Nutzfahrzeuggipfel: Förderpolitik präsentiert
Neben finanziellen Anreizen beim Erwerb von alternativen Antrieben braucht es einen regulatorischen Rahmen. Verkehrsminister Scheuer stellte dazu Details vor.
Die Fahrt zu den CO2-Zielen im Güterverkehr erfolgt nicht nur mit batterieelektrischen Lkw sowie mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw. Auch Gas- und Oberleitungs-Lkw gehören zu den favorisierten Antriebslösungen des Bundes und sollen von Fördermitteln profitieren. Das ist eines der Ergebnisse eines vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) am Mittwoch abgehaltenen Nutzfahrzeuggipfels, an dem hochrangige Vertreter von Fahrzeugherstellern, Branchenverbänden aus der Logistik- und Energiewirtschaft sowie der Arbeitnehmerseite teilnahmen.
Scheuer nennt noch keine Strecken für Oberleitungs-Lkw
„Wir wollen hier keine Tür zuschlagen“, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf Nachfrage der Fachzeitschrift trans aktuell zur Zukunft des Oberleitungs-Lkw. Die Anforderungen an die Infrastruktur seien intensiv diskutiert worden, nun gelte es in Arbeitsgruppen auszuloten, was an Investitionen notwendig sei. Mögliche weitere Strecken über die drei Feldversuche in Deutschland hinaus nannte er noch nicht.
Potenzial, die CO2-Emissionen zu reduzieren, haben für Scheuer weiterhin Erdgas-Lkw, ob mit CNG oder LNG angetrieben. Zuletzt hatte sich die EU-Kommission kritisch über die Förderung dieser Fahrzeuge geäußert, da sie nicht komplett CO2-frei laufen. „Wir treten weiterhin dafür ein, sie zu positionieren und im Markt zu halten“, sagte Scheuer. Es gehe um Planungssicherheit für die Branche, betonte der Minister. Der Erdgasantrieb sei eine bekannte Technologie und lasse sich auf synthetisch hergestelltes Gas umstellen.
Scheuer zielt auf Nullemissionslogistik ab
Besonders für den Beitrag des Verkehrs zu den Klimazielen 2030 sei der Gas-Lkw wichtig, ergänzte Kerstin Andreae, Vorsitzende des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), und wies darauf hin, dass mit Biogas angetriebene Lkw quasi CO2-neutral unterwegs seien. Bis 2030 ist der Verkehrssektor nach dem Klimaschutzgesetz des Bundes gehalten, seine CO2-Emissionen gegenüber 1990 um 42 Prozent zu senken.
Ein Drittel der Fahrleistung soll bis in zehn Jahren elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erbracht werden. Bis 2050 soll das Verkehrsgeschehen in Deutschland dann emissionsfrei ablaufen. „Mit alternativen Antrieben und Kraftstoffen wollen wir hin zur Nullemissionslogistik auf der Straße“, erklärte Scheuer. Sein beim Nutzfahrzeuggipfel vorgestelltes „Gesamtkonzept klimafreundliche Nutzfahrzeuge“ umfasst neben Förderanreizen beim Kauf von Fahrzeugen den weiteren Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur sowie einen regulatorischen Rahmen.
Darunter fällt vor allem eine weitere Mautdifferenzierung zugunsten von energiearmen Fahrzeugen. Mit der Novelle der Eurovignetten-Richtlinie müssen die EU-Verkehrsminister dafür aber erst den Weg ebnen. Am 8. Dezember will Deutschland seinen Vorschlag dazu in den EU-Verkehrsministerrat einbringen. Scheuer befürchtet, dass die Beratungen durch das virtuelle Format etwas schwierig werden dürften. „Ich bin jedoch sehr motiviert, die Eurovignetten-Richtlinie auf den Weg zu bringen, um sie mit der nächsten anstehenden Mautänderung zur Umsetzung zu bringen.“
Keine Doppelbelastung durch CO2-Preis und Maut
Angestrebt ist dafür das Jahr 2023. Ein zeitlicher Druck ergibt sich auch durch den CO2-Preis, den die Branche nächstes Jahr zu spüren bekommt, zunächst mit einem Aufschlag von sieben Cent auf den Liter Diesel. „Wir wollen keine Doppelbelastung im Gewerbe“, hob Scheuer hervor – also keinen CO2-Preis plus einen Mautaufschlag, sondern eine CO2-Komponente in der Maut als Anreiz für klimafreundliche Lkw.
Um Letztere zu fördern, mobilisiert die Bundesregierung umfangreiche Mittel im Wirtschaftsplan des Energie- und Klimafonds (EKF), die durch das Corona-Konjunkturprogramm noch aufgestockt wurden. Danach sind zur Förderung von Lkw mit alternativen Antrieben für den Zeitraum 2021 bis 2023 insgesamt 1,16 Milliarden Euro vorgesehen. Hinzu kommen 4,1 Milliarden Euro zur Förderung einer Tank-, Lade- und Oberleitungsinfrastruktur (für Pkw und Nutzfahrzeuge), diese Haushaltsansätze sollen über 2023 hinaus fortgeschrieben werden.
Förderung: 80 Prozent der Mehrkosten ansetzbar
Geplant ist, dass Flottenbetreiber von Kaufprämien beim Erwerb von klimafreundlichen Lkw profitieren, die 80 Prozent der Mehrkosten gegenüber einem Diesel-Lkw ausgleichen. Aktuell ist das Programm noch bei der EU zur Notifizierung angemeldet, danach kann das BMVI die Förderrichtlinien ausgestalten. Mit den Verbänden und anderen Akteuren aus der Branche hat sich das BMVI auf eine gemeinsame Umsetzung seines Gesamtkonzepts verständigt.
Neben den Bausteinen zur Förderpolitik braucht es nach Ansicht der Fachverbände aber weitere Instrumente, um dem Klimawandel entgegenzuwirken und um die Unternehmen in der angespannten Corona-Situation nicht weiter zu belasten. „Hinzu kommen muss neben der engagierten Förderung alternativer Kraftstoffe wie E-Fuels und Wasserstoff ein umfassendes Programm zur Flottenerneuerung“, bekräftigte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA). „Wir wollen alte Lkw und Busse von der Straße bekommen und durch moderne Fahrzeuge ersetzen.“ Ein solches auch im Konjunkturprogramm verankertes Programm war aber nicht Gegenstand des Gipfels, von der EU-Kommission hat die Bundesregierung dazu auch noch keine positive Rückmeldung. Müller betonte, dass sich die Fahrzeughersteller zur Klimaneutralität 2050 bekennen und ihre Verantwortung beim Klimaschutz übernähmen.
BGL: Wir brauchen Verlässlichkeit bei Investitionen
„Unsere Transportunternehmer wollen zum Klimaschutz beitragen“, hob auch Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hervor. Er begrüßte es, dass mit dem BMVI ein gemeinsamer Pfad festgelegt wurde, was den Zeitplan und die Förderkulisse angeht. „Wir brauchen Verlässlichkeit bei den Investitionen“, erklärte er. „Gerade im Mittelstand können sonst Insolvenzen drohen.“ Seine Unternehmen wollten auch einen aktiven Beitrag, zum Beispiel im Rahmen von Pilotprojekten, leisten.
Engelhardt warnte vor weiteren Belastungen für die Branche und vor einem nationalen Alleingang beim Emissionshandel durch den CO2-Preis ab 2021. Wie VDA-Chefin Müller regte auch Engelhardt weitere Maßnahmen zum Klimaschutz an. „Wir müssen auch die niedrig hängenden Früchte ernten“, sagte er und nannte als Beispiele eine Optimierung von Trailern und weiteren Komponenten. Auch dem Thema Maße und Gewichte komme Bedeutung zu, wie Müller und Engelhardt erläuterten. Die VDA-Präsidentin sprach sich für einen verstärkten Einsatz von Lang-Lkw aus, auch im grenzüberschreitenden Verkehr. Engelhardt will prüfen, inwieweit eine erhöhte Tonnage zu mehr Effizienz führen kann und regt eine entsprechende Studie bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) an.