Neues BGL-Unternehmerinnennetzwerk
Das neue Unternehmerinnennetzwerk des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat Frauen im Fokus. Sie sind in der Logistik oft nicht in der ersten Reihe zu finden. Zu den Zielen des Unternehmerinnennetzwerks gehört daher das Netzwerken und Fortbilden von Unternehmerinnen.
Netzwerk zur gegenseitigen Unterstützung
Gegründet wurde das Unternehmerinnennetzwerk des BGL im September vergangenen Jahres anlässlich der Jahrestagung des Verbands in Potsdam. „Wir hatten das dringende Bedürfnis, uns als Unternehmerinnen mehr zu vernetzen, uns gegenseitig zu helfen und zu unterstützen, und den Frauen in der Logistik auch ein Gesicht zu geben“, sagt Sandra Herbst, Gesellschafterin des Unternehmens Herbst Transport aus Bamberg, gegenüber der Fachzeitung trans aktuell.
Sandra Herbst ist Mitglied des BGL-Aufsichtsrats. Mit sieben Mitstreiterinnen hat sie eine Gruppe gebildet, die das Netzwerk aus der Taufe hob und zu Jahresanfang eine Auftaktveranstaltung im Rhein-Main-Gebiet organisierte. Auf Anhieb nahmen mehr als 30 Frauen teil, inzwischen ist das Netzwerk auf 70 Frauen gewachsen.
Im Blick haben die Macherinnen die zahlreichen Unternehmerinnen, auch und vor allem in den kleineren Transportunternehmen, die disponieren, Buchhaltung machen, mitunter die ganze Firma wuppen und vielleicht noch nebenbei Kinder großziehen – „diese Frauen werden von der Branche nicht gesehen, aber sie sind sehr wichtig“, sagt Sandra Herbst.
Präsenz zeigen bei Verbandsveranstaltungen
Dabei gehe es um den weiblichen Blickpunkt, der für Unternehmen wertvoll ist und besser wahrgenommen werden sollte: „Dieser Blickpunkt ist, neben dem Fachlichen auf Kommunikation, oft auf die Team- und Sozialebene ausgerichtet und ergänzt in jeder Hinsicht das Unternehmertum.“
Nicht nur beim Netzwerk der Logistik in Potsdam, sondern auch bei vielen Veranstaltungen auf Landes- und Bundesverbandsebene war den Gründerinnen des Netzwerks aufgefallen, dass die Treffen vor allem männlich geprägt sind. Ziel ist daher auch, dass sich mehr Frauen angesprochen fühlen, bei Verbandsveranstaltungen aktiv dabei zu sein. „Wir wollen Unternehmerinnen bewusst dazu einladen, ebenfalls teilzunehmen. Denn oft reist nur der Mann an, obwohl beide das Unternehmen vertreten“, sagt Herbst. Vor allem bei Netzwerkveranstaltungen können diese Unternehmerinnen dabei sein, „das ist wie ein geschützter Raum“. Gewünscht ist aber auch, dass sich mehr Frauen als Delegierte der Länderverbände zu den Bundesveranstaltungen schicken lassen.
Weiterbildung im Fokus
Ein Anliegen ist auch die Unterstützung durch Angebote und Veranstaltungen. Etwa wenn es darum geht, sich über Megatrends in der Branche zu informieren, sich zu Fachthemen weiterbilden zu lassen – etwa zu Zertifizierungen, zur Nutzung sozialer Medien oder der Gewinnung von Arbeitnehmern. Aber auch Wissen in puncto Arbeitspsychologie, Verhandlungsgeschick und Selbstverwirklichung interessiert die Unternehmerinnen. Das Netzwerk will diese Wunschliste mit weiteren Veranstaltungen angehen. Denn es ist dem Netzwerk ein Anliegen, bei der Qualifizierung zu helfen, zum anderen aber auch den Frauen bewusst zu machen, was sie alles können, sagt Herbst.
Sie ist als Leiterin des Qualitätsmanagements seit 2001 – nach der Kindererziehung – im Familienunternehmen tätig und inzwischen, neben ihrem Mann Frank Herbst, Teil der Geschäftsführung. „Viele Unternehmerinnen kümmern sich um die Bereiche Personal, Marketing oder Qualitätsmanagement, weil diese eine gewisse Flexibilität zulassen. Die Stundenzahl lässt sich im Vergleich etwa zur Disposition variabler gestalten, sodass die Frauen sich Kindererziehungszeiten und Arbeit einteilen können.“
Unternehmensführung als machbares Ziel
Das müsse aber nicht auf immer so bleiben: „Ich bin froh über jede Frau, die über ihren Schatten springt und auch für die Unternehmensführung oder die Disposition Interesse zeigt“, sagt die Unternehmerin. Zumal die Frauen immer über die anderen Unternehmensbereiche Bescheid wissen: „In einem Familienunternehmen entscheiden die Paare vieles zusammen, und das geht nur, wenn man sich im Unternehmen auskennt.“ Oft fehle es den Frauen an Selbstbewusstsein, in einen anderen Bereich zu wechseln „und oft haben die Frauen auch einen zu hohen Anspruch an sich selbst, um etwas Neues zu beginnen“.
Faktura oder HR als scheinbar klassische Frauendisziplin in der Branche
Beim Unternehmerinnennachwuchs sieht Herbst bei den jungen Frauen zwar den Trend zu Ausbildung und BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Logistik. „Aber unser Sohn hat im Studiengang Transport- und Logistikmanagement an der Provadis Hochschule auch wieder nur eine Kommilitonin“, so ihre Beobachtung – und auch bei der Ausbildung junger Leute sieht sie immer noch den klassischen Pfad: Nach der Ausbildung zum Kaufmann beziehungsweise zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistung wechseln die jungen Männer etwa in die Dispo, die jungen Frauen hingegen in die Faktura- oder HR-Abteilung.
Sandra Herbst selbst hat Spaß an ihren Aufgaben im Qualitätsmanagement und Marketing, aber auch als Mitglied des Managementboards. „Ich gestalte gerne – und dazu gehört im Unternehmen sowohl die Organisation von neuen Prozessen und Strategien als auch die Förderung der Unternehmenskultur.“ Als Familienunternehmerin sorge sie zudem dafür, dass das Team sich gegenseitig unterstütze und bestimmte Werte im Unternehmen gelebt werden. Das fördere unternehmerische Erfolge – und sorgt sicher auch dafür, dass sich beide Söhne, die sich noch in der Ausbildung befinden, eine Zukunft im Unternehmen vorstellen können.