Schweiz bringt Wasserstoff-Lkw auf die Straße
50 Brennstoffzellen-Lkw aus dem Hause Hyundai sollen in diesem Jahr in der Schweiz auf die Straße kommen. Der erste ist bereits eingetroffen. Für 2021 sind 140 Fahrzeuge bestellt, jährlich werden es dann mehr. Damit gehen die Pläne des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz, bis 2023 insgesamt 1.000 Brennstoffzellen-Lkw auf die Schweizer Straße zu bringen, in die Umsetzung.
Hand in Hand geht der Aufbau der CO2-frei betriebenen Lkw-Flotte mit dem Aufbau eines flächendeckenden Wasserstoff-Tankstellennetzwerks. Hinter H2 Mobilität stehen mittlerweile 19 Speditionen, Einzelhändler und Energieversorger, die zusammen für 5.000 Lkw und 2.000 Tankstellen stehen. Mit dabei sind zum Beispiel die Speditionen Galliker, Camion Transport und Schöni.
Coop will bis 2023 CO2-neutral werden
Das Wasserstoff-Projekt geht auf den Einzelhändler Coop zurück, der bis 2023 CO2-neutral agieren möchte und für den Umstieg auf alternative Antriebe Mitstreiter gesucht hatte. Coop hat zurzeit bereits sechs batterie-elektrisch angetriebene Lkw im Einsatz, ferner einen Wasserstoff-Lkw, den ein Entwicklungsteam von Esoro als Einzelstück für Coop realisiert hat. Der Einzelhändler unterhält mit Railcare zusätzlich eine eigene Eisenbahn und wickelt alle Transporte ab 90 Kilometern auf der Schiene ab.
Was nun den Straßentransport angeht, stand für den Projektverantwortlichen Jörg Ackermann, zugleich Präsident des Fördervereins H2 Mobilität Schweiz, schnell fest: „Konsequent dekarbonisiert ist nur der Elektromotor“, wie er auf dem Kongress der Kooperation Transcoop09 am Mittwoch in Darmstadt sagte. Der E-Motor könne wahlweise mit Batterien oder Wasserstoff als Energieträger betrieben werden. Die Mitglieder des Fördervereins entschieden sich für die zweite Variante. „Denn das Potenzial von Wasserstoff ist völlig unterschätzt“, erklärte Ackermann.
Wasserstoff mit Ökostrom produzieren
In der Schweiz gebe es genügend Wasserkraftwerke und Windparks, um den Kraftstoff grün zu produzieren – so wie es aktuell schon im Wasserkraftwerk Aarau geschieht, wo mit Überschussenergie Wasserstoff produziert und an die Coop-eigene Tankstelle, die bislang einzige öffentliche Wasserstoff-Tankstelle in der Schweiz, ins rund zehn Kilometer entfernte Hunzenschwil gefahren wird.
Ein weiteres Argument für den Wasserstoff: „Er bietet auch Tankstellenbetreibern ein Geschäftsmodell“, sagte Ackermann. Da die Brennstoffzellen-Trucks Großverbraucher sind, die 30 bis 50 Mal so viel Wasserstoff wie ein Pkw aufnehmen können, im Jahr etwa 8.000 Kilogramm, können sich die Energieversorger auf eine entsprechende Nachfrage einstellen und ihre Tankstellen wirtschaftlich betreiben. So möchte Avia am 17. April die nächste Wasserstoff-Tankstelle in der Schweiz eröffnen.
Gleicher Preis wie für Nutzung eines Diesel-Lkw
Wirtschaftlich soll das Ganze auch für die beteiligten Flottenbetreiber ablaufen, die nur die Benutzung, also die Kosten pro Kilometer bezahlen. Die Vorgaben des Fördervereins: gleicher Preis pro Kilometer wie beim Diesel. Diese Rechnung geht laut Ackermann nicht zuletzt deshalb auf, weil Elektro-Lkw in der Schweiz von der dortigen Maut (LSVA) befreit sind. Eine Unterstützung durch die öffentliche Hand gebe es nicht. Dass die Fahrzeugwahl auf Hyundai fiel, liegt laut H2 Mobilität daran, dass die etablierten Hersteller in Europa den Verein abblitzen ließen und er sich daraufhin binnen eines Jahres mit Hyundai einig wurde. Daimler und MAN seien als Lieferanten aber ebenso willkommen, es gebe keine Exklusiv-Bindung an Hyundai, sagte Ackermann an die Adresse der deutschen Lkw-Industrie, die bei dieser Antriebsart noch nicht lieferfähig ist.
Wie der Hyundai Fuel Cell Electric Truck in europäischer Spezifikation aussieht, wird die Öffentlichkeit bei der Tankstelleneröffnung am 17. April in St. Gallen zu sehen bekommen. Die Fahrzeuge aus Fernost sollen als 34-Tonnen-Anhängerzug mit Hebebühnen und Kühlaggregaten zum Einsatz kommen. Hyundai wird nach Angaben von Ackermann rund 6,7 Milliarden Euro in das Projekt investieren.
Dass die Wasserstoff-Pläne so schnell zur Umsetzung kommen konnten, liegt laut dem Projektverantwortlichen auch an den Schweizer Besonderheiten. „Bei uns sitzen die Mitbewerber gemeinsam am Tisch und stellen ein Mobilitätskonzept auf die Beine, was der Einzelne nicht könnte“, sagt Jörg Ackermann. „Es geschieht, weil wir es tun. Wir fragen niemanden, wir machen es einfach.“