Nikola und IVECO: Werk in Ulm eröffnet

16. Sept. 2021 Newsletter / Fahrzeug & Technik
IVECO hat als erster Lkw-Hersteller in Deutschland ein Werk zur Produktion von schweren Elektro- und Brennstoffzellen-Lkw in Betrieb genommen.
Mit der Baureihe Nikola Tre beginnt dort eine neue Ära. Erstmals laufen nicht mehr Diesel-, sondern Null-Emissions-Lkw vom Band.
Innerhalb von zwei Jahren haben IVECO und Nikola die stark automatisierte Fertigung in einer 25.000 Quadratmeter großen Halle aufgebaut, 14.000 davon sind Lager und Logistik vorbehalten. Ein vergleichbares, wenn auch etwas größeres Werk wollen die beiden Partner im Oktober in Coolidge im US-Bundesstaat Arizona eröffnen.
Das Gemeinschaftsunternehmen Nikola IVECO Europe GmbH will in Ulm gleichzeitig batterieelektrisch angetriebene (BEV) und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw (FCEV) bauen. Synergien ergeben sich dadurch, dass beide Varianten dieselbe Plattform nutzen. Vom Turm hinter der Kabine, der die Wasserstoff-Flaschen beherbergt, abgesehen, gleicht der FCEV optisch dem BEV-Lkw. Im ersten Schritt wird das Werk BEV-Lkw produzieren. Die Wasserstoff-tankenden Fahrzeuge folgen zu einem späteren Zeitpunkt.
Nikola Tre: BEV und FCEV mit je 480 kW Leistung
Beide Varianten kommen mit starken 480 kW Leistung auf die Straße. Der batterieelektrische Tre bewältigt Reichweiten von bis zu 560 Kilometern. Zuvor muss er etwa 120 Minuten laden, eingebaut sind Batterien mit einer Speicherkapazität von 753 kWh. Wer längere Strecken absolvieren muss, kommt mit dem brennstoffzellenbetriebenen Tre auf Entfernungen von bis zu 800 Kilometern. Der Fahrer führt dazu bis zu 65 Kilogramm Wasserstoff (H2) mit. Gefüllt sind die Tanks nach Firmenangaben in 10 bis 20 Minuten, was mit dem Tankstopp beim Verbrenner vergleichbar ist.
Die Fertigung für den vollelektrischen Laster soll noch dieses Jahr beginnen. Das Ziel ist es, mittelfristig jährlich 3.000 Lkw vom Band gehen zu lassen. Die ersten Fahrzeuge sind für Kunden in den USA bestimmt. In Deutschland dürfen sie aufgrund ihrer Überlänge, bedingt auch durch den langen Radstand, nicht auf die Straße. Pilotkunde in Europa soll im kommenden Jahr der Hamburger Hafen mit bis zu 25 Lkw werden.
Interesse am Einsatz des Nikola Tre gibt es aber auch im Süden der Republik: Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) äußerte den Wunsch, dass diese Fahrzeuge auch rasch in seinem Bundesland auf die Straße kommen. Er sprach von einem großen Zukunftsprojekt, das nun in Ulm starte. „In nur zwei Jahren eine Produktion aufzubauen, ist Benchmark“, lobte er.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betonte in einer Videobotschaft zur Eröffnung des Werks, dass sich Deutschland ambitionierte, aber machbare Klimaziele gegeben habe. Bis in neun Jahren muss demnach ein Drittel des Schwerverkehrs elektrisch oder mit strombasierten Kraftstoffen abgewickelt werden. Noch zögerten viele Unternehmen umzusteigen. Doch winken nun auch erhebliche finanzielle Anreize, wie Scheuer ausführte. Der Bund erstattet auf Antrag bis zu 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem Diesel-Lkw. Der erste Förderaufruf im Rahmen der neuen Richtlinie läuft bis 27. September, die nächsten Aufrufe folgen.