Politik: 500 Milliarden für die Infrastruktur
Die beiden Parteien CDU/CSU und SPD haben nach der Bundestagswahl gemeinsam erste Beschlüsse gefasst. Geeinigt haben sie sich zum Beispiel auf Milliardenkredite für Verteidigung und Infrastruktur im Rahmen einer Reform der Schuldenbremse. Insgesamt 500 Milliarden (davon 100 Milliarden für Länder und Kommunen) sind für die Infrastruktur anvisiert, und das über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Branche reagiert mit Zustimmung, verlangt aber auch Nachbesserung.
„Grundsätzlich geben Union und SPD ein wichtiges Signal und anerkennen den gewaltigen Investitionsbedarf. Wenn nicht jetzt, wann dann? Hierdurch werden Perspektiven für dringend benötigte Zukunftsinvestitionen eröffnet", kommentiert Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV), die Entscheidung. In einer ersten Einschätzung bemerkt der Verband aber, dass es noch zu klärende Fragen gebe.
DSLV: Geld soll in Straßen, Schienen, Wasserwege, Häfen fließen
So beinhalte ein Sondervermögen zwar eine strikte Zweckmittelbindung, offen sei aber, welche Projekte konkret einbezogen werden sollen. Laut Huster ist das Paket „ein Gemischtwarenladen“, der Begehrlichkeiten wecken werde. „Die Rede ist nicht nur von Verkehrsinfrastrukturen, sondern auch von Energie- und Digitalinfrastrukturen sowie von Investitionen in Bildung, Betreuung, Katastrophen- und Zivilschutz, Wissenschaft und Forschung. Für den Verkehr ist offen, wie viel Geld jeweils in Straßen, Schienen, Wasserwege und/oder Häfen fließen sollen“, so Huster.
Das Sondervermögen führe nicht zur vom DSLV geforderten Wiedereinführung des Finanzierungskreislaufs Straße, der sich nur auf die Rückführung der (Maut-)Einnahmen im regulären Haushalt beziehen kann. Zu den dringend erforderlichen Reformen gehöre deshalb auch eine Restrukturierung der bundeseigenen Autobahn GmbH. Um die Finanzierung zumindest von Bundesfernstraßen zu stabilisieren, müssten das Errichtungsgesetz und das Bundesfernstraßenmaut-Gesetz geändert werden. Dadurch könnte sichergestellt werden, dass die Autobahn GmbH unter anderem die Einnahmen aus der Lkw-Maut direkt erhält. Damit wäre neben einem zuverlässigen Mittelzufluss auch die geforderte Überjährigkeit gesichert, so Huster.
Außerdem nehme ein Sondervermögen zwar den Druck aus dem regulären Bundeshaushalt, aber es fehle damit weiterhin eine Perspektive für eine Finanzierungsstrukturreform, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit für die dringend erforderliche überjährige Verwendung der Finanzmittel. Insbesondere die Bauwirtschaft brauche aber Planungssicherheit. Zudem müssen strukturelle Defizite wie zu lange Planungs- und Genehmigungszeiten schnell beseitigt werden.
Nicht gesichert sei zudem, ob im noch amtierenden Bundestag - oder im nächsten - die erforderliche 2/3-Mehrheit für die Bewilligung überhaupt erreicht werden kann. Unerwähnt bleibe zudem die Konsolidierung des Haushaltsrahmens, etwa durch nicht-schuldenbasierte Finanzierungsquellen wie die Pkw-Maut. Huster kritisiert: „Das Sondervermögen fördert keine Sparanstrengungen der öffentlichen Hand, erhöht die Zinslast und die Inflationsgefahr. Investitionen, darunter Verkehrsinfrastrukturinvestitionen, müssen gegenüber konsumtiven Ausgaben im regulären Bundeshaushalt konsequent priorisiert werden. Substitutionseffekte müssen verhindert werden.“
Der Verband gibt weiter zu bedenken, dass mit dem Sondervermögen nicht reguläre Haushaltsansätze wie der für den Verkehrsetat (Einzelplan 12) abgesenkt werden dürfen. Denn bei einer Summe von 400 Milliarden auf zehn Jahre verteilt würden sich rechnerisch vermutlich nicht mehr als 15 Milliarden Euro pro Jahr für Verkehrsinfrastrukturen in Bundesverantwortung ergeben.
LBS: Positiv für ein Flächenland wie Bayern
Positive Reaktion auch vom Landesverband Bayerscher Spediteure (LBS): „Insbesondere begrüßen wir es, dass auch Gelder an die Länder und Kommunen gehen sollen. Gerade in einem Flächenland wie Bayern mit seinem weit verzweigten Straßennetz fällt dieser Ebene eine tragende Rolle zu“, erklärt Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS. Lehmann weist jedoch auch darauf hin, dass bei der Verwendung der Mittel der Güterverkehr nachhaltig berücksichtigt werden müsse: „Das Spektrum der Handlungsfelder ist vielfältig und weit gespannt: Leistungsfähige und ausreichend dimensionierte Straßen- und Schieneninfrastruktur für den Güterverkehr betrifft nicht nur Autobahnen, sondern in gleichem Maße auch Bundes-, Staats-, Kreis- und Gemeindestraßen.“ Im Zuge einer ganzheitlichen Strategie brauche es auch ausreichende Parkplätze für Lkw entlang dieser Straßen und in Kommunen und deren Gewerbegebieten sowie den Ausbau von Terminals und eine angemessen dimensionierte digitale Infrastruktur. Wichtig sei auch der Faktor Zeit, so Lehmann: „Die Beschleunigung bei der Planung und beim Bau sind kein Gedanke für Sonntagsreden, sondern Handlungsmaxime für den effizienten Einsatz aller Mittel.“
VDV: Investitionen müssen verbindlich und langfristig zugesichert werden
Und auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßt den Vorschlag als richtiges Signal. Es sei höchste Zeit, „dass wir massiv, schnell und flächendeckend in die vielfach marode deutsche Infrastruktur investieren", sagt VDV-Präsident Ingo Wortmann. „Unsere Schienen, Straßen, Tunnel und Brücken müssen wieder leistungsfähig werden.“
Der Branchenverband des öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs hatte bereits vor der Bundestagswahl konkrete Vorschläge unterbreitet, wie man unmittelbar in die Umsetzung bei Finanzierung, Modernisierung und Ausbau von Eisenbahn- und ÖPNV-Infrastruktur kommen kann. „Wichtig ist, dass im ersten Schritt die nötigen Investitionen verbindlich und langfristig zugesichert werden. Dies ist mit dem jetzigen Vorschlag eines zehnjährigen Sondervermögens auf dem richtigen Weg. Sobald die notwendigen politischen Beschlüsse dazu gefasst wurden, muss die neue Bundesregierung die wichtigsten Akteure an einen Tisch holen, um gemeinsam einen konkreten Umsetzungsplan zu entwickeln. Es muss sichergestellt werden, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auch effizient und passgenau für die richtigen Maßnahmen eingesetzt werden“, so Wortmann.