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Projekt Banula: E-Lkw laden mit eigenem Stromtarif

23. Juli 2025 Newsletter
Mit dem Projekt Banula erforschen Experten das sogenannte Durchleitungsmodell beim Laden von E-Lkw. Zum Zug kommt dabei der eigene Stromtarif des Nutzers. Hintergrund: Beim Durchleitungsmodell werden der Betrieb der Ladeinfrastruktur und die Beschaffung des Ladestroms getrennt, das heißt, dass der Kunde für den Ladevorgang an einem öffentlichen Ladepunkt seinen eigenen Stromvertrag nutzt. Das Durchleitungsmodell will die Autobahn GmbH bei der Errichtung der öffentlich zugänglichen Schnellladeinfrastruktur für E-Lkw an unbewirtschafteten Rastanlagen entlang der Bundesautobahnen anwenden.
Fraunhofer IAO koordiniert das Projekt
Im Verbundprojekt Banula erforschen acht Partner aus Industrie und Wissenschaft unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, wie das diskriminierungsfrei funktionieren kann – und haben einen ersten Erfolg erzielt: Erstmals wurde ein solcher Ladevorgang eines E-Lkw im Durchleitungsmodell auf dem privaten Firmengelände von Vector Informatik, einem assoziierten Mitglied, live demonstriert. Nach Angaben des Fraunhofer IAO soll das Forschungsprojekt nach Projektende in den kommerziellen Betrieb überführt werden, sodass Unternehmen die Vorteile für das Laden am Arbeitsplatz nutzen können. Mitarbeitende können dann am Arbeitsplatz ihren privaten Hausstromtarif nutzen, das Unternehmen ist dann entsprechend nicht mehr für die Ladeenergie der Mitarbeitenden verantwortlich und die Ausweisung des geldwerten Vorteils entfällt.
Vertragsmitnahme macht das Laden günstiger
Durch das Konzept der Vertragsmitnahme profitieren demnach private und gewerbliche Kundinnen sowie Kunden zudem von potenziell günstigeren Ladekonditionen. Im Rahmen des Forschungsprojekts werden mittlerweile deutschlandweit mehrere Standorte betrieben und die günstige Vertragsmitnahme in verschiedenen Szenarien, wie E-Lkw-Laden, Laden am Arbeitsplatz oder Dienstwagenladen demonstriert. Laut dem Fraunhofer-Institut schafft das Durchleitungsmodell im Bereich der BEV-Lkw mit hohen Ladeleistungen und wirtschaftlichem Druck neue Perspektiven: Der für den Betriebshof beschaffte Strom steht der Flotte auf der Route zu denselben Konditionen zur Verfügung. Überschüssiger Strom, der auf den Depotflächen durch Photovoltaikanlagen erzeugt wird, wird ebenfalls auf die Route der Flotte geleitet und somit optimal genutzt. Energieversorgungsunternehmen können so neue Märkte erschließen und ihre Absatzmengen erhöhen. Zudem stärkt es die Bindung der Kundinnen und Kunden, wenn Flotten ganzheitlich im Depot und im Fahrbetrieb versorgt werden.
Ladeinfrastruktur und Fahrstrom werden getrennt
Durch den Ansatz können Ladeinfrastruktur-Betreiber die Energiemengenbewirtschaftung an Stromlieferanten übergeben: „Infrastrukturbetreibende (Charge Point Operator, CPO) konzentrieren sich auf den optimalen Betrieb sowie das Management ihrer Ladeinfrastruktur und stellen diese gegen ein Infrastrukturentgelt zur Verfügung.“ Kunden und Kundinnen bringen ihre Stromverträge an alle teilnehmenden Ladepunkte mit und werden dort von ihren Fahrstromlieferanten (e-Mobility Service Providers, EMP+) entsprechend ihrer individuellen Verträge mit Strom versorgt. „Netzbetreiber erhalten Transparenz über die Ladelast in ihrem Netz und Flottenbetreiber profitieren von stabilen Preisen und flexibler Steuerung ihres Energiebezugs", so eine Mitteilung der Projektpartner.
Blaupause für das Durchleitungsmodell
Bei der Live-Demonstration stellte der Banula-Projektpartner OLI Systems das Abrechnungssystem für die Fahrstromlieferung nach dem Durchleitungsmodell bereit. Vector nutzte das eigene Lade- und Lastmanagement-Produkts vCharm, das demnach die dynamische Laststeuerung und netzdienliche Planung der Ladevorgänge übernimmt und damit für einen optimalen Betrieb der Ladeinfrastruktur im Betriebshof sorgt. „Vector und Banula schaffen so eine Blaupause für andere Firmen, wie das Durchleitungsmodell an Firmenstandorten und Betriebshöfen umgesetzt werden kann“, heißt es weiter.
Ein regulatorischer Eingriff der Bundesnetzagentur macht’s möglich
Regulatorische Grundlage für das Durchleitungsmodell ist der Beschluss BK6-120-160 der Bundesnetzagentur von 2020, der vorsieht, dass Kundinnen und Kunden standortunabhängig mit Strom versorgt werden können. Zuvor war die Strombelieferung an feste Entnahmestellen gekoppelt. Der Beschluss ermöglicht eine Auftrennung dieser Kopplung, sodass Ladepunkte mit beliebigem Fahrstrom versorgt werden können. Das vom Fraunhofer IAO koordinierte Projekt vereint acht zentrale Akteure aus Wissenschaft und Industrie: Fraunhofer IAO, Transnet BW, Smartlab, OLI Systems, die Schwarz Gruppe, die Universität Stuttgart, die Kanzlei BBH und den Energieversorger Badenova sowie weitere Firmen wie die Vector Informatik als assoziierte Mitglieder.