Mercedes-Benz Sprinter F-Cell
Die Brennstoffzelle rückt auch bei Mercedes-Benz Vans wieder in den Fokus als emissionsfreie Alternative für die Langstrecke. Als Technologieträger hat Daimler ein Wohnmobil aufgebaut.
Fast 25 Jahre ist es her, dass Daimler mit dem Necar einen Transporter mit Brennstoffzellen-Antrieb auf die Räder gestellt hat. Von der Eigenschaft „Transporter“ ist im Fahrzeug des Typs MB 100 damals allerdings nicht viel übrig. Die Brennstoffzelle samt Peripherie nimmt den kompletten Laderaum ein. Heute passt alles problemlos und gut versteckt ins Chassis eines regulären Sprinter. Die Komposittanks für den Wasserstoff sitzen im Fahrzeugboden. Die Brennstoffzelle mit ihren Zusatzaggregaten wie dem elektrischen Turbolader, um den nötigen Luftdurchsatz zu gewährleisten, und der Luftbefeuchter, ebenfalls wichtig für die reibungslose Funktion der Zelle, nehmen nicht mehr Platz ein als ein Verbrennungsmotor. Den Vortrieb gewährleistet ein 147 kW starker Elektromotor mit 350 Nm Drehmoment, der auf die Hinterachse wirkt. Zusätzlich führt Daimler den Sprinter F-Cell als Plug-in-Hybrid aus. Eine kompakte Batterie speichert genug Strom aus der Steckdose für 30 Kilometer Fahrstrecke. Nur mit einer Füllung der drei Unterbautanks für die Brennstoffzelle fährt der Wagen 300 Kilometer weit. Dieses Reservoir von 4,5 Kilogramm Wasserstoff lässt sich aber mit einem Zusatztank vergrößern. Dann kommt der F-Cell bis zu 500 Kilometer weit. Letztlich dürfte dies aber nur eine Platzfrage sein. Grundsätzlich ließe sich jedes Fahrzeug mit den Komponenten ausstatten, das auch Platz für einen Sprinter-Verbrennungsmotor hat. Ein Pick-up X-Klasse F-Cell wäre also ebenso denkbar wie ein Wasserstoff-betriebener Vito. Vorerst konzentriert sich Daimler aber auf den Sprinter.
Brennstoffzelle braucht nicht mehr Platz als Verbrenner
Dank der Architektur, die bis auf den Zusatztank den nutzbaren Raum des Fahrzeugs nicht beschränkt, lassen sich auf dem Chassis praktisch alle Varianten aufbauen, die es auch für den konventionellen Sprinter gibt. Daimler wählt als ersten Technologieträger ein Reisemobil, wo die Brennstoffzelle auch das Bordnetz auf dem Campingplatz speisen kann. Diese Wahl hat zwei Gründe. Einerseits kommt es bei diesem Einsatz auf Reichweite an, andererseits wittert Daimler dort am ehesten eine kaufkräftige Zielgruppe. Noch ist die Brennstoffzellentechnologie nämlich wesentlich teurer als Verbrenner oder Stromer.
Mittelfristig auch für Kleinbusse oder Langstrecken-Kuriere geplant
Mittelfristig sieht Daimler dennoch auch im preissensiblen Nutzfahrzeugsegment große Chancen. „Wir bieten künftig jede gewerbliche Baureihe mit einem Elektroantrieb an – beginnend in diesem Jahr mit dem eVito und in 2019 mit dem eSprinter. Damit decken wir bereits viele, aber nicht alle Einsatzzwecke mit einem lokal emissionsfreien Antrieb ab“, sagt Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes-Benz Vans. „Deshalb ergänzen wir unsere eDrive@Vans-Strategie um den Brennstoffzellenantrieb, der gerade im Langstreckenbetrieb mittelfristig große Chancen bietet – unabhängig davon, ob ein Brennstoffzellen-Fahrzeug als Reisemobil oder bei anderen gewerblichen Einsätzen genutzt wird.“ Das Potenzial der Technik sei unbestritten, so Mornhinweg. „Das gilt vor allem für vergleichsweise große Vans mit einem hohen Reichweitenbedarf und kurzen Betankungszeiten.“
Kein Verbrenner-Hybrid bei Mercedes-Benz Vans
Mit der Brennstoffzelle überspringt der Hersteller beim Transporter direkt den Schritt Hybrid zwischen Diesel und Stromer. Hybride bieten immer nur Strom für relativ wenig Fahrstrecke im emissionsfreien Modus. Den Rest muss also der Verbrenner überbrücken. Allerdings ist, so die Auffassung von Daimler, gar nicht klar, wie lange Diesel und Co. überhaupt noch in die Innenstädte einfahren dürfen. Ein Plug-in-Hybrid, der die geforderten durchschnittlich 65 Kilometer Reichweite im Elektromodus liefert, muss wiederum eine große Batterie mitschleppen. Dazu kommen ein vollwertig dimensionierter Elektromotor und obendrauf noch der gesamte Dieselantriebstrang. Die Nutzlast wäre also dahin und auch wirtschaftlich wird diese Rechnung schwierig.
Problem ist die Infrastruktur
Ein großes Manko beim Brennstoffzellenantrieb ist allerdings, ähnlich wie beim Stromer, die fehlende flächendeckende Infrastruktur. Allerdings kann jede Tankstelle mit Gas im Angebot prinzipiell auch Wasserstoff ausschenken. Zapfsäulen auf den Höfen der Daimler-Niederlassungen wären ein weiteres Szenario, um dieses Henne-Ei-Problem zu lösen.