Setlog-Studie zu Seecontainer-Frachtraten
Der andauernde Konflikt mit den Huthi-Rebellen im Roten Meer stellt die Containerschifffahrt und die Logistikbranche vor Herausforderungen. Die Frachtraten befinden sich auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren. Das geht aus einer Studie des Softwareunternehmens Setlog zu Seecontainer-Frachtraten hervor. Für die Frachtraten bedeuten die Angriffe laut Ralf Düster, Geschäftsführer des Softwareunternehmens, eine Disruption.
Die Studie der Bochumer Firma veranschaulicht die Folgen der Störungen. In der ersten Jahreshälfte waren Textilien und andere schnelldrehende Konsumgüter aus Fernost durchschnittlich 47,8 Tage unterwegs – 12,2 Tage mehr als im Vorjahr. Das liegt an den Umwegen, die die Handelsschiffe wegen der Angriffe fahren müssen. „Die Container sind dadurch länger geblockt“, erklärt Düster gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell. Das führe zu einer Verknappung des Angebots. Weil die Nachfrage – auch aus Deutschland – aktuell schwächle, befinden sich die Frachtraten nach einem Hoch im Mai momentan aber auf einem relativ stabilen Niveau.
Die Studie veranschaulicht auch den aktuellen Stand der Konsumgüterwirtschaft in Deutschland. Die Stückzahlen waren im ersten Halbjahr 2024 um 15,8 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Als Gründe nennt Düster, der bei Setlog für Supply Chain Management & Logistics verantwortlich ist, den schwächelnden Konsum in Deutschland und der EU, aber marginal auch Produktionsverschiebungen in Richtung Osteuropa, Türkei und Nordafrika.
Ungewiss, wann sich die Lage entspannt
Die Konfliktsituation im Nahen Osten ändere an den hohen, aber stabilen Frachtraten nichts. „Die Umfahrung läuft“, sagt Düster. Die Schifffahrtsrouten führen weiterhin um Afrika herum oder durch den Panamakanal für den Osten Nordamerikas. Durch den Suezkanal fahren die Handelsschiffe erst wieder, wenn die Lage komplett entspannt ist. „Und keiner weiß, wann das sein wird.“ Erst dann würden die Preise wieder sinken.
In der Zwischenzeit andere Verkehrsträger zu nutzen, stelle im Grunde keine Option dar. Der Transport auf der Schiene von China nach Europa wird genutzt, hat aber weitaus weniger Kapazitäten und ist noch teurer als das Schiff. Noch teurer als die Schiene ist die Luftfracht. Chinesische Online-Versandhändler wie Temu oder Shein blockieren nach Angaben von Düster die Frachtkapazitäten. Daher könnte oft nur Platz auf Passagiermaschinen gebucht werden.
Situation in Bangladesch führt zu Problemen
Der Regierungswechsel und die Studentenproteste in Bangladesch stellen laut Düster für die Produktion dort momentan ein größeres Problem dar als die Angriffe der Huthi-Rebellen: „Dadurch sind Störungen zu erwarten.“ Denn die Produktion rund um die Hauptstadt Dhaka herum stockt. Betroffen ist insbesondere die Textilbranche – aber auch die Produktion von Konsumgütern wie Fahrrädern. Für Ende Oktober rechnet Düster aufgrund der Goldenen Woche in China, während der die Fabriken geschlossen sind, mit weiteren Problemen.
Aufgrund von Ereignissen wie der Corona-Krise oder dem Krieg in der Ukraine wurde die Supply-Chain-Management-Software von Setlog schrittweise optimiert. Die digitale Lösung richtet sich in erster Linie an Industrieunternehmen, vor allem aus der Textilbranche. Marco Polo, Peek & Cloppenburg, Tom Tailor und Betty Barclay zählen zu den Kunden, aber auch Konsumgüterfirmen wie Wenko und Automobilzulieferer wie MTS Systems.
Die Logistikdienstleister und Spediteure arbeiten manuell in der Software oder sind mit ihrem TMS per Schnittstelle an die Software angeschlossen. „Die Lösung meldet zum Beispiel aus der Produktion heraus, welche Ware fertig ist“, sagt Düster. Im Falle der von den Huthi-Angriffen beeinflussten Container-Frachtraten reagierten die Transportunternehmen prompt. Das zeigt die Analyse der Setlog-Experten. Die Transportzeit ist demnach in der ersten Jahreshälfte von durchschnittlich 5,9 Tage auf 4,9 Tage gesunken. „Diesen einen Tag haben die Unternehmen vor allem durch den intelligenten Wechsel von früher angefahrenen Entladehäfen und Verkehrsträgern im Nachlauf aufgeholt“, sagt Düster.
Reedereien sind die Nutznießer
Während die Industrie leide, seien die Reedereien die Nutznießer der aktuellen Situation. Sie halten laut Düster das Preisniveau künstlich oben. Logistikdienstleister und Spediteure sollten daher frühzeitig Container buchen und vor allem auf digitale Lösungen setzen. Partnerschaftliche Ansätze würden zudem immer wichtiger. Damit sind zum Beispiel Open-Source-Lösungen gemeint, an die sich Spediteure schneller anbinden können. So ist Düster mit Setlog auch Mitbegründer des Fördervereins der Open Logistics Foundation, unter dem Dach des Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML Dortmund. Die Beteiligten setzen auf den Einsatz von Open-Source-Komponenten für Dienste und Services in der Plattformökonomie von morgen, der Silicon Economy.