partner von Hausfeld. Laut Hausfeld kann damit die Rechtsmäßigkeit der in der Vergangenheit erhobenen Lkw-Maut effizient geklärt und eine jahrelange Belastung der Justiz durch Tausende von Einzelklagen vermieden werden.
EuGH-Entscheidung gab den Anstoß
Hintergrund der Klagen ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von 2020, wonach die Kosten für die Verkehrspolizei in den Lkw-Mautgebühren nicht aufgeführt werden dürfen, wie es in den Jahren 2010 und 2011 geschah. Dies habe gegen die europäische Wegekostenrichtlinie verstoßen, die Maut war insoweit rechtswidrig. Daraufhin hatten mehr als 15.000 Unternehmen aus der Transportbranche mit Sitz in Deutschland und Europa die Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte beauftragt, um Rückerstattungsansprüche wegen rechtswidrig erhobener Lkw-Maut geltend zu machen.
Laut der Kanzlei bestehen die rund 8.000 deutschen Mandanten zum Großteil aus kleinen und mittelständischen Transportunternehmen, die durch die Maut erheblich belastet werden. Hausfeld kooperiere hierbei mit mehreren europäischen Transport- und Logistikverbänden, um deren Mitgliedern eine möglichst einfache Durchsetzung von Mauterstattungsansprüchen zu ermöglichen, unter anderem mit dem deutschen Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und dem Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV).
Der deutsche Gesetzgeber hat im Jahr 2021 auf die Entscheidung des EuGH reagiert und die Maut mit Blick auf die Verkehrspolizeikosten für den Zeitraum ab der Entscheidung am 28. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021 rückwirkend reduziert. Für den Zeitraum davor berufe sich der Gesetzgeber auf „Vertrauensschutz“ und verweigert bislang einer Erstattung der mit der Maut erhobenen Polizeikosten.
Gutachten: Maut wurde seit 2005 rechtswidrig berechnet
Der Rechtsdienstleister hat nach eigenen Angaben die deutsche Lkw-Maut und die zugrundeliegenden Wegekostengutachten mit Unterstützung eines renommierten Verkehrsökonomen im Detail untersucht und festgestellt, dass die Maut seit ihrer Einführung am 1. Januar 2005 insgesamt rechtswidrig berechnet wurde. Zudem fällt die gesetzliche Mautreduzierung für den Zeitraum vom 28. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021 nach der Prüfung von Hausfeld zu gering aus. Schließlich sind aus Sicht von Hausfeld alle daraus folgenden Erstattungsansprüche zu verzinsen, wobei sich Hausfeld auf eine rechtskräftige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen stützen kann.
Ansprüche summieren sich auf 7,5 Milliarden Euro
Die Folge sind umfassende Mautrückerstattungsansprüche nebst Zinsen durch Hausfeld, die weit über die Verkehrspolizeikosten hinausgehen sollen: Die Erstattungsansprüche summieren sich demnach allein für den Zeitraum von Januar 2017 bis Ende September 2021 auf etwa gesamt 7,5 Milliarden Euro, rund einem Viertel des deutschen Mautvolumens. Mit den Musterklagen wird nun abschließend gerichtlich geklärt, in welchem Umfang den Klägern und den weiteren Mandanten von Hausfeld für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. September 2021 jeweils Mauterstattungs- und Zinsansprüche zustehen.