Rechtslage bei Unfällen mit Anhängern wiederhergestellt
Der Bund stellt die bis 2010 geltende Rechtslage zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen wieder her. Grundsätzlich ist damit wieder im Innenverhältnis zwischen dem Halter des Anhängers und dem Halter der Zugmaschine letzterer in der Haftung. So sieht es jetzt der Grundsatz von § 19 Absatz 4 Satz 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) vor. Die Branche zeigt sich erleichtert.
2010 hatte der Bundesgerichtshof mit einem Urteil die bis dato geltende Praxis in der Schadenabwicklung bei Gespannen neu aufgestellt: Bei Unfällen, die durch das Gespann verursacht worden waren, musste dann sowohl der Halter der Sattelzugmaschine als auch der Halter des Aufliegers zu je 50 Prozent haften.
Auflieger im Ausland nicht pflichtversichert
Dieser Leitsatz war von der Branche und der Versicherungswirtschaft nicht gut aufgenommen worden. Denn während der Versicherer des Zugfahrzeugs wie bisher bei der Schadensregulierung 100 Prozent trug, musste er sich mit der neuen Regelung den 50-prozentigen Anteil vom Anhänger-Versicherer zurückholen. Gerade bei ausländischen Anhänger-Haltern kam es aber oft genug vor, dass es für den Anhänger gar keine Pflichtversicherung gab. Probleme bei der Schadensregulierung waren damit an der Tagesordnung.
Daher war etwa der Versicherer Kravag von Anfang an bemüht, das Rad wieder zurückzudrehen. „Die Kravag Logistic hat im Interesse ihrer Versicherungsnehmer, die im Güterverkehr auch grenzüberschreitend arbeiten, agiert“, sagt Axel Salzmann, Rechtsanwalt und Leiter des Kompetenzzentrums für das Straßenverkehrsgewerbe und Logistik der Kravag Logistic.
Hoher Aufwand für Versicherer
„Hier kam es zu großen Wettbewerbsverzerrungen, da im Ausland nach wie vor die 100:0-Haftung galt, bei uns in Deutschland aber 50:50. Bei Anhängerflotten explodierten die Prämien und waren in Deutschland nur mit hohem Aufwand versicherbar. Wir hatten zwei Bundestagspetitionen in Berlin zu diesem Thema, konnten aber natürlich ohne den Gesetzgeber keine Lösung für die betroffenen Unternehmer finden.“
Wie sich die Regelung für die Praktiker auswirkte, beschreibt Klaus Weiss, Mitglied der Geschäftsleitung der Fritz-Gruppe aus Heilbronn: „Immer dann, wenn ein Gespann in einen Unfall verwickelt wurde, und es zwei Halter gab, also für Zugmaschine und für Anhänger oder Auflieger, mussten wir 50 Prozent der Kosten übernehmen.“ Das Unternehmen hat mehr als 150 eigene Anhänger und Auflieger im Einsatz, die von Fritz-Fahrern, Partnern und Subunternehmern gezogen werden.
Fritz und Elvis erleichtert
Gerade in letztem Fall erwies sich bei einem Unfall die 50:50-Haftungsregelung als problematisch. „Wir begrüßen die Rückkehr zur alten Regelung, da der gezogene Anhänger oder der Auflieger keinen Einfluss auf das Fehlverhalten des Fremdfahrers nehmen konnte“, sagt Weiss auf Anfrage von trans aktuell. „Dies macht auch die Vertragsverhandlung mit unserer Kfz-Versicherung einfacher.“
Kein Wunder: Laut Versicherungsexperte Axel Salzmann war bei der 50:50-Regelung der Aufwand in der Schadenregulierung sehr hoch. „Jeder Schaden, der zum Zugfahrzeug gemeldet wurde, musste über einen zusätzlichen Regressprozess abgeschlossen werden. Die Anhänger-Kraftfahrzeughaftpflicht, die vor 2010 in der Regel in den Schadenregulierungsprozess gar nicht eingebunden werden musste, bekam jetzt einen Regelprozess und damit zusätzlichen Aufwand.“
Auch die Ladungskooperation Elvis aus Alzenau bemühte sich um die Rückkehr zur alten Regelung. Den Stein ins Rollen gebracht hatte nach Angaben von Nikolja Grabowski, Leitung politische Kommunikation bei Elvis, ein Hinweis der Mittelstandsallianz (BVMW). Diese habe vor einigen Monaten darauf hingewiesen, dass das Thema im Bundestag geprüft würde. „Wir von Elvis hatten daraufhin Stellung bezogen und unsere Position über die Mittelstandsallianz in die Gremien gebracht“, sagt Grabowski.
Neben der Schadensregulierung habe die 50:50-Regelung laut Grabowksi auch den Nachteil gebracht, dass die Bereitschaft zu „Trailertausch und Co.“ natürlich stark gesenkt und dem Markt Flexibilität genommen wurde. „Die Regelung war damit zudem ein Hemmschuh für Systemverkehrskonzepte wie Begegnungsverkehre und dem Traileryard.“
Grundsatz mit Ausnahme
Fast zehn Jahre hat dieser Zustand angehalten, bevor der Bund jetzt zu der alten Praxis zurückkehrte. Im neuen, alten Grundsatz ist auch weiter eine Ausnahme eingebaut: Wenn der Anhänger bei einem Unfall nachweislich gefahrenerhöhend gewirkt hat – beispielsweise durch einen technischen Defekt, einen Reifenplatzer oder die falsche Beladung – kann der Halter des Zugfahrzeugs versuchen, dafür Geld vom Anhängerbesitzer zu erhalten. Abhängig ist dies von der Beweismöglichkeit und davon, inwieweit der Schaden vom Zugfahrzeug oder vom Anhänger verursacht wurde.