Schwerlasttransport: Negativbescheinigung droht Aus
Auf die Großraum- und Schwertransportbranche rollt eine neue Regulierungswelle zu. Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) will im Zuge der großen Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), nicht nur das Genehmigungswesen reformieren, sondern auch mehr Transporte auf Wasserstraße und Schiene verlagern.
Norbert Salomon, Abteilungsleiter Wasserstraßen und Schifffahrt im BMVI, kündigte Anfang November auf einer Veranstaltung der Parlamentsgruppe Binnenschifffahrt (PGBi) in Berlin an, die Genehmigungspraxis für Großraum- und Schwertransporte unter die Lupe zu nehmen. Die Vorgabe in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) bei allen Anträgen auf Straßentransporte zu prüfen, ob der Hauptlauf nicht auch per Eisenbahn oder (Binnen-) Schiff möglich sei, werde in der Realität nicht angewandt. Wie am Rande zu hören war, händigen einige Behörden sogar Antragsformulare aus, in denen das Feld „Transport auf dem Schienen- oder Wasserweg ist undurchführbar oder unzumutbar“ (umgangssprachlich „Negativbescheinigung“) bereits angekreuzt ist.
40 Prozent der Güter könnten verlagert werden
Salomon führte aus, eine Stichprobe habe ergeben, dass rund 40 Prozent der Transporte im Grunde verlagerungsfähig gewesen wären. Er habe deshalb eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe initiiert und hoffe, dass sie bis zum zweiten Quartal 2020 konkrete Vorschläge erarbeitet. Unterstützung erhielt er für sein Vorhaben sogar von Bernd Reuther, dem PGBi-Sprecher für die FDP-Fraktion, obwohl „wir Liberalen sonst alles gerne den Marktkräften selbst überlassen“, wie er hinzufügte. Salomon wies allerdings warnend darauf hin, dass auch die landseitigen Zufahrten zu den Häfen für Großraum- und Schwertransporte geeignet sein müssten.
Unterdessen wollen der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) und die mit ihm verbundene Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK) die Neuregelung des Erlaubnis- und Genehmigungsregimes in der anstehenden großen StVO-Novelle über den Bundesrat verschieben. Die Bundesregierung hatte ihre Änderungswünsche nicht in den Kabinettsentwurf übernommen. Grundsätzlich fordern sie, die Änderung der örtlichen Zuständigkeit (Paragraph 47 StVO) und die Änderung der Gebührenordnung (GebOSt) aufzuschieben, bis die geplante Straßenverkehr-Transportbegleitungsverordnung (StTbV) und die Novelle der Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) beschlossen sind.
Antragstourismus wird Riegel vorgeschoben
Konkret stoßen sie sich daran, dass laut Regierungsentwurf Anträge für Großraum- und Schwertransporte nur noch bei der Straßenverkehrsbehörde gestellt werden dürfen, wo der Transport beginnt oder endet. Bisher sind Anträge dort zu stellen, wo der Transport beginnt oder dort, wo „der Antragsteller seinen Wohnort, seinen Sitz oder eine Zweigniederlassung hat“. Damit will das BMVI dem „Antragstourismus“ spezialisierter Serviceagenturen und den Mehrfachanträgen entgegenwirken.
BSK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Draaf warnte im Gespräch mit trans aktuell davor, dass dann zum Beispiel die Behörden an Standorten von Windkraftanlagenbauern schnell überfordert sein könnten. Der Antragstourismus sei überdies auf die unterschiedliche Ausstattung der Behörden mit erfahrenem Personal und kompetenter Betreuung zurückzuführen, ebenso auf sehr unterschiedliche Gebühren. Draaf nannte gegenüber trans aktuell Spannen von 50 bis 400 Euro für denselben Transport. Die Gebührenproblematik werde allerdings durch die ebenfalls geplante bundeseinheitliche Regelung in der GebOSt gelöst, so Guido Belger, Rechtsexperte des BGL, weswegen der Verband diese im Grundsatz begrüße.