Sieben Lkw-Hersteller im Test: Erste Ergebnisse liegen vor

24. Sept. 2014
Der Betrieb von modernen Lkw mit Motoren der Abgasstufe Euro VI ist im Speditionsalltag günstiger als von vielen im Vorfeld vermutet. Das zeigen die ersten Ergebnisse eines Langzeit-Tests, die die Sachverständigenorganisation DEKRA auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover vorgestellt hat. „Für die 23.000 DEKRA Mitglieder, wie für das Transportgewerbe insgesamt, ist das eine gute Nachricht: Die modernen Euro-VI-Fahrzeuge schonen nicht nur die Umwelt, sie lassen sich auch im Speditionsalltag wirtschaftlich einsetzen“, so Stefan Kölbl, Vorsitzender des Vorstands DEKRA e.V. und DEKRA SE. „Bezogen auf den Gesamtbestand schwerer Nutzfahrzeuge in Deutschland, ließen sich mit der eingesparten Kraftstoffmenge und den geringeren CO2-Emissionen rechnerisch fast 25.000 zusätzliche Lkw klimaneutral betreiben.“

Seit 1. Januar 2014 müssen neu zugelassene schwere Lkw die Abgasnorm Euro VI erfüllen. In der Transportbranche gab es teilweise Bedenken, wie sich diese Neuerung auswirken wird – im Hinblick auf die höheren Anschaffungskosten, den Kraftstoffverbrauch und die Zuverlässigkeit.

Im Februar hat DEKRA gemeinsam mit der Zeitschrift trans aktuell und der Spedition Fehrenkötter (Ladbergen, NRW) den Test gestartet. Sieben Euro-VI-Lkw verschiedener Hersteller sind im alltäglichen Speditionsbetrieb im Einsatz, vorrangig für Fahrzeug- und Landmaschinen-Transporte, auf die das Unternehmen spezialisiert ist. Der Test ist bis 2016 ausgelegt. Die Fahrzeuge werden von DEKRA Experten technisch begleitet. Verbrauchswerte und andere Daten werden kontinuierlich ausgewertet und analysiert. Als Vergleichsgrundlage dient ein erster Test, der ab 2007 lief. Dabei war eine Euro-V-Flotte, ebenfalls aus sieben Fahrzeugen derselben Hersteller, am Start.

„Betrachtet man die Gesamtkosten für Kraftstoffverbrauch und Maut, fährt das Euro-VI-Fahrzeug pro Jahr um rund 5.600 € günstiger. Damit haben sich die im Schnitt etwa 10.000 € höheren Anschaffungskosten innerhalb der ersten zwei Jahre durch diese Einsparungen amortisiert“, bilanziert Dr. Gerd Neumann, Mitglied der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH, der Einzelheiten zu den ersten Testergebnisse erläuterte.

„Der Vergleich der beiden Testflotten zeigt, dass mit den Euro-VI-Fahrzeugen der Kraftstoffverbrauch bisher um etwa 6 Prozent niedriger liegt als mit der Euro-V-Flotte“, so Dr. Neumann. Verbrauchte die Euro-V-Testflotte im Schnitt 33,76 Liter Diesel auf 100 Kilometer, so kam die Euro-VI-Flotte mit rund zwei Litern weniger aus (31,71). Bei einer angenommenen Jahresfahrleistung von 140.000 Kilometern bedeutet das, bezogen auf den durchschnittlichen Dieselpreis 2013, eine Kostenersparnis von rund 3.400 € pro Jahr.

Der AdBlue-Verbrauch ist bei einzelnen Motoren gestiegen, bei anderen gesunken. Im Durchschnitt sank der Verbrauch des Zusatzstoffs für die Abgasnachbehandlung geringfügig.

Ein wesentlicher Faktor im Kostenvergleich zwischen Euro-V- und Euro-VI-Fahrzeugen sind die ab 2015 in Deutschland geplanten unterschiedlichen Mautsätze. Euro-VI-Lkw fahren danach um 2,1 Cent pro Kilometer günstiger als Fahrzeuge mit Euro-V-Motoren. Bei einer angenommenen Jahresfahrleistung von 100.000 mautpflichtigen Kilometern ergibt das einen Kostenvorteil für Fahrzeuge mit Euro VI von 2.100 €.

Um die möglichen Kosteneinsparungen durch den Einsatz von Euro-VI-Fahrzeugen auch tatsächlich zu realisieren, ist es aus Sicht des DEKRA Geschäftsführers aber unerlässlich, auch beim Fahrpersonal anzusetzen: „Die Fahrer müssen dafür sensibilisiert, motiviert und vor allen Dingen auch qualifiziert werden, möglichst Kraftstoff sparend zu fahren. Nur im optimalen Zusammenspiel von Mensch und Technik werden wirklich nachhaltige Einsparungen zu erzielen sein.“
Dabei spielen auch optimierte Reifen eine Rolle, die die Balance zwischen Kraftstoffersparnis und Langlebigkeit schaffen und deren Fülldruck ständig kontrolliert wird. „Regelmäßige Wartung der Fahrzeuge insgesamt und Transparenz durch entsprechendes Controlling der Verbrauchswerte sind wichtige Voraussetzungen, damit Euro-VI-Fahrzeuge ihre Vorteile im Speditionsalltag ausspielen können“, so Dr. Neumann.

Zum Jahresbeginn 2014 waren laut Statistik des Kraftfahrtbundesamts insgesamt knapp 380.000 mautpflichtige schwere Nutzfahrzeuge in Deutschland zugelassen. Rund 15.000 davon erfüllten schon die Euro-VI-Abgasnorm; das entspricht einem Anteil von 4 Prozent. Der Anteil der Euro-V-Fahrzeuge lag bei fast genau 50 Prozent.

Bezieht man die im Test eingesparte Kraftstoffmenge auf den Gesamtbestand der schweren Nutzfahrzeuge in Deutschland, ließen sich Emissionen von mehr als 1,9 Millionen Tonnen CO2 vermeiden. Mit den eingesparten 730 Millionen Litern Diesel könnten – bei einer Jahresfahrleistung von 100.000 Kilometern und einem Verbrauch von rund 30 Litern auf 100 Kilometer – fast 25.000 Lkw zusätzlich klimaneutral fahren.

Dass die aktuellen Lkw-Modelle nicht nur mit Euro-VI-Motoren, sondern teilweise auch serienmäßig mit zusätzlichen Fahrerassistenzsystemen der neuesten Generation ausgestattet sind, ist aus Sicht der Sicherheitsexperten von DEKRA ein weiterer Vorteil. Selbst aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht können diese Systeme bedeutsam werden: Vermiedene Schäden sparen zum einen direkte Kosten, zum anderen verhindern sie Nachteile im Hinblick auf die Versicherung des Lkw-Fuhrparks. „Ein einzelner Auffahrunfall kann, selbst wenn glücklicherweise niemand ernsthaft verletzt wird, Schäden im sechsstelligen Bereich verursachen. Ein moderner Notbremsassistent kann solche Unfälle in der Regel verhindern oder zumindest die Unfallschwere deutlich verringern“, so der DEKRA Geschäftsführer. „Der Einsatz solcher Systeme kann sich also schon rein wirtschaftlich rechnen – von Personenschäden, die nicht wieder gut zu machen wären, ganz zu schweigen.“

DEKRA ruft deshalb die Betreiber von Lkw dazu auf, ihre Fahrzeuge mit den modernen Sicherheitssystemen auszustatten. „Je weiter sie sich im Markt verbreiten, umso besser für die Verkehrssicherheit. Assistenzsysteme helfen Unfälle zu vermeiden und Menschenleben zu retten – ein wichtiges Anliegen für uns, das schon bei der Gründung des DEKRA e.V. vor fast 90 Jahren in der Satzung festgeschrieben wurde“, so DEKRA Vorstandschef Kölbl.