Lkw-Fahrverbote: Ist die Osnabrücker Erklärung rechtens?
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wollen die Lkw-Fahrverbote am Reformationstag und am darauffolgenden Feiertag Allerheiligen lockern, um Transporte über die gemeinsame Landesgrenze zu erleichtern. Das vereinbarten die beiden Verkehrsminister Bernd Althusmann und Henrik Wüst Anfang November in der sogenannten „Osnabrücker Erklärung“. Selbst in wohlwollend gestimmten Branchenkreisen gibt es aber Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorhabens in der angekündigten Form.
Lkw-Fahrverbote beschränkt
In dem sogenannten „Transitabkommen“ vereinbarten die beiden Landesverkehrsminister, ab 2020 das Fahrverbot an beiden Feiertagen auf die Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr zu beschränken. Zudem gewähren beide Länder in diesem Zeitraum an dem in ihrem Gebiet jeweils geltenden Feiertag Durchfahrtsrechte auf den wichtigsten Transitverbindungen A2, A30, A31 und A33.
Die Minister wollen damit vermeiden, dass Lkw-Fahrer auf ihrem Weg durch Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen an beiden Tagen von den Feiertagsfahrverboten betroffen sind. „Hierdurch verhindern wir überfüllte Parkplätze an unseren Landesgrenzen und Lkw-Kolonnenfahrten nach den aufeinanderfolgenden Feiertagen“, erläuterte Althusmann. „Die ohnehin sehr stark befahrenen Grenz-Autobahnen zwischen Niedersachsen und NRW werden nicht noch zusätzlich strapaziert und auch die Lkw-Fahrer sowie alle anderen Verkehrsteilnehmer nicht weiter belastet.“ Sein NRW-Amtskollege sagte, wenn Lkw-Verkehre entzerrt würden und wichtige Transitverbindungen frei blieben, sei das gut für die Wirtschaftsstandorte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.Im Lkw-Gewerbe wird die Regelung auch im Interesse der Fahrer prinzipiell begrüßt, es sind aber auch Zweifel zu hören, ob speziell die flächendeckende Verkürzung des Lkw-Fahrverbots auf die Zeit von 6 bis 22 Uhr in beiden Ländern rechtskonform möglich ist.
Niedersachsen verweist auf die StVO
Das niedersächsische Verkehrsministerium berief sich auf Anfrage von trans aktuell auf die in § 46 Abs. 2 StVO vorgesehene Möglichkeit, vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken Ausnahmen zuzulassen, „soweit diese im Rahmen unterschiedlicher Feiertagsregelung in den Ländern notwendig werden.“ Das Ministerium unterschlug in seiner Stellungnahme allerdings den Folgesatz, wonach das BMVI zuständig ist, „wenn sich die Auswirkungen der Ausnahme über ein Land hinaus erstrecken und eine einheitliche Entscheidung notwendig ist“. Damit wäre möglicherweise die Transitstreckenregelung von der StVO gedeckt, nicht aber die flächendeckende Verkürzung des Fahrverbots.
Das BMVI selbst äußerte sich ausweichend: Die Überwachung und Ahndung von Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften obliege gemäß Grundgesetz den Ländern. Guido Belger, Rechtsexperte des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), appelliert an beide Länder und den Bund, das politisch Gewollte rechtssicher umzusetzen.
Bund will Feiertage schützen
Der Bund hatte jedoch schon im September einen gemeinsamen Vorstoß der Verbände BGL, Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ), Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) und Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) zurückgewiesen, die Feiertagsfahrverbote auf die Zeit von 7 bis 22 Uhr zu verkürzen. Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger begründete das unter anderem mit dem Ziel, die kirchliche Feiertagsruhe zu schützen. Dieses Schutzziel hat 2009 auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil, mit dem es das Berliner Ladenschlussgesetz teilweise gekippt hat, sehr hoch bewertet, und dabei auch das Feiertagsfahrverbot ins Feld geführt (Az: 1 BvR 2857/07). Belger hielt dem entgegen, dass im Fall des „Transitabkommens“ die Feiertagsruhe auch mit dem Recht der Fahrer abzuwägen sei, den Feiertag ebenfalls mit ihren Familien verbringen zu können.