Platooning: Hersteller werben für Gesetzesänderungen

23. Juni 2016
Das Lkw-Fahren in Kolonnen könnte bis 2020 auf Europas Straßen umgesetzt sein. Nachdem sechs Fahrzeugbauer vor wenigen Wochen eine medienwirksame Platoon-Sternfahrt von ihren Werken aus nach Rotterdam organisiert hatten, folgen nun die nächsten Schritte, damit Kolonnenfahren im Regelbetrieb möglich ist. „Wir brauchen zum einen eine Gesetzesänderung, die einen Mindestabstand von zehn Metern erlaubt“, sagte VW Truck & Bus-Chef Andreas Renschler am Donnerstag auf einem Workshop zur Vorbereitung auf die IAA Nutzfahrzeuge des Verbands der Automobilindustrie (VDA) in Frankfurt. Bisher seien 50 Meter die Regel. „Zum anderen muss geklärt werden, ob der Fahrer die Hände am Lenkrad haben muss oder ob er anderen logistischen Aufgaben nachgehen kann“, erklärte das VW-Vorstandsmitglied.
Unabhängig von den entsprechenden gesetzlichen Weichenstellungen sind demnach aber aber auch Verrechnungsmodelle zwischen den Logistikdienstleistern erforderlich. Sie müssen regeln, wer in welchem Umfang von der realisierten Kraftstoffeinsparung profitiert. „Denn der erste Lkw kommt nicht auf zehn Prozent“, sagte Renschler.
Gefordert sind aber auch die Fahrzeughersteller selbst. Sie hatten die Platoons in reinrassigen Flotten auf die Reise geschickt. In der Praxis sind jedoch Mischfuhrparks verbreitet. Genau dieses Zusammenspiel zwischen unterschiedlichen Marken muss aber erst noch ermöglicht werden. „Wir brauchen einen gemeinsamen Kommunikationsstandard“, betonte Daimler-Nutzfahrzeugvorstand Dr. Wolfgang Bernhard. Dem Thema widme man sich aktuell in verschiedenen Arbeitskreisen.
Ist die Technologie marktreif, wird sie auch ihre Abnehmer finden. Ralf Eschemann, Vizepräsident von UPS Europa, jedenfalls wäre am Einsatz von platoonfähigen Lkw in seiner Flotte interessiert. „Wir stehen dem Ganzen offen gegenüber“, versicherte er. Wichtig sei ferner, nicht nur die Fahrzeugmarken, sondern auch die Kunden zu kombinieren, damit man Platoons in langströmigen Ladungsverkehren realisieren könne.
Eschemann erwartet, dass vor der Umsetzung von Kolonnenfahrten im Praxisbetrieb auch ein anderer Punkt geklärt wird: der technische Standard solcher Platoon-Fahrzeuge, zum Beispiel mit Blick auf die Motorisierung. „Denn eines ist klar: Der Langsamste gibt das Tempo vor.“
Das Platooning ist aber nur ein Beispiel dafür, wie sich Lkw mit ihrem Umfeld vernetzen können, um effizienter zu werden. Hierzu wird es künftig aber noch viele weitere Beispiele geben, wie die Redner des Workshops unterstrichen. Entsprechende Beispiele wird es auf der IAA Nutzfahrzeuge von 22. bis 29. September in Hannover zu sehen geben. „Wir werden zeigen, wie sich der Straßengüterverkehr und die Logistik im Zeitalter der neuen Mobilität weiterentwickeln“, kündigte VDA-Präsident Matthias Wissmann an.