EU-Mobilitätspaket verabschiedet: Faire Bedingungen schaffen
Bessere Arbeitsbedingungen für Fahrer und ein fairerer Wettbewerb auf dem Transportmarkt – das sind die Hoffnungen hinter dem neuen EU-Mobilitätspaket.
Aufatmen bei vielen Akteuren in der deutschen Transport- und Logistikbranche: Das jahrelange Ringen um das Mobilitätspaket ist beendet. Das EU-Parlament hat das Regelwerk, das Lkw-Fahrern bessere Arbeitsbedingungen bringen und für mehr Fairness im Transportmarkt sorgen soll, am Donnerstag verabschiedet.
Das Paket umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen. Zum Beispiel dürfen Fahrer die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit nicht mehr in der Lkw-Kabine verbringen. Die Kabotage bleibt auf drei Fahrten beschränkt. Im Anschluss muss das Fahrzeug für mindestens vier Tage das jeweilige Land verlassen. Fahrer haben bei Binnentransporten Anspruch auf den landesüblichen Mindestlohn. Bei Transitfahrten sowie Hin- und Rückfahrten vom Heimatland in ein anderes EU-Land mit maximal zwei Be- und Entladungen während der Tour besteht diese Vergütungspflicht nicht. Fahrer sollen spätestens nach drei Wochen, Fahrzeuge müssen spätestens alle acht Wochen in ihr Zulassungsland zurück.
ETF: Schritt zu einem fairen Transport
„Das Mobilitätspaket ist ein Schritt in die richtige Richtung hin zu einem fairen Transport“, sagte der Präsident der europäischen Transportarbeitergewerkschaft ETF, Frank Moreels. „Die neuen Regeln werden der schädlichen Situation ein Ende setzen, in der Lkw-Fahrer monatelang unter entsetzlichen Bedingungen in ihren Fahrzeugen lebten und arbeiteten“, erklärte er. Fahrer, die im internationalen Verkehr tätig sind, könnten nun alle drei Wochen nach Hause oder zur Firmenbasis zurückkehren.
„Dies ist ein sehr guter Tag für den europäischen Straßengüterverkehr. Dieses Paket wird Briefkastenfirmen, Sozialdumping und systematischen Kabotage-Operationen ein Ende setzen“, sagte Erik Østergaard, Vorsitzender der NLA, einer Dachorganisation der skandinavischen Transport- und Logistikverbände. Sein deutscher Kollege Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), prognostizierte: „Die neue Gesetzgebung wird erhebliche und positive Auswirkungen auf den Straßengüterverkehrsmarkt haben.“ Jetzt komme es auf die Umsetzung und die effiziente Kontrolle der neuen Regeln an.
Der Erfolg der neuen Regeln steht und fällt auch für den Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) mit einer hinreichenden Kontrollaktivität. Ob der erzielte Kompromiss tatsächlich zu einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen und Sozialvorschriften sowie zu einer Präzisierung der Marktzugangsbedingungen führt, werde wesentlich von der Umsetzung und der zukünftigen Kontrolldichte in den Mitgliedstaaten abhängen, teilte er mit.Große Erwartungen setze Brüssel deshalb in den intelligenten Fahrtenschreiber, der spätestens im Jahr 2025 in allen Fahrzeugen eingebaut sein müsse. „Zur Durchsetzung des neuen Rechts bedarf es verlässlicher Technik, ansonsten verpuffen die guten politischen Absichten“, erklärte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Wichtig sei auch, dass allen Mitgliedstaaten die Regeln einheitlich umsetzen.
„Wir sind erleichtert, dass mit der Verabschiedung des EU-Mobilitätspakets die jahrelange und schwere Arbeit einen vernünftigen Abschluss gefunden hat und mit den jetzt beschlossenen Regelungen klare Vorgaben für den europäischen Verkehrsmarkt getroffen sind“, erklärte Dierk Hochgesang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Möbelspedition und Logistik (AMÖ). Er bezeichnet das Ergebnis der Entscheidung als wichtigen Schritt für mehr Wettbewerbsgleichheit im europäischen Straßengüterverkehr. „Jetzt muss es darum gehen, die neuen europäischen Sozial- und Marktvorschriften zügig einheitlich umzusetzen und die Einhaltung mit wirkungsvollen Kontrollmechanismen sicherzustellen.“
BWVL sieht Rückkehrpflicht des Lkw kritisch
„Die Einigung schafft eine konstruktive Grundlage für den Abbau bürokratischer Hürden, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer und einen faireren Wettbewerb im Allgemeinen“ erklärte Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL). Besonders die neuen Bestimmungen zur Entsendung von Fahrern, den Lenk- und Ruhezeiten sowie den Kabotagevorschriften bewertet der BWVL positiv. Enttäuscht zeigt sich der Verband dagegen von der Rückkehrpflicht des Lkw alle acht Wochen in sein Zulassungsland. „Sollte es dadurch zu Leerfahrten über Hunderte Kilometer kommen, wäre dies nicht nur wirtschaftlich unrentabel, sondern widerspräche auch den europäischen Zielen, die CO2-Emissionen im Straßengüterverkehr signifikant zu reduzieren“, teilte er mit.
Auch EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean stört sich an der Rückkehrpflicht der Lkw – während sie grundsätzlich anerkennt, dass das Reformpaket „wesentliche soziale Verbesserungen enthält“. Die rumänische Politikerin bezweifelt, dass dieses Element vereinbar mit den Ambitionen des Europäischen Green Deal ist beziehungsweise dazu beiträgt, bis 2050 eine klimaneutrale EU zu erreichen. Sie erklärte: „Die obligatorische Rückkehr der Lkw wird Ineffizienzen im Verkehrssystem und einen Anstieg unnötiger Emissionen, Umweltverschmutzung und Verkehrsüberlastung zur Folge haben.“