Polen-Sprinter: Verkehrsministerium sieht keine Unfallhäufung

17. Nov. 2017
Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) sieht offenbar keinen Bedarf, Transporter unter 3,5 Tonnen stärker zu regulieren. In der Transport- und Logistikbranche sind diese Kleinlaster aus Osteuropa zurzeit Gegenstand zahlreicher Diskussionen.
Einige Branchenvertreter werfen den Betreibern dieser Fahrzeuge Preis- und Sozialdumping vor und warnen vor einer steigenden Unfallgefahr. Auch Kontrollbeamte äußern hinter vorgehaltener Hand diese Sorge.
"Kenntnisse über eine besondere Unfallhäufung dieses speziellen Fahrzeugtyps liegen uns nicht vor", erklärt dagegen das BMVI gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell. Sie dem Sonntags- oder Feiertagsverbot zu unterwerfen, hält das Ministerium ebenfalls nicht für erforderlich. Das Verbot gelte ab 7,5 Tonnen, um unter anderem Behinderungen des Sonntags- und Freizeitverkehrs durch besonders große und schwere und damit langsame Fahrzeuge zu vermeiden. "Diese Gefahr besteht bei Kleintransportern unter 3,5 Tonnen nicht."
Planen-Sprinter oft in schwere Unfälle verwickelt
Wenn es sich laut BMVI auch nicht in den Gesamtzahlen widerspiegelt, so sind diese Fahrzeuge in letzter Zeit doch verstärkt auch in schwere Unfälle verwickelt, wie eine Unfallserie von Ende September zeigt. Trauriger Höhepunkt war ein Unfall am Autobahndreieck Rüsselsheim auf der A67. Ein 34jähriger Pole fuhr seinen Lieferwagen mit hoher Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn und kollidierte mit zwei Pkw. Drei Menschen aus den Niederlanden starben, die vier Insassen des zweiten Autos aus Nauheim wurden verletzt. Der Unfallfahrer ist schwer verletzt. In seinem Fahrzeug entdeckte die Polizei Bierdosen. Wie eine Blutprobe ergab, war er mit 3,09 Promille unterwegs.
BGL warnt vor ständiger Überladung der Planen-Sprinter
Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) zeigte sich bei seiner Jahrestagung in Köln zuletzt enttäuscht darüber, dass der Bundesrat es abgelehnt hatte, diese Fahrzeuge schärferen Regeln zu unterwerfen. "Uns liegt an einer Erhöhung der Verkehrssicherheit", betonte BGL-Präsident Adalbert Wandt. Der Verband beobachte "in der Sprinterklasse mit osteuropäischen Kennzeichen eine ständige Überladung", sagte er bei einer Podiumsdiskussion. "Die fahren auch mit vier oder fünf Tonnen spazieren", erklärte Wandt und kritisierte: "Die haben nicht mal eine vernünftige Ladungssicherung."
Spediteur Serrahn spricht von menschlichen Käfigen
Spediteur Siegfried Serrahn aus Osnabrück kritisierte die Bedingungen, unter welchen die Fahrer durch Europa geschickt würden. "Das unmenschliche Leben der Fahrer sollte einem zu denken geben. Diese Fahrzeuge sind menschliche Käfige."
Spediteur wirft Kritikern Doppelmoral vor
Doch so hitzig auch die Debatte über Fluch und Segen dieser Planen-Sprinter verlaufen mag, so sehr ist sie für viele auch von einer Doppelmoral geprägt. "Ich verfolge Ihre Artikel zu diesem Thema und muss feststellen, dass die von Ihnen genannten Kritiker uns ständig buchen", sagt ein Unternehmer, der diese Fahrzeuge einsetzt und anonym bleiben möchte, gegenüber der Redaktion der Fachzeitschrift trans aktuell.
Was die Frachten angeht, könne man keineswegs von Preisdumping sprechen. "Die polnischen Unternehmen fahren nicht unter 0,80 Euro Oneway Transporte", schildert er und weist darauf hin, dass die Branche bereits von dieser Fahrzeuggattung abhängig geworden sei und sich die Preise dadurch stark erhöht hätten. Die Kleinlaster würden nicht nur für Vor- und Nachläufe in Sammelgutverkehren, sondern auch für Überhangfahrten in den Hauptläufen eingesetzt.
Die Unfallgefahr sieht auch der Unternehmer mit Sorge – weist aber darauf hin, dass sich schwere und leichte Lkw im Unfallgeschehen wahrscheinlich nichts nehmen. false