Mercedes-Benz erweitert das Versuchszentrum in Wörth
Am 9. Januar hat Mercedes-Benz Lkw das erweiterte Entwicklungs- und Versuchszentrum (EVZ) am Standort Wörth/Rhein (Rheinland-Pfalz) und in unmittelbarer Nähe zum weltgrößten Lkw-Werk eröffnet. 1,5 Jahre dauerte die Bauzeit. Insgesamt 70 Millionen Euro beträgt laut Stefan Buchner, Mitglied des Vorstands der Daimler Truck AG und verantwortlich für die Regionen Europa und Lateinamerika sowie die Marke Mercedes-Benz Lkw, die gesamte Investition. Hiervon sind rund 50 Millionen Euro in das Kompetenzzentrum für die Entwicklungsarbeit von Lkw geflossen, unter anderem für ein neues Prüfgebäude für System- und Gesamtfahrzeugtests und ein Büro- und Werkstattgebäude. Weitere 20 Millionen Euro entfallen auf den Bau eines speziellen Lkw-Rollenprüfstandes.
120 neue Arbeitsplätze entstehen
Nun sollen in Wörth Entwicklungsumfänge gebündelt und so deutliche Synergien geschaffen werden. Mit der Erweiterung des EVZ entstünden 120 neue Arbeitsplätze, sagte der Mercedes-Lkw-Chef. "Zudem ergänzen die neuen Entwicklungs- und Versuchskapazitäten perfekt die Aktivitäten unserer Lkw-Produktion in Wörth", erklärte Buchner. So sollen sich Vorteile bei der Beschaffung und Teilelogistik und bei der Zusammenarbeit mit der Vorbereitungswerkstatt, das Bindeglied zwischen Entwicklung und Produktion, schaffen lassen. "Im EVZ befindet sich die Keimzelle für den Lkw der Zukunft", sagt Buchner.
Ministerpräsidentin Dreyer eröffnet EVZ
Der zweitgrößte Arbeitgeber im stark exportorientierten Bundesland Rheinland-Pfalz lockte auch die Politprominenz des Landes an. So ließ es sich Ministerpräsidentin Malu Dreyer nicht nehmen, das EVZ persönlich zu eröffnen. "Das EVZ steht für Zukunft", würdigte sie die Investition von Mercedes-Benz Lkw. Es sei ein gutes und richtiges Zeichen, dass Mercedes-Benz noch stärker in die Innovation seiner Produkte investiere. Die Automobilindustrie habe eine herausgehobene Bedeutung für Rheinland-Pfalz. Die Landesregierung wolle gemeinsam mit den Herstellern und forschenden Clustern die Nutzfahrzeugindustrie im Land zur Gewinnerin der digitalen Transformation machen. Landeswirtschaftsminister Dr. Volker Wissing ergänzte, dass sich Rheinland-Pfalz mehr und mehr zum Taktgeber für neue Entwicklungen in der Fahrzeugindustrie entwickele. Das gelte für Technologien wie das automatisierte Fahren ebenso wie für alternative Antriebe.
Verlagerung von Testfahrten auf den Prüfstand
Vor allem der Rollenprüfstand ist ein Highlight des EVZ und soll die Qualität und die Effizienz der Entwicklungsarbeit an aktuellen und kommenden Lkw-Generationen für die ganze Welt auf ein neues Niveau heben. Hinzu kommt, dass mit Hilfe des Rollenprüfstandes Umwelt und Verkehr entlastet werden. Eine Vielzahl von Testfahrten auf öffentlichen Straßen könne damit entfallen. Sie werden künftig auf dem Prüfstand abgewickelt. Laut Buchner sollen der Gegenwert von 64.000 Testkilometern auf öffentlichen Straßen nun auf dem Prüfstand erbracht werden.
Äußere Einflüsse werden eliminiert
Das birgt große Vorteile, schildert Prof. Dr. Uwe Baake, Leiter der Produktentwicklung Mercedes-Benz Lkw: "Der neue Prüfstand ist einer der modernsten in Europa. Wir haben Tests und Messungen dank seiner präzisen Fahrsimulation für konventionelle und alternative Antriebsstränge von der Straße in die Prüfhalle geholt. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Umwelt- und Klimafreundlichkeit und zur Entlastung öffentlicher Straßen." Einflüsse von sonst wechselhaften Variablen wie Wetter und Verkehr können zudem reproduzierbar gestaltet werden. Fahrstrecken hin zu Teststrecken weltweit entfallen. Ein Computer simuliert die Straßen an Ort und Stelle. Der Prüfstand verzehrt allein die Energie, die auch für die Gewinnung von Daten für die Entwicklung entscheidend sind. Noch dazu lassen sich bei bestimmten Betriebszuständen des Lkw auf dem Prüfstand dessen Bewegungsenergie zurückgewinnen und dem Standort neu zur Verfügung stellen.
Neues Tempo: Tests das ganze Jahr möglich
Zudem kann 24/7 und das ganze Jahr über unter kontrollierten Bedingungen getestet werden. Denn der Prüfstand kann nicht nur unterschiedliche Windgeschwindigkeiten produzieren, sondern in der Prüfkammer ist es möglich sowohl tiefe Temperaturen bis minus sieben Grad Celsius bis hin zu Plusgraden bis 50 Grad Celsius darzustellen. Fahrzeuge mit bis zu vier angetriebenen Achsen lassen sich auf dem Prüfstand betreiben. Dazu verfügt er über vier Trommeln mit einem Durchmesser von drei Metern. An jeder dieser Trommeln befindet sich ein wassergekühlter E-Motor mit einer Leistung von 600 kW, der die Fahrwidderstände simuliert. Das zusammengenommen bietet handfeste Vorteile für die Entwicklungsgeschwindigkeit und -effizienz sowie für die Wirtschaftlichkeit. Das Fahrtwindgebläse erzeugt einen Luftstrom von mehr als 800.000 Kubikmeter pro Stunde. Das entspricht einer maximalen Anströmgeschwindigkeit von 90 km/h.
Versuchsfahrbahnen ergänzen das Testportfolio
Neben der Validierung auf dem Prüfstand sind am EVZ auch Testfahrten möglich. Dazu verfügt das EVZ zusätzlich über zahlreiche Schlechtwegestrecken und verschiedene Fahrbahnprofile, die die Straßen dieser Welt abbilden. Auf diese Weise können laut Daimler Trucks Bedingungen abgebildet werden, wie sie in Südamerika, Südkorea, Afrika und in Europa gegeben sind. Hinzu kommt eine Einfahrbahn mit Neigungswinkeln bis zu 49 Grad zur Funktionserprobung.