Zukunftskongress Nutzfahrzeuge: Lkw können effizienter werden

07. Nov. 2017
Moderne Nutzfahrzeuge können noch deutlich effizienter betrieben werden. Indem sie die Potenziale der Digitalisierung, Automatisierung sowie vermehrt alternative Antriebe nutzen, können Flottenbetreiber die CO2-Emissionen deutlich drosseln. Darin waren sich die Referenten des Zukunftskongresses Nutzfahrzeuge 2017 in Berlin einig. Vertreter der Politik und der EU-Kommission machten auch deutlich, dass es zu einer erhöhten Kraftstoffeffizienz keine Alternative gibt. Anders könne die Branche die ehrgeizigen Klimaziele nicht erreichen, so der Tenor.
Bis 2030 rund 40 Prozent CO2-Emissionen gegenüber 1990 einsparen
„Wir müssen erhebliche Treibhausgaseinsparungen anstrengen, um den Vorgaben gerecht zu werden“, sagte Norbert Barthle, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, am Dienstag vor mehr als 300 Teilnehmern des von DEKRA veranstalteten und den Fachtiteln des ETM Verlags unterstützen Kongresses in Berlin. „Auf den Verkehrsbereich heruntergebrochen, müssen wir bis 2030 rund 40 Prozent CO2-Emissionen gegenüber 1990 einsparen“, sagte der CDU-Politiker. Bis heute sei es nicht gelungen, die verkehrsbedingten Emissionen nennenswert zu senken. Bis 2015 habe die Branche gerade mal ein Minus von 0,7 Prozent erzielt. Umso größer sei die Herausforderung, diesen Zielen bis 2030 noch gerecht zu werden.
Barthle sieht mehrere Hebel, um die Verbräuche und damit die Emissionen einzudämmen. Entsprechendes Potenzial hätten alternative Kraftstoffe und Antriebe, aber auch Fahrzeugkonzepte wie der Lang-Lkw und natürlich eine weitere Verlagerung von Transporten auf die Schiene.
4,7 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung der Elektromobilität investiert
Der Staatssekretär will sich aber nicht festlegen, welche der Maßnahmen die effektivste ist. „Unser Ansatz ist bewusst technologieoffen“, bekräftigte er. Deutlich Luft nach oben sehe er bei der Elektromobilität. Um sie voranzubringen, habe die Bundesregierung in den vergangenen Jahren 4,7 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert. Ein Förderschwerpunkt liege besonders auf gewerblichen Flotten – explizit wende man sich auch an kommunale Fuhrparks, die mit gutem Beispiel voran gehen müssten. Barthle nannte das Beispiel Hamburg, wo der Kämmerer begründen muss, wenn er noch ein Fahrzeug mit konventionellem Antrieb erwirbt. „Ich nutze jede Gelegenheit, um auf das Hamburger Modell hinzuweisen“, betonte Barthle.
Große Effizienzsprünge sieht Barthle auch in Zusammenhang mit dem automatisierten Fahren – und hier auch mit Blick auf das geplante Platooning-Projekt auf der A9. Sein Ministerium hat einen Abschnitt darauf zum Digitalen Testfeld Autobahn erklärt, wo Anwendungen im Zusammenhang mit dem automatisierten und vernetzten Fahren erprobt werden sollen. Führe das Kolonnenfahren zu Einsparungen von bis zu zwölf Prozent, sei das eine Hausnummer.
Von einem vielversprechenden Ansatz in Zusammenhang mit Platooning spricht auch der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. Doch um solche Entwicklungen voran zu treiben, brauche es zum einen den nötigen Rechtsrahmen – hier hat die Bundesregierung geliefert – und zum anderen eine entsprechende digitale Infrastruktur. Der 5G-Standard müsse flächendeckend verfügbar sein, forderte Wissmann. „Hier sind wir noch lange nicht am Ziel, sondern eher im mittleren oder hinteren europäischen Feld.“
Digitalisierung birgt für Wissmann auch Chancen für eine verbesserte Disposition und Auslastung. „Wir haben noch immer einen relevanten Anteil an Leerfahrten“, sagte der VDA-Präsident. Hier könne man ansetzen und durch intelligente Frachtraumoptimierung die Effizienz deutlich steigern. Überhaupt hält es Wissmann für zielführender, die digitalen Möglichkeiten zu forcieren, als zu Verboten zu greifen. „Nutzt die modernen Techniken und schaut nicht auf alte Verbotsschilder“, sagte Wissmann auch bewusst an die Adresse der Sondierer einer möglichen Jamaika-Koalition.
So kritisch wie Fahrverbote sieht der VDA-Präsident auch eine Verteufelung des Dieselantriebs. „Wir dürfen nicht zulassen, dass der Diesel in Misskredit gebracht wird“, erklärte Wissmann. Auch für Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), hat der Diesel noch nicht ausgedient. Engelhardt sieht die Fahrzeugindustrie und das Gewerbe auch zu Unrecht an den Pranger gestellt. Engelhardt wies darauf hin, dass zum Beispiel die CO2-Emissionen in Deutschland von 1990 bis 2009 von 160 auf 152 Millionen Tonnen gesunken seien. An Möglichkeiten zur Erhöhung der Kraftstoffeffizienz sei die Branche immer interessiert. Engelhardt räumte aber ein, dass diese Frage gerade etwas in den Hintergrund gerückt sei. „Im Moment beschäftigt die Branche ein Thema, das heißt Fahrer, Fahrer, Fahrer.“