Nikola präsentiert Brennstoffzellen-Lkw One, Two und Tre

03. Mai 2019
Unter dem Applaus von 2.000 Gästen aus 49 Nationen wurden auf der Nikola World in Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona gleich fünf lokal emissionsfreie Fahrzeuge präsentiert. Darunter die Brennstoffzellen-Lkw Two und Tre.
Alles andere als futuristisch fiel nur der Auftritt des Nikola-CEO aus: Auf einer historischen Budweiser-Kutsche fuhr Trevor Milton bestens gelaunt vor – und zollte so seinem größten Kunden Respekt. Der Brauereikonzern Anheuser-Busch nämlich hat bereits einen Auftrag über die Lieferung von bis zu 800 Zero-Emission-Nikola unterschrieben. Insgesamt zählt Nikola über 13.000 Vorbestellungen für die Lkw, die je nach Kabine auch ohne Brennstoffzelle rein batterieelektrisch geordert werden können.
Nikola will Tesla erfolgreich sehen
"Wir wollen die Transportbranche komplett umkrempeln", kündigte Milton euphorisch an. Über erste Test-Lkw bis 2021, den Start der Kleinserie 2022 und der Serienproduktion ab 2023 will Nikola den Lärm und die Emissionen aus der Transportbranche verbannen, auch die Fertigung der Lkw CO2-neutral aufstellen und so die Abhängigkeit von Öl und Gas brechen.
Was den Absatz von Brennstoffzellen-Lkw und solchen mit batterieelektrischem Antrieb angeht, rechnet der Nikola-CEO mit einem Verhältnis von vier zu eins. In diesem Zuge stellte er auch sein Verhältnis zu Tesla klar, nachdem Nikola den Konkurrenten wegen seines ähnlichen Lkw-Designs auf Schadenersatz in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar verklagt hatte. Milton, der sich selbst als Besitzer einer Tesla-Limousine outete, will die Kalifornier demnach erfolgreich sehen – nur so würden die Vorbehalte gegenüber lokal emissionsfreien Fahrzeugen weiter zurückgehen.
Brennstoffzelle auf Höhe mit dem Diesel
Den Antriebsstrang seiner Lkw bezeichnete Milton unabhängig vom Energiespeicher als identisch, er könne den Diesel nicht nur in Sachen Leistung, sondern auch bei den Total Costs of Ownership (TCO) schlagen. Milton will eine neue Effizienzbenchmark für Brennstoffzellensysteme setzen und glaubt daran, dass diese den Diesel in den nächsten zehn Jahren vollständig ersetzen werden. "Andere OEMs haben bereits Interesse an der Verwendung unserer Antriebsstränge und Wasserstoffstationen geäußert, und wir planen, sie anderen OEMs, die unsere Vision teilen, auch zur Verfügung zu stellen."
Europa ist für den Nikola-CEO ein enorm wichtiger Markt. Ab 2023 soll hier der Tre produziert werden, doch die Pläne für dessen Start sind noch wenig konkret. Noch steht weder die Verkaufsstrategie noch der genaue Standort der Produktion. Milton hofft auf eine Zusammenarbeit mit einem etablierten OEM. Und so viel ist klar: Ein Leasingmodell, das die Kosten für den Lkw, den Service und den Kraftstoff inkludiert, soll es nicht nur in den USA, sondern auch in Europa geben. Als größte Herausforderung auf dem Weg zur flächendeckenden Einführung bezeichnete Milton aber die Politik und ihre Auflagen, um beispielsweise Wasserstofftankstellen eröffnen zu können.
100 Wasserstoff-Tankstellen pro Jahr
Ab 2022 will Nikola neben den dann in Serie gefertigten One und Two bis 2028 in den USA jährlich circa 100 neue Wasserstoffstationen an den Start bringen. Zu jeder Lkw-Order will der Hersteller die passende Tankstelle liefern, die allesamt größer ausfallen sollen als alles bisher Dagewesene. Die Kapazität der skizzierten Stationen ist gut für zumindest 150 Trucks und 200 Pkw pro Tag – Dimensionen, die Nikola wohl nur dank der Zusammenarbeit mit dem norwegischen Wasserstoffkonzern Nel Asa, dessen CEO Jon André Løkke ebenfalls auf der Nikola World vertreten war, wird realisieren können.
Auch andere Partner spielten und spielen eine große Rolle bei der Entwicklung der Nikola-Trucks. So dankte Milton neben Wabco, Meritor und Mahle ganz besonders Bosch für die Unterstützung. Der deutsche Technologiekonzern hat maßgeblichen Anteil am Fahrzeugchassis mit vorderer Einzelradaufhängung sowie dem Brennstoffzellenantrieb mit der Nikola-E-Achse, die Motor, Antriebselektronik und Getriebe in einem Gehäuse vereint und 1.000 PS beziehungsweise 2.700 Nm Drehmoment bereitstellt. Auch das zentrale Steuergerät, die Vehicle Control Unit (VCU), stammt von Bosch und ermöglicht Over-the-Air-Updates und Echtzeitmonitoring.
Zahlreiche Technik-Features stammen von Bosch
Schon aus dem neuen Mercedes Actros bekannt ist dazu das von Bosch und Mekra Lang entwickelte Kamerasystem, das für sämtliche Nikola-Lkw die Außenspiegel ersetzt. Auch daran, dass kein Nikola mit einem Zündschlüssel ausgeliefert werden wird, hat Bosch seinen Anteil. Mit "Perfectly Keyless" hat der Fahrer seinen Lkw jederzeit über eine Smartphone-App im Blick. Mit der leichtgängigen elektrohydraulischen Bosch-Servotwin-Lenkung will der Nikola-CEO zudem mehr Frauen ans Steuer der Trucks locken.
Die moderne Lenkung ist dazu unabdingbar, um Assistenzsysteme wie einen Spurhalter, die Seitenwindkompensation und den Stauassistenten in die Architektur der Brennstoffzellen-Lkw einzubinden. Nicht zuletzt wegen dieser Komponente sind die lokal emissionsfreien Nikola laut Milton schon heute bereit für die Implementierung von Systemen, die teil- und vollautonomes Fahren ermöglichen.
Tre mit 800 bis 1.200 Kilometer Reichweite
Die europäische Sattelzugmaschine Tre ist laut Nikola die Antwort auf das "breite Interesse europäischer Kunden". Die Reichweite des mit 700 Bar druckbetankten Frontlenkers bezifferte das Start-up je nach Konfiguration zuletzt auf 800 bis 1.200 Kilometer. Die Zusammenarbeit mit Nel Asa soll mit ihm auch auf Europa ausgeweitet werden. Die europäischen Wasserstoffstationen werden laut Nikola um 2022 an den Start gehen und bis 2030 voraussichtlich "den größten Teil" des Markts abdecken.