Tempokontrolle: Section Control abgeschaltet

13. März 2019
Das Verwaltungsgericht Hannover untersagt dem Land Niedersachsen, sämtliche amtliche Kennzeichen zu erfassen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) bedauert die Entscheidung.
Am gestrigen Dienstagnachmittag wurde die Section Control, die erste deutsche Pilotanlage zur abschnittsweisen Geschwindigkeitsüberwachung auf der B6 in Laatzen, wieder abgeschaltet. Laut einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover an diesem Tag hat das Land Niedersachsen zu unterlassen, für Geschwindigkeitskontrollen mit dieser Anlage die Kennzeichen eines Klägers zu erfassen. Der Entscheidung vorausgegangen war ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und eine Klage des Rechtsanwalts Arne Ritter aus Hannover.
Auf Anfrage von eurotransport.de antwortet der Verkehrsrechtler, dass er sich in diesem Falle selbst vertrete, „weil ich die Strecke jeden Wochentag fahre“. Konkret geht es ihm darum, dass die Section Control alle Kennzeichen der in den überwachten Abschnitt einfahrenden Fahrzeuge erfasst. Obwohl später die sogenannten erfassten Nichttreffer beim Ausfahren aus dem Streckenabschnitt gelöscht werden, fehlt für die automatische Erfassung nach Ansicht des Gerichts eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. „Mit der Erfassung wird in das verfassungsrechtlich garantierte informationelle Selbstbestimmungsrecht eingegriffen“, teilt das Verwaltungsgericht mit. Dass es sich zurzeit um einen Probebetrieb handle, ändere daran nichts.
Das Niedersächsische Innenministerium bedauert die Entscheidung des Gerichts, denn die Abschnittskontrolle „leistet einen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit“ und sei wirksamer als das übliche punktuelle „Blitzen“. Die Rechtsgrundlage für die Anlage soll nun eine Änderung des Niedersächsischen Polizeirechts schaffen – ein entsprechender Entwurf ist bereits in den Landtag eingebracht. Doch ob eine solche Rechtsgrundlage in die Gesetzgebungskompetenz des Landes Niedersachsen fällt oder der Bundesgesetzgeber tätig werden müsste, lässt die Kammer dahingestellt. Gemeinsam mit der Polizeidirektion Hannover will das Ministerium nun kurzfristig über eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg entscheiden.
DVR bedauert die Entscheidung
Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), kommentiert die Entscheidung des Gerichts mit den Worten: „Das war kein guter Tag für die Verkehrssicherheit.“ Seit ihrer Inbetriebnahme habe die Section Control bereits 141 Tempoverstöße erfasst, „allein diese Zahlen verdeutlichen bereits, wie wichtig das Streckenradar für die Entscheidung ist“. Das Argument des Gerichts, dass der Staat die Verkehrsüberwachung auch auf andere Weise durchführen könne, sieht er anders, denn die seien eben nicht ansatzweise so effektiv.
Die Pilotanlage Section Control
Die Section Control (abschnittsweise Geschwindigkeitsüberwachung) auf der B6 in der Region Hannover zwischen den Ortschaften Gleidingen und Laatzen in Fahrtrichtung Hannover soll auf einem Streckenabschnitt von etwa 2,2 Kilometer messen, ob die rund 15.000 täglich passierenden Fahrzeuge hier die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h einhalten. Das Pilotprojekt startete am 14. Januar und war zunächst auf 18 Monate begrenzt. Die Section Control kann verschiedene Fahrzeugtypen differenziert erfassen. Betreiber der Anlage ist die Polizei Hannover, die Region Hannover und die zuständige Bußgeldbehörde. Nun ist die Anlage bis auf Weiteres abgeschaltet.